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Roman Mityukov, geschärft (und rasiert) wie noch nie

Roman Mityukov, zweimaliger Medaillengewinner an Weltmeisterschaften über 200 m Rücken, strebt in Paris seinen ersten olympischen Podestplatz an - auch wenn er sich wie üblich vor grossen Tönen hütet.

Agentur
sda
27.07.24 - 04:00 Uhr
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Mityukov bevorzugt stille Statements - wie beispielsweise den Vollbart! Tatsächlich mit einem Vollbart, was für einen Schwimmer sehr unüblich ist, trat Roman Mityukov am Mittwoch anlässlich des Disziplinentreffs vor die Medien. Natürlich soll das was aussagen. Der bald 24-jährige Genfer belegt über 200 m Rücken unter allen Olympia-Startern in der Jahreswertung den 5. Platz. Aber seine Bestzeit, die 1:55,40 Minuten, mit denen er an den Weltmeisterschaften in Doha im Februar Silber gewann, erzielte er «ungeschärft» wie er es sagt, was «unrasiert» bedeuten soll.

«Der Bart muss bald weg», sagte Mityukov, «ich kann es kaum erwarten, mich zu rasieren.» Am Samstag ist es soweit. Warum erst dann? «Wenn man rasiert ist, hat man ein viel besseres Gefühl im Wasser und ein viel besseres Gefühl beim Gleiten. Man gewinnt ein paar Hundertstel. Man fühlt sich als ganz anderer Mensch im Wasser.» Dieses Wohlgefühl will er mit in die olympischen Rennen nehmen.

«Es steht viel auf dem Spiel»

Die Vorfreude ist riesig. Mityukov ist selber am meisten gespannt darauf, zu was er im Pariser Becken in der Lage sein wird: «In Paris steht mehr auf dem Spiel. Ich habe für diese eine Woche sehr hart trainiert. Ich bin extrem aufgeregt und motiviert.»

Er weiss auch, dass er sich gewaltig steigern muss. Die drei schnellsten Schwimmer über 200 m Rücken (Ryan Murphy, Hugo Gonzalez, Jackson Keaton Jones) schafften in diesem Jahr alle schon Zeiten unter 1:55 Minuten. Mityukovs Schweizer Rekord steht bei 1:55,34. Diese Zeit reichte vor einem Jahr an den Weltmeisterschaften in Fukuoka zu Bronze. Mityukov: «Bei Olympia muss man viel schneller schwimmen. Ich hoffe, dass ich dazu in der Lage sein werde.»

Zuversichtlich stimmt ihn, dass er seine Planung uneingeschränkt auf die Sommerspiele ausrichten konnte. Im Gegensatz zu seinen Gegnern (und vor allem den US-Amerikanern), musste er keine grossen Anstrengungen unternehmen, um sich überhaupt zu qualifizieren. Mityukov konnte es sich leisten, sich Zeit zu nehmen, sich zu steigern und in Ruhe zu trainieren. Nicht einmal auf die Welt- und Europameisterschaften bereitete er sich richtig vor - und holte trotzdem Medaillen.

Die Gefühlswelt ist wenige Tage vor den ersten Rennen perfekt: «Ich fühle mich körperlich immer besser», erzählt Mityukov, «man lässt im Wasser immer mehr los. Du spürst die Bestform. Du weisst, jetzt ist die Zeit da, in der es um alles geht. In dieser Zeit fühlen sich auch die Trainings am besten an. Ich fühle mich viel schärfer. Wir haben im Training in den letzten zwei, drei Wochen reduziert. Also werde ich auch frischer sein als in Belgrad (EM) oder Doha (WM)», betont der Genfer. «Und es sind die letzten Wettkämpfe eines Zyklus. Ich werde nie mehr so frisch sein.»

Einschwimmen über 100 m

Aber wie wirkt sich das alles auf seine Zeiten aus? Mityukov ist sich bewusst, dass er über 200 m Rücken seinen Schweizer Rekord pulverisieren muss, damit er in die Top 3 kommen kann. Gelingt das? «Ich kann es wirklich kaum erwarten, dass es endlich losgeht.»

Sein erstes Rennen findet am Sonntagmorgen mit den Vorläufen über 100 m Rücken statt. Deshalb die Rasur am Samstag. «Ich habe mich über 100 m stark verbessert, auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass es so hoch hinausgehen kann wie über 200 m. Aber es wird interessant sein, zu sehen, was herauskommt.» Mityukov nützt den Start über 100 m auch, um sich in der riesigen Pariser Arena zurechtzufinden.

Die grossen Tage folgen um den Nationalfeiertag herum. Am Mittwoch, dem 31. Juli, einen Tag nach seinem 24. Geburtstag, stehen Vorläufe und Halbfinals über 200 m Rücken auf dem Programm. Mityukov hofft, dass er beide Rennen im «Verwaltungsmodus» bestreiten kann, «auch wenn man nicht zuviel riskieren darf». Es haben schon grosse Schwimmer Finals verpasst, weil sie in Vorläufen oder Halbfinal zu wenig Gas gegeben haben.

1.-August-Feuerwerk

«Die Allermeisten werden 100 Prozent geben. Man darf nicht zu viel spielen. In den Vorläufen sollte es recht einfach sein, weiterzukommen. Aber die Halbfinals können schon schwierig werden. Man wird viel schneller schwimmen müssen als bei den letzten Weltmeisterschaften, um den Final zu erreichen», sagt Mityukov. Im Februar an den WM in Doha reichten 1:56,72 für das Erreichen des Finals aus.

«Es wäre schick, wenn ich auch im Halbfinal strategisch schwimmen könnte, so dass ich noch etwas übrig habe für den Final. Aber wenn das nicht möglich ist, werde ich schon im Halbfinal voll durchschwimmen.» Der Final ist am 1. August auf 20:37 Uhr angesetzt. Es ist das Rennen, auf das Mityukov seit den Sommerspielen von Tokio drei Jahre hintrainiert hat. Am Nationalfeiertag kurz vor 21 Uhr will Mityukov seinen olympischen Zyklus, der ihm schon vier Medaillen an Grossanlässen eingetragen hat, mit seinem ganz persönlichen Feuerwerk abschliessen.

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