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Kein Name, kaum Siege, aber dennoch in den Playoffs

Das namenlose Football-Team aus Washington schreibt die schönste Geschichte der NFL-Saison. Zum Start der Playoffs trifft es auf Tampa Bay um Superstar Tom Brady.

Agentur
sda
09.01.21 - 05:00 Uhr
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WFT - was auf den ersten Blick wie die Abkürzung für ein Schimpfwort aussieht, ist in Tat und Wahrheit das Washington Football Team. Unter grossem Druck und nach langem Widerstand gab die Mannschaft aus der US-Hauptstadt im letzten Jahr den Namen Redskins (Rothäute) auf, einen neuen hat sie noch nicht gefunden.

Sonderlich erfolgreich war das WFT auch nicht: Sieben Siege stehen neun Niederlagen gegenüber. Wegen der Eigenart der NFL, dass jeder Sieger einer Division automatisch für die Playoffs qualifiziert ist, trifft Washington am Samstag zuhause auf Tampa Bay. Die Miami Dolphins schieden hingegen trotz 10:6 Siegen aus.

Im Playoff-Duell mit Tampa Bay ist Washington trotz Heimvorteil krasser Aussenseiter, aber der Liebling der Herzen. Das liegt einerseits an Coach Ron Rivera, der an Hautkrebs erkrankte, aber dennoch in jedem Spiel an der Seitenlinie stand. Und anderseits an Quarterback Alex Smith. Der 36-Jährige aus dem Bundesstaat Washington am anderen Ende des Kontinents gehört nicht (mehr) zu den Besten seiner Zunft, doch es grenzt an ein Wunder, dass er überhaupt noch spielt - oder lebt.

Im November 2018 hatte er sich einen offenen Bruch des Schien- und Wadenbeins zugezogen. Bakterien und eine Blutvergiftung brachten Smith in akute Lebensgefahr. In einer Not-Operation retteten die Ärzte sowohl sein Leben als auch sein Bein. Nach insgesamt 17 Operationen und fast zwei Jahren ohne Football gelang dem beliebten und allseits respektierten Smith ein erstaunliches Comeback. Er sprang ein, als sich gleich zwei Quarterbacks von Washington verletzt hatten und spielte gut genug, um sein Team überraschend in die Playoffs zu führen.

Alle Augen auf Brady

Als Divisionssieger geniesst Washington nun sogar Heimrecht. Die Partie in der Hauptstadt, die am Mittwoch Schauplatz der unrühmlichen Stürmung des Capitols war, dürfte besondere Aufmerksamkeit erfahren. In der NBA protestierten in den letzten Tagen wieder fast alle Teams gegen die von den Trump-Anhängern ausgegangene Gewalt und die zurückhaltende Reaktion der Polizei darauf. In Washington werden viele Augen auf Tom Brady gerichtet sein, der lange als Anhänger des Noch-Präsidenten der USA galt.

Der 43-jährige Star-Quarterback und sechsfache Super-Bowl-Champion wird sein 42. Playoff-Spiel bestreiten (30 Siege, beides NFL-Rekorde). Er zeigte nach seinem Wechsel von den New England Patriots nach Florida zuletzt stark ansteigende Form und verfügt in Tampa Bay über ein sowohl offensiv als auch defensiv starkes Team. Während seit 2008 kein Playoff ohne Brady über die Bühne ging, sind die Buccaneers erstmals seit 13 Jahren wieder dabei.

Sogar noch länger, seit 2002, warteten die Cleveland Browns auf eine Playoff-Teilnahme. Ob sie gegen die Pittsburgh Steelers sogar den ersten Sieg seit 1994 schaffen, ist allerdings fraglos. Nach einer Welle von positiven Covid-19-Fällen fehlen bei Cleveland Cheftrainer Kevin Stefanski und diverse Stammspieler.

Die NFL-Playoffs finden erstmals mit 14 (statt 12) Teams statt. Die beiden Besten der Conferences, Titelverteidiger Kansas City (AFC) und Green Bay (NFC), geniessen in der ersten Runde ein Freilos.

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