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Michelle Gisin: «Die Kombination aus Drill und Thrill macht es aus»

Vor Jahresfrist fährt Michelle Gisin in Val d'Isère als Kombi-Zweite erstmals im Weltcup in die Top 3 und beim Abfahrts-Debüt in den 7. Rang. Nun kehrt die Obwaldnerin in Topform nach Savoyen zurück.

Agentur
sda
15.12.17 - 05:50 Uhr
Ski alpin
Michelle Gisin freut sich in St. Moritz über ihre Topleistung im Super-G
Michelle Gisin freut sich in St. Moritz über ihre Topleistung im Super-G
KEYSTONE/ALEXANDRA WEY

Nach ihren zwei Speed-Podestplätzen zuletzt in Lake Louise und St. Moritz und vor den Rennen in Val d'Isère unterhielt sich die 24-jährige Gisin mit der Nachrichtenagentur sda.

Michelle Gisin, Sie sind vermutlich mit einem grossen Lachen im Gesicht nach Val d'Isère angereist.

«Definitiv. Ich freue mich schon seit längerem wahnsinnig auf diese Rennen hier. Eigentlich war für mich bis jetzt alles nur Training und Vorbereitung auf Val d'Isère.»

Wie meinen Sie das?

«Im Oktober, als ich mir eine kleine Verletzung zugezogen hatte (Innenbandanriss im rechten Knie) und in Sölden pausieren musste, war Val d'Isère mein erstes grosses Saisonziel.»

Weshalb?

«Weil es mir hier im letzten Jahr erstmals im Weltcup aufs Podest reichte und auch in meiner ersten Weltcup-Abfahrt gleich so gut lief. Ich nahm mir also zu Saisonbeginn vor, mich Schritt für Schritt wieder der Spitze zu nähern, um in Val d'Isère wieder völlig bereit zu sein.»

Nun geht es eher darum, dass Sie Ihre Top-3-Serie verlängern.

«Ich hätte überhaupt nicht erwartet, dass es mir zu Saisonbeginn bereits so gut läuft. Das ist cool, mit einem solch guten Drive nach Val d'Isère anzureisen. Dieser Ort ist für mich eine Herzensangelegenheit, und ich sehe die Rennen als eine Art Olympia-Hauptprobe an. Nun bin ich sehr gespannt, ob ich das auch mental gut hinbekomme.»

Als Sie vor Jahresfrist in Val d'Isère als langjährige Slalomfahrerin Ihre erste Weltcup-Abfahrt bestritten, war das auf dem persönlichen Karriereweg die Abzweigung Richtung Speed, die Sie schon immer nehmen wollten?

«Mein Traum war es immer, eine Allrounderin zu werden, also Speed und Technik zu vereinen. Klar erhoffte ich mir vor einem Jahr, dass ich in Abfahrt und Super-G dereinst würde vorne mitmischen können. Aber wie schnell das ging, davon wurde ich doch sehr überrascht. Als den wohl grössten Schritt zur Karriereveränderung sehe ich an, dass ich kürzlich die 500-Punkte-Marke übertroffen habe. Das gibt mir viel Platz und Luft, aber auch die Absicherung, in allen Disziplinen über eine recht gute Startnummer zu verfügen.»

Wenn Sie künftig alle Disziplinen bestreiten und fast alle Rennen fahren: Lauert da vielleicht auch die Gefahr, dass Sie sich verzetteln?

«Ich habe in der Vergangenheit geschaut, dass dies nicht passiert. Der Aufbau erfolgte Schritt für Schritt. Auch jetzt darf ich mich nicht auf etwas versteifen, obwohl ja Slalom, Abfahrt, Kombination und nach dem letzten Resultat in St. Moritz (2. Platz) auch der Super-G dazugehören.»

Und die Riesenslaloms würden Sie ja auch gerne fahren.

«Ja. Fixe Pausen habe ich momentan keine eingerechnet. Aber natürlich muss ich beim Programm flexibel bleiben. Je nachdem, wie es mit dem Energie-Haushalt aussieht. Sicher haben die zwei Parallelslaloms in Oslo und Stockholm keine Priorität, auch der Riesenslalom in Kronplatz nicht. Doch wenn ich im Gesamtweltcup plötzlich um eine Top-3-Platzierung kämpfen sollte, dann sieht das wieder anders aus.»

Sie sind in der Technik-Trainingsgruppe eingeteilt. Wie muss man sich das vorstellen, wenn Sie zu den Speedfahrerinnen stossen?

«Diese nehmen mich immer sehr herzlich auf, wodurch ich mich auch gleich wohl fühle. Inzwischen bin ich aber bei dieser coolen Truppe auch kein Gast mehr, sondern sehe mich doch auch als Bestandteil. Aber natürlich bleibt die Situation speziell. Schliesslich bin ich den ganzen Sommer mit den Technikerinnen unterwegs, ehe ich dann zu den Abfahrerinnen stosse.»

Welcher Trainer ist im Speedbereich Ihr Hauptansprechpartner?

«Das ist Dominique Pittet. Ihn kannte ich schon, als ich noch ganz klein war, denn er war damals in der Interregion für meine Schwester Dominique zuständig und begleitete sie auf ihrem Weg nach oben. Ich kann also sagen, dass ich von den beiden Dominiques gut betreut werde, da ich ja immer auch auf die Ratschläge meiner Schwester zurückgreifen kann. Auch mit den anderen Trainern funktioniert es sehr gut. Sie alle geben sich Mühe zu verstehen, auf welchem Level ich bin und was genau ich brauche. Es gibt halt schon Momente, in welchen mir die Speed-Erfahrung fehlt und ich gewisse Sachen im Training nicht verstehe. Das ist für die Trainer manchmal auch eine Herausforderung.»

Was lieben Sie an diesem Pendeln zwischen den Extremen Slalom und Abfahrt?

«Die Kombination aus Slalom-Drill und der Freude und dem Thrill in der Abfahrt macht es aus. Ich brauche die Abwechslung und die ganz verschiedenen Aspekte aller Disziplinen. Wenn ich mal zwei, drei Wochen weg vom Slalom bin, dann freue ich mich auch wieder auf den Drill und die Millimeter-Suche. Immer schön ist es aber auch, die Freiheit auf den langen Ski zu spüren.»

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