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Nach dem Umdenken auf Kurs

Semyel Bissig beginnt mit Verzögerung im Weltcup Fuss zu fassen. Ein Umdenken bringt ihn auf den Weg.

Agentur
sda
08.01.21 - 06:00 Uhr
Ski alpin
Semyel Bissig überzeugt in dieser Saison mit starken Leistungen
Semyel Bissig überzeugt in dieser Saison mit starken Leistungen
KEYSTONE/URS FLUEELER

Semyel Bissig? Der Blick auf die Startliste des Parallelrennens in Lech-Zürs löste Erstaunen aus - und es wurde im Verlauf jenes Freitags im vergangenen November noch grösser. Am frühen Abend hatte der Nidwaldner dank Platz 5 seine ersten Weltcup-Punkte gewonnen. Ein erstes Mal hatte er die Chance auf höchster Ebene beim Schopf gepackt. Acht Tage später setzte er mit Rang 16 in Santa Caterina bei seinem ersten Weltcup-Einsatz in einem Riesenslalom bereits das nächste Ausrufezeichen. Zwei weitere Wochen danach steigerte er sich in Alta Badia auf Position 13.

Hirschers Helfer

Mit Nachdruck rief sich Bissig in den Rennen am Arlberg, im Veltlin und im Südtirol in Erinnerung. Er, der schon etwas in Vergessenheit geraten war. Er, den sie bei Swiss-Ski zu den Hochbegabten gezählt hatten. Er, der schon früh unverhofft Bekanntheit erlangt hatte, weil er im Auftrag seines Ausrüsters Atomic für Marcel Hirscher während dessen Rekonvaleszenz nach dem im Sommer 2017 erlittenen Knöchelbruch Skitests absolviert hatte.

Bissig war dazu auserkoren, weil seine Postur der des Salzburgers ähnlich ist. Dem Jüngling schmeichelten die Vergleiche. Die Arbeit mit dem Superstar, an dessen Seite er auch schon in einem Werbefilm mitwirkte, offenbarte ihm die Möglichkeiten, die sich dank akribischer, durchdachter Arbeit auftun können.

Hirschers Inspiration scheint zu fruchten. Bissig ist angekommen im erweiterten Kreis der Elite. Dort, wo er schon etwas früher erwartet worden war. Die ersten Möglichkeiten dazu hatten sich ihm drei Jahre zuvor geboten, dreimal in Slaloms. Dreimal scheiterte er im ersten Lauf. Was damals wohl auch Bissig selber nicht geahnt hätte: Es sollten die einzigen Weltcup-Einsätze für lange Zeit bleiben. Bissigs Welt in den folgenden zwei Wintern waren Rennen auf Stufe FIS und Europacup.

Die fehlende Ruhe

Bissig drohte den vorgezeichneten Weg aus den Augen zu verlieren. Die vielfach unbefriedigenden Ergebnisse führte er unter anderem auf eine suboptimale Einsatzplanung zurück. Sein Kalender war übervoll mit Rennen, die Erholungszeit kam zu kurz. Die fehlende Ruhe nahm er in die Wettkämpfe mit. Die Folge davon war eine viel zu hohe Ausfall-Quote. Er musste sich eingestehen, zu viel gewollt zu haben. «Ich habe lernen müssen, auf meinen Körper zu hören, zu spüren, was für mich das Beste ist.»

Das Beste sah Bissig lange Zeit im Slalom, in der Disziplin also, die sich in den vergangenen Jahren immer mehr zum Spezialistentum entwickelt hat. Er selber wollte sich nicht vollends auf sein einstiges Kerngebiet konzentrieren. Das Alles wollte er nicht - und entschied sich vor anderthalb Jahren fürs Nichts, für eine Karriere ohne Slalom-Starts. Der Riesenslalom rückte ins Zentrum, dazu kam die Kehrtwende in Richtung Speed-Bereich.

Der Allrounder Bissig befindet sich im nächsten Lernprozess. Abfahrt und Super-G erfordern ein hohes Mass an Erfahrung. Die Routine versucht er sich im Europacup anzueignen. Er wird Geduld aufbringen müssen, denn für Einsätze im Weltcup genügen seine Werte in den FIS-Punkte-Listen der schnellen Disziplinen noch nicht.

Die Überzeugung, dass es der in wenigen Tagen 23 Jahre alt werdende Bissig auch als Speed-Fahrer schaffen wird, ist allgegenwärtig. Die Konsequenz, mit der er die vorgegebene Linie nunmehr verfolgt, bürgt dafür. Dem nächsten Ziel nähert sich Bissig schrittweise an. Das Unverhoffte wird ausbleiben. Weiteres Erstaunen deshalb ebenso.

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