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Das Tourismusjahr voll ausnutzen

Die Tourismusdestination Flims/Laax/Falera setzt seit einiger Zeit auch auf die Zwischensaison.

Bündner Woche
24.05.23 - 04:30 Uhr
Tourismus

von Susanne Turra

Saisonstart? Nicht in Flims. Hier gibt es keine Pause mehr. Die Tourismusdestination Flims/Laax/Falera startet nach der Wintersaison direkt in den Bergfrühling. Und das bereits zum dritten Mal. Die Idee steht seit 2017. Im Covidfrühling 2021 wird sie umgesetzt. Mit Erfolg. Doch, wie kann sie funktionieren? Wir fahren nach Flims.

«Wir haben hier eine sehr vorteilhafte Topografie», bringt es André Gisler, Tourismusdirektor der Flims/Laax/Falera Management AG, gleich auf den Punkt. «Unsere Destination befindet sich auf vier Etagen.» Die erste Etage, auf 600 Metern Höhe, beherbergt die Rheinschlucht. Auf der zweiten Etage, auf 1100 Metern Höhe, befindet sich die Seenlandschaft. Die dritte Etage, bis 1800 Metern Höhe, zeigt sich mit Flims, Foppa und Naraus voralpin. Und die vierte Etage, auf über 1800 Metern Höhe, präsentiert sich hochalpin. Diese Vielfältigkeit birgt viele Chancen. «In den nächsten zehn Jahren werden wir auf der Südexposition bis zum 20. Dezember auf 1 200 Meter über Meer potentiell vier schneefreie Winteranfänge haben», ist der Tourismusdirektor überzeugt. «Und wegen der topografischen Lage haben wir bei Nichtschnee einen Vorteil in der Zeit ab Ende März bis November.»

André Gisler holt eine Handvoll Statistiken hervor. Sie zeigen, wie die Kurve der Logiernächte im Winter und im Sommer kontinuierlich ansteigt. Winter und Sommer nähern sich an. Und dann, im ersten Covidsommer, der Ansturm. Die Leute kommen am 11. Mai 2020, nach der Lockerung der Covidmassnahmen, in Scharen. Wegen Corona können sie nicht mehr reisen. Bleiben in der Schweiz. Besuchen die Bergregionen. «Da haben wir die Chance gepackt und reagiert», so André Gisler. Mit dem Bergfrühling. Er dauert in diesem Jahr vom 17. April bis zum 29. Mai.

André Gisler: «Es ist immer eine Gemeinschaftsleistung.»
André Gisler: «Es ist immer eine Gemeinschaftsleistung.»

Und wie funktioniert er? «In der ersten Etage ist es einige Grade wärmer als weiter oben», erklärt der Tourismusdirektor. «Und so kann man hier bereits ab April golfen, biken und die Rheinschlucht besuchen.» Gleichzeitig kann man hoch oben aber auch noch Skifahren. Diese Kombination ist für den hybriden Gast perfekt. Morgens geht es zum Skifahren oder Snowboarden. Und nachmittags zum Golfen oder Biken. Im Bergfrühling gibt es Erholung, Natur und Genuss. «Spa Around». Baumwipfelpfad. Wandern. Rheinschlucht. Caumasee. Flimserwald. Kulinarik-Trail. Und vieles mehr. «Wichtig ist, dass man die Gäste informiert», so der Tourismusdirektor. «Und aktiv um sie wirbt.» In diesem Punkt ist auch die Hotellerie gefordert. Auch sie muss informieren, werben, Marketing betreiben. «Es ist immer eine Gemeinschaftsleistung», so André Gisler.

So oder so. Das Projekt stellt das Team auch vor grosse Herausforderungen. Es muss ein Grundangebot auf die Beine gestellt werden. Die Bergbahnen müssen laufen. Und der öffentliche Transport muss gewährleistet sein. Im Angebot stehen diesbezüglich das RhB-Ruinaulta-Ticket, ein Cabrio-Shuttle zwischen Sagogn und Versam, der Rheinschlucht Erlebniszug, der Bargis Shuttle und der Caumasee-Lift. Hotels, Gastronomie und Geschäfte müssen angefragt werden, ob sie während dieser Zeit offenbleiben können.

Ziel ist dabei nicht, dass möglichst viele Hotels offen sind. Vielmehr sollen diejenigen, die geöffnet haben, einen Deckungsbeitrag erzielen. «Eine weitere Herausforderung ist das Wetter», betont der Tourismusdirektor. «Momentan ist das Wetter nicht gut. Und wir brauchen viel Schnauf.» Jetzt heisst es, dranbleiben. Ein Zeichen setzen. In die Zukunft sehen. Investieren. «Wir möchten konsequent auf den Ganzjahrestourismus setzen», so André Gisler. «Und da müssen wir mit diesem Modell arbeiten. Es ist wie in einem Entwicklungslabor.»

Almen gegen Palmen

Wie auch immer. Die Konkurrenz schläft nicht. Es ist ein ständiger Wettbewerb. «Unsere Konkurrenz im Winter ist ja nicht ein anderer Wintersportort, sondern vielmehr ein warmer Ort», gibt der Tourismusdirektor zu bedenken. «Wer im Winter den Winter sucht, kommt irgendwann wieder in unsere Destination. Wer im Winter den Sommer sucht, bleibt für uns ein verlorener Gast.» Hier heisst es buchstäblich Almen gegen Palmen.

Kommt dazu, dass bei vier Wochen Ferien statistisch nur eine davon im Winterhalbjahr gemacht wird. Und davon machen wiederum nur gerade zehn Prozent Ferien im Schnee. Trotzdem. Der Bergfrühling lockt. Und der Bergherbst? «Im November ist nicht die Destination wichtig, sondern das Hotel», erklärt André Gisler. «Deshalb muss das Hotel über ein attraktives Angebot verfügen.» Gesagt, getan. Die Region Flims/Laax/Falera hat auch darauf reagiert. Und den «Spa Around» entwickelt. Mit einer Buchung kann der Gast in verschiedenen Hotels den Spabereich benutzen. Und so hat seit letztem Oktober auch der Bergherbst Einzug gehalten. «Wir kommen nicht umhin, offen zu sein. Da zu sein. Gastgeberin und Gastgeber zu sein», so der Tourismusdirekor.

Und dann legt er doch noch ein paar Zahlen auf den Tisch. Im ersten und zweiten Bergfrühling hat die Destination zwischen 15'000 und 25'000 nachweisbare Logiernächte gehabt. Das freut auch die zahlreichen Zweitwohnungsbesitzenden. Und die Einheimischen. Das Dorf lebt. André Gisler steht auf und geht zum Fenster. Genug der Theorie. «Ich kann ja auch einfach zum Fenster hinausschauen, um zu sehen, wie das Wetter ist», sagt er und lacht. «Ob es grün oder weiss ist, am Berg.»

 

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