Maximilian Gerbl «war nicht das einfachste Kind»
Maximilian Gerbl ist einer von sieben Bundesliga-Spielern im Schweizer EM-Team. Der rechte Flügel ist ein äusserst ehrgeiziger und akribischer Mensch.
Maximilian Gerbl ist einer von sieben Bundesliga-Spielern im Schweizer EM-Team. Der rechte Flügel ist ein äusserst ehrgeiziger und akribischer Mensch.
Der 28-jährige Gerbl wechselte 2022 von den Kadetten Schaffhausen zum Bundesligisten Hannover-Burgdorf. Das Angebot kam für ihn überraschend, er hatte nicht damit gerechnet, eines Tages in der wohl besten Handball-Liga der Welt zu spielen. Seine Frau sagte zu ihm damals, das müsse er machen, obwohl er auf seiner Position als Nummer 2 geholt wurde.
Dennoch erhielt Gerbl direkt viel Vertrauen und schlug in seiner ersten Saison ein. Mit 117 Toren in 34 Partien war er der erfolgreichste Torschütze seines Teams, ligaweit belegte er Rang 38. Im vergangenen März wurde er zum Spieler des Monats gekürt. Hannover-Burgdorf beendete die Saison auf dem 6. Platz und qualifizierte sich für die European League.
Schwierige Anpassung
Benötigte er also keinerlei Anlaufzeit? «Der Switch war schwierig, weil das körperliche Niveau ganz anders ist», erzählt Gerbl im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «In der Schweiz hatte ich immer das Gefühl, vorne dabei zu sein, was das Athletische betrifft. In der Bundesliga befand ich mich damit jedoch im Niemandsland.» Es habe Tage gegeben, das sei er vom Training nach Hause gekommen und komplett k.o. gewesen.
Gerbl legte fünf Kilogramm an Gewicht zu und verbesserte sich dank Intervalltrainings im Ausdauerbereich. Ohnehin ist er jemand, der nichts dem Zufall überlässt. Auf ein Spiel bereitet er sich akribisch vor. Er visualisiert, was ihn erwartet, vom Publikum, vom Gegner, versucht so gut wie möglich vorwegzunehmen, was alles passieren kann. Auch analysiert er genau den gegnerischen Torhüter. Dank den zur Verfügung stehenden Tools kann er rasch herausfiltern, was er benötigt.
Gerbl ist für einen Handballer mit 1,79 m klein. Er war schon mit «13, 14 Jahren» so gross wie jetzt. Von daher ist er prädestiniert für die Flügelposition. Dass es immer wieder Phasen gibt, in denen er nicht viel Bälle erhält, damit lernte er umzugehen. «Die Kunst eines Aussenspielers ist, sich auf das Wenige zu fokussieren», sagt Gerbl. Und es gebe ja immer wieder Aktionen, an denen er sich beteiligen könne. «Die Flügelpostion hat mehr Facetten, als auf den ersten Blick ersichtlich ist.»
Leider Vollprofi
Gerbl ist aktuell Vollprofi. «Leider», sagt er dazu. «Das ist der Situation geschuldet.» Als er noch bei den Kadetten spielte, arbeitete er nebenbei - er hat einen Master-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften. Die Ablenkung tat ihm gut. Allerdings fällt es ihm in der Regel einfach abzuschalten, dabei hilft ihm unter anderem sein Hund, «dem es egal ist, wie das Spiel gelaufen ist».
Das Debakel gegen Deutschland (14:27) sei allerdings lange hängen geblieben, weil so viel schiefgelaufen sei. Abzuschalten ist auch etwas, das Gerbl gelernt hat. Denn er ist ein sehr ehrgeiziger Mensch. «Ich will immer das Optimum herausholen, alles andere ist für mich vergeudete Zeit.» Das gilt nicht nur für den Sport, deshalb war «ich nicht das einfachste Kind».
Gerbl setzte erst mit «12, 13 Jahren» voll auf die Karte Handball. Zuvor spielte er während acht Jahren auch Fussball. Bei Hannover-Burgdorf steht er noch bis 2025 unter Vertrag. Wie es danach weitergeht, lässt er auf sich zukommen. «Das ist komplett offen», so Gerbl.
Zwar gefällt es ihm in Hannover, reizen würde ihn aber auch Frankreich, um die Sprache zu vertiefen. Französisch ist neben Deutsch, Englisch, Spanisch und Serbokroatisch eine von fünf Sprachen, die er spricht. Stress wegen seiner Zukunft hat er aufgrund seiner Ausbildung ohnehin nicht. Und es ist auch nicht so, dass er bei Hannover extrem viel verdient. Der Traum Bundesliga stand über dem Finanziellen", sagt Gerbl.
Geboren ist Gerbl in München, aufgewachsen ist er aber in Basel. Deshalb fühlt er sich mehr als Schweizer und kam es für ihn nicht in Frage für Deutschland zu spielen, obwohl er dort in Auswahlen war. «Das hätte sich nicht richtig angefühlt», sagt Gerbl. Die gute Entwicklung des Nationalteams unter Michael Suter ist für ihn logisch. «Er ist ein Perfektionist, legt sehr viel Wert auf die individuelle Entwicklung eines Spielers.» Auch deshalb spielt Gerbl nun in der Bundesliga.