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Weisses Fleisch, rotes Fleisch

Alexis Pinturault wird in Are Weltmeister in der Kombination und holt seinen ersten grossen Einzel-Titel in der Disziplin, die es wohl bald nicht mehr geben wird.

Agentur
sda
12.02.19 - 04:59 Uhr
Ski alpin
Der Franzose Alexis Pinturault zeigt seine Goldmedaille
Der Franzose Alexis Pinturault zeigt seine Goldmedaille
KEYSTONE/AP/GABRIELE FACCIOTTI

Ob Pinturault den Ablauf der Siegerehrung schon in den Tagen vor dem Wettkampf durchexerziert und die Marseillaise geübt hat, ist nicht überliefert. Überraschen würde es nicht beim Franzosen, der in seinem durchorganisierten (Sportler-)Leben auf jedes noch so kleine Detail achtet.

Dass Pinturault ausreichenden Schlaf und eine ausgewogene Ernährung als Schlüssel für erfolgreiches Wirken auf den Rennpisten nennt, ist nichts Weltbewegendes. Doch er geht auch beim Essen nach einem Schema vor. Nach einem harten Training etwa nimmt er weisses Fleisch zu sich. War die Einheit lockerer, steht rotes Fleisch auf seinem Menüplan. Auch schwört er auf Atmungsübungen im Stile eines Tiefseetauchers, um den Herzrhythmus in Ruhephasen zu senken.

Für Pinturault ist diese Disziplin ein wichtiger Faktor, um auch in fortgeschrittenem Alter konkurrenzfähig zu bleiben. Er kann sich vorstellen, auch bei den übernächsten Olympischen Spielen in sieben Jahren noch dabei zu sein. Er wäre dann knapp 35 Jahre alt.

Bis dahin dauert es noch sieben Jahre. Wenig überraschend weiss Pinturault trotzdem schon heute, welche Richtung er in seinem zukünftigen Berufsleben einschlagen wird. Ein Hotelier will er werden - und es seinem Vater gleichtun. Claude Pinturault betreibt mit seiner Frau Hege, einer Norwegerin, in Courchevel die Fünf-Sterne-Herberge «Annapurna».

Das Hotel steht mitten im Skigebiet. Logisch deshalb, dass Alexis Pinturault mit den Ski an den Füssen aufgewachsen ist. «Der Schnee war immer präsent in meinem Leben. Deshalb bin ich Skifahrer geworden», sagt der neue Weltmeister.

Die Natürlichkeit des Skifahrens

Die Natürlichkeit des Skifahrens aus Jugendtagen hat Pinturault als Spitzensportler beibehalten. Im Unterschied zum Leben neben der Piste handelt er auf den Ski nicht berechnend. Er folgt der Intuition. «Ich überlege nicht, wie ich es tun soll. Ich mache es einfach.»

«Gemacht» hat es Pinturault auch am Montag in Are, doch «einfach» war der Weg zu seinem ersten grossen Einzel-Titel nicht. In der Schlussrangliste lag er 24 Hundertstel vor dem überraschenden Stefan Hadalin, der Slowenien einen Tag nach dem Abfahrtssieg von Ilka Stuhec die zweite Medaille in Schweden bescherte, und 46 Hundertstel vor dem Österreicher Marco Schwarz, dem Gewinner der Kombination in Wengen.

Nach der Abfahrt, nach der er über eine Knieverletzung klagte, hatte Pinturault noch hinter Schwarz gelegen. Im Slalom, in dem er in diesem Winter dank Optimierung im Materialbereich so stark fährt wie lange nicht mehr, vermochte der Franzose das Blatt aber zu seinen Gunsten zu wenden.

Pinturault hat sich das zweite WM-Gold nach jenem im Team-Wettkampf vor zwei Jahren in St. Moritz redlich verdient. Von den (wenigen) Kombinationen in den vergangenen sechs Jahren im Weltcup hat er die Hälfte gewonnen, sieben von vierzehn. Ausserdem ist er vor zwölf Monaten bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang hinter Marcel Hirscher Zweiter geworden. Der Österreicher hat auf den Start in Are verzichtet und konzentriert sich auf den Riesenslalom vom Freitag und den Slalom von Sonntag.

Pinturault ist der erste Kombinations-Weltmeister aus Frankreich seit 37 Jahren und Michael Vion. Der jetzige Präsident des nationalen Skiverbandes hatte an der WM 1982 in Schladming den Wettkampf für sich entschieden, der damals noch nach einem anderen Format ausgetragen wurde. Pinturault dürfte auch der letzte Weltmeister in dieser Sparte sein. Die Abschaffung der Kombination ist ja so gut wie beschlossene Sache.

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