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Der Mann mit dem Gefühl für die Natur

Der Südtiroler Spitzenkoch Hansjörg Ladurner hat im Spätsommer seinen Vorratskeller mit allerlei hausgemachten Köstlichkeiten gefüllt, die jetzt auf die Teller in seinem Restaurant «Scalottas» kommen.

23.01.18 - 04:30 Uhr
Tourismus

«Was gibt es Schöneres, als im Winter auf ein gut gefülltes Vorratsregal zu blicken?»

Jetzt, mitten im Winter, kann Hansjörg Ladurner, Küchenchef im Restaurant «Scalottas» auf der Lenzerheide, aus dem Vollem schöpfen. Wenn der gebürtige Südtiroler in seinen Keller steigt, dann geht ihm das Herz auf. Denn dort hat er den Sommer konserviert, sprich er hat rechtzeitig viele verschiedene Köstlichkeiten eingekocht, die er jetzt, da Garten und Natur nicht viel hergeben, besonders gut in seiner Terroir-Küche gebrauchen kann und die seine ausgefeilten Gerichte mit dem besonderen Etwas garnieren.

«Wie schon meine Mutter und meine Grossmutter liebe auch ich es im Spätsommer aus dem Vollen zu schöpfen und Früchte und Gemüse einzukochen und so irgendwie den Sommer haltbar zu machen», erzählt Ladurner. Darum sei für ihn jeweils gerade der Spätsommer eine der arbeitsintensivsten Zeiten im Jahr.

Das war auch der Grund, dem Spitzenkoch im Spätsommer einen Besuch abzustatten und ihm in seiner kleinen, aber feinen Küche im Restaurant «Scalottas» auf der Lenzerheide über die Schultern zu schauen. Sollte er uns doch zeigen, wie seine Köstlichkeiten in den Keller kommen.

Köstlichkeiten für den Winter

Der sympathische Mann aus den Bergen lässt sich gerne bei seiner Leidenschaft, dem Kochen, beobachten. Darum sagte er auf die Anfrage auch ohne nachzudenken: «Kein Problem, kommt vorbei, wenn ich mein Marillen-Chutney einkoche.» Die süss-würzige Sauce ist eine seiner Spezialitäten, die seinen ausgefeilten Menüs das i-Tüpfelchen aufsetzt.

Es ist ein eher grauer Tag im Spätsommer, die Wolken hängen tief über den Bergen über der Lenzerheide, und die Temperaturen lassen den nahenden Herbst spüren. Im hinteren Teil der kleinen Küche stehen an diesem Vormittag bereits Früchte und Gemüse bereit, und vorne auf dem Herd köcheln zwei Pfannen leise vor sich hin. Mittendrin steht Ladurner und schneidet entspannt die von ihm heiss geliebten Südtiroler Marillen für sein Chutney. In breitem Südtiroler Dialekt grüsst er freundlich mit einem kurzen, aber umso herzlicheren «Griess enk!».

Und schon geht es los. Er geht gleich zum Wesentlichen über und spricht über Rezepte, Gewürze, Garzeiten und was sich alles einkochen lässt. Denn nicht nur Marillen kommen ins Glas und danach in den Keller. Da gibt es auch schon mal eingelegte Bärlauch- oder Löwenzahnblüten – die übrigens köstlich schmecken –, aber auch so traditionelle Sachen wie Gewürzzwetschgen oder eingelegter Fenchel. Ladurner ist erfinderisch, wenn es darum geht, Köstlichkeiten für den Winter einzukochen. Etwas ganz Besonderes ist auch sein Honigessig. Dieser wird aus einem Abfallprodukt der Honiggewinnung hergestellt: den Wabenverschlussdeckeln. «Die Deckel der Bienenwaben waren mir immer zu schade zum Wegwerfen, denn da klebt noch so einiges an Honig dran.» Irgendwann hat sich Ladurner überlegt, dass gerade diese Wachsdeckel ideal wären, um daraus einen Honigessig zu machen.

Bodenständigkeit und Naturverbundenheit ist beim gebürtigen Südtiroler nicht einfach Klischee, nein, es ist eine tiefe, spürbare Überzeugung. Er, der Macher, sucht auch schon mal in der Natur und bei seinen Tieren Kraft und Erholung. «Wenn ich in der Küche einen stressigen Tag hatte, dann gehe ich sehr gerne zu meinen Tieren und setze mich mitten in die Schweine, das entspannt mich total» , erzählt der 47-Jährige.

Bauer ohne Bauernhof

Seine Schweine? Ja, er sei ein Koch, der auch noch einen Bauernbetrieb habe, «also nicht so direkt, ich habe keinen Hof, aber ich habe Tiere: Turopolje-Schweine (eine alte kroatische Schweinerasse), Ochsen, Hühner und Bienen». Das hat nicht nur einen romantischen Hintergrund. Ladurner möchte, dass die Tiere, die er auf seiner Speisekarte dereinst den Gästen anbietet, auch ein tiergerechtes Leben führten. Will heissen, dass er die meisten von ihnen mindesten zwei Jahre in Ruhe wachsen lässt. «Das bin ich den Tieren und meinen Gästen schuldig», ist er überzeugt.

Auch beim Wild kommt im «Scalottas» nur das auf den Tisch, was vorher vom Küchenchef höchstpersönlich begutachtet und für einwandfrei befunden wurde. «Einmal bin ich einem Jäger so lange mit dem Auto hinterhergefahren, bis dieser bei sich zu Hause war», erzählt Ladurner mit einem Schmunzeln, «und das nur, weil er hinten auf der Ladefläche einen so schönen Steinbock hatte.» Das ist typisch für Ladurner. Denn was er macht, das macht er mit Leidenschaft und ganz viel Engagement.

Genauso wie beim Einkochen. Da macht es Ladurner und seinem Sous-Chef René Bissig auch gar nichts aus, im Spätsommer auch schon mal zwölf oder 14 Stunden in der Küche zu stehen. «Denn was gibt es Schöneres, als im Winter in den Keller zu steigen und auf ein gut gefülltes Regal mit Einmachgläsern und den darin enthaltenen Köstlichkeiten zu blicken?», sagt er, und über sein Gesicht breitet sich ein zufriedenes Lächeln aus.

Bergheusuppe

Eine weitere Spezialität von Ladurner ist seine Bergheusuppe. Was sich einfach anhört, muss nicht immer einfach sein. Gerade in der Welt der Spitzengastronomie ist das ein ungeschriebenes, aber ehernes Gesetz. Das weiss auch Spitzenkoch Hansjörg Ladurner vom Restaurant «Scalottas» auf der Lenzerheide. Das zum Hotel «Schweizerhof» gehörende Feinschmeckerlokal wurde gerade vom Gourmetführer «Gault Millau» mit 14 Punkten bedacht. 


Mit seiner Bergheusuppe sichert sich Ladurner regelmässig das Staunen seiner Gäste und das Lob der Kritiker. «Schon vor Langem habe ich davon geträumt, eine Suppe aus Heu zu kochen», erzählt er., «denn ich habe den Geruch von frischem Heu immer gliebt und war mir sicher, das müsste man in einem Gericht konservieren können.» Er habe viel herumexperimentiert und dabei wohl auch so manche Suppe im übertragenen Sinn versalzen, bis er zum heutigen Rezept gekommen sei. 

Bestes Alpenheu


Die Heusuppe ist ein Genuss, leicht, geschmacksintensiv und trotzdem nicht zu exotisch. Eine rundum gelungene Sache. Die durch ihre Einfachheit, was die Zutaten – Heu, Salz, Pfeffer, Rahm – betrifft, besticht. Hergestellt wird die Suppe aus feinstem Bergheu, das extra aus einem geprüften Abschnitt von Hand geschnitten und zusammengetragen ist. Das Stück Wiese wird zudem in regelmässigen Abständen von einer Biologin auf giftige Kräuter und Pflanzen geprüft und für einwandfrei befunden. So ist gewährleistet, dass nur allerbeste Alpenkräuter der Suppe ihren Geschmack geben. 
Denn Heu ist per gesetzlicher Definition kein Lebensmittel und muss darum speziell geprüft werden, wenn man, wie im «Scalottas», eine solche auf die Menükarte setzen möchte.

Heidner Bergheusuppe

Zutaten für 4 Personen

50 g Bergheu

1 stk Knoblauchzehe klein (nach Wunsch)

1 l Wasser

40 g Riso loto (oder Risottoreis)

2 dl Andeerer Vollrahm

Salz, Pfeffer, Muskat und wenig Cayennepfeffer

Für die Garnitur

Etwas Vollrahm geschlagen, 40 gr Birnenbrotwürfel, etwas Butter

Zubereitung

Das Wasser aufkochen, über das Bergheu (und die Knoblauchzehe) giessen und 10 Minuten ziehen lassen, anschliessend den „Bergheutee“ abgiessen mit dem Reis aufkochen und 30 Minuten köcheln lassen. Danach die Suppe mit dem Stabmixer pürieren und weitere 10 Minuten ziehen lassen. Anschliessend nochmals mixen und durch ein feines Sieb passieren und Rahm beigeben und nochmals aufkochen. Abschmecken. In der Zwischenzeit die Birnenbrotwürfel in Butter anziehen.

Anrichten

Die Suppe in Tassen geben, mit dem geschlagenen Rahm garnieren, mit Birnenbrotwürfeln bestreuen.

 

(Quelle Hansjörg Ladurner)

Gewürzaprikosen

Grundrezept (für 600 gr)

Zutaten

500 g Aprikosen, in Stücken

30 ml Sonnenblumenöl oder Butter

150 g Rote Zwiebel

80 g Kristallzucker

2 EL Bienenhonig

2 EL Aprikosenessig Schloss Salenegg

Salz, Pfeffer, Chiliringe, Gewürze oder Kräuter nach Belieben

Zubereitung

Aprikosen entsteinen und vierteln, das Öl oder die Butter erwärmen und die Zwiebeln darin glasig dünsten, den Zucker beigeben und leicht karamellisieren lassen. Danach die Aprikosen beigeben, ebenso Honig und Essig. Alles würzen (je nach Verwendungszweck verträgt es reichlich Gewürz (nicht Salz und Chili), da es in kaltem Zustand etwas weniger intensiv ist. Alles aufkochen und sofort in heisse Gläser abfüllen und verschliessen. 

 

(Quelle Hansjörg Ladurner)

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