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Mathias Flückiger heissestes Schweizer Eisen bei den Mountainbikern

Grosse Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und eine Strecke, die es in sich hat. Wer in Tokio Olympiasieger im Cross-Country werden will, muss nebst der Konkurrenz auch die äusseren Bedingungen meistern.

Agentur
sda
17.07.21 - 05:35 Uhr
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Mathias Flückiger hofft in Tokio auf den grossen Coup
Mathias Flückiger hofft in Tokio auf den grossen Coup
KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Die besten Schweizer Karten für Olympiagold bei den Mountainbikern hält nicht Nino Schurter oder Jolanda Neff, sondern Mathias Flückiger. Die Hierarchien haben sich verschoben. Die Französin Loana Lecomte dominiert die Saison 2021 der Frauen vor ihrer Landsfrau Pauline Ferrand-Prévot, Mathias Flückiger liess seinen grossen Worten vor dem Saisonstart mit zwei Weltcup-Siegen Taten folgen und steigt am 26. Juli als Weltcup-Leader und Nummer 1 des UCI-Rankings ins Olympia-Rennen.

Mit etwas Verzögerung ist Flückiger da angelangt, wo ihn viele schon früher gesehen hatten. Nach Jahren des exzessiven Tüftelns, des «Überbeissens» in gewissen Momenten, gesundheitlicher Beeinträchtigungen zur Unzeit und Energieverlusten im Privatleben hat der ehemalige U23-Weltmeister seinen Weg gefunden. Vor seinem Karriere-Highlight in Tokio erfreut sich der 32-jährige Berner der Form seines Lebens.

Der Weg zu Gold führt im Cross-Country vor allem auch über Mathieu van der Poel. Der 26-jährige niederländische Tausendsassa hat nach sechs Tagen im Maillot jaune der Tour de France rechtzeitig für eine gute Vorbereitung wieder auf das Mountainbike umgesattelt.

Grosse Konkurrenz, viele Unwägbarkeiten

Doch der Blick auf Flückiger, Van der Poel und Altmeister Schurter reicht nicht. Nach Schurters anhaltender Dominanz ist die Spitze zusammengerückt. Auch anderen Fahrern, etwa dem britischen Talent Tom Pidcock, den Franzosen Victor Koretzky und Jordan Sarrou und dem tschechischen Weltcup-Podestfahrer Ondrej Cink ist ein Coup in Tokio zuzutrauen - zumal der erst im Rahmen eines Testevents befahrene anspruchsvolle Olympia-Kurs auch aufgrund der speziellen klimatischen Bedingungen mit zu erwartender Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit eine Vielzahl an Unwägbarkeiten beinhaltet.

Schurter und Neff kommt es nicht ungelegen, dass sich die Blicke weniger auf sie richten als vor früheren Grossanlässen. Die beiden langjährigen Schweizer Teamleader greifen aus der Position der Aussenseiter an, denen gleichwohl alles zuzutrauen ist.

Neff, die durch verschiedene Verletzungen zurückgeworfen wurde und letztmals vor fast zwei Jahren auf dem Podest eines Weltcup-Rennens stand, sprach im Vorfeld jedenfalls von einer «wunderbaren Ausgangslage». Es fühle sich viel besser an als vor fünf Jahren, als sie als grosse Favoritin für Olympia-Gold in Rio gehandelt wurde und sie sich mit maximal hohen Erwartungen auch selber zu arg unter Druck gesetzt hatte. «Dieses Mal bin ich froh, überhaupt qualifiziert zu sein. Zugleich weiss ich, dass ich immer noch alle Chancen habe», sagt die 28-jährige St. Gallerin.

Nach dem schlimmen Trainingssturz Ende 2019 mit Milzriss und Lungenkollaps hat sich Neff der Spitze in dieser Saison mit den Plätzen 13, 8 und 4 sukzessive wieder angenähert - bis zum nächsten Malheur, das sie am Start in Les Gets hinderte und in der zweiten Juni-Hälfte vom üblichen Training mit dem Mountainbike abhielt.

Schurter aus dem Hinterhalt?

Neff, die vor der Abreise nach Tokio mit dem Frauenteam ein «Hitzetrainingslager» in Alicante absolvierte, ist bei ihrer zweiten Olympia-Teilnahme eine Wundertüte- wie Schurter, der seit dem letzten Weltcup-Sieg vor knapp zwei Jahren einzig den EM-Titel im Vorjahr gewonnen hat. Hat der Olympiasieger von 2016 in den Monaten vor Tokio gepokert und nicht alle Karten aufgedeckt? Möglich. Vielleicht hat der 35-Jährige auch in Sachen Material noch einige Trümpfe im Ärmel. In Les Gets trat er zuletzt mit einem neuen Bike an.

Jeweils 38 Fahrerinnen und Fahrer bilden das Starterfeld auf der Halbinsel südwestlich von Tokio. Für die Schweiz treten neben Flückiger, Schurter und Neff der Tessiner Filippo Colombo, die Zürcherin Sina Frei und die Urnerin Linda Indergand an. Als Sechste im Gesamtweltcup ist Frei auf dem Papier die Nummer 1 von Swiss Cycling bei den Frauen. Die am 18. Juli 24-jährig werdende ehemalige U23-Weltmeisterin fährt seit dem Aufstieg von der U23 regelmässig vorne mit, wartet aber noch auf ihren ersten Podestplatz - wie das Schweizer Frauenteam in dieser Saison. Mit drei Startplätzen haben aber auch die Schweizerinnen das Olympia-Kontingent als Nummer 2 im Nationenranking hinter Frankreich maximal ausgeschöpft.

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