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Als «Créateur» Schurter seinen olympischen Steigerungslauf krönte

Vor genau vier Jahren hat Mountainbiker Nino Schurter mit Gold in Rio seinen olympischen Medaillensatz komplettiert. Heute blickt Schurter mit grossem Stolz auf seinen goldenen Bündner Sportmoment zurück.

21.08.20 - 04:30 Uhr
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Nino Schurter ist ein «Créateur» des Mountainbike-Sports. So nannte ihn José Hermida vor den Olympischen Spielen in Rio 2016. Créateure sind Sportler wie Roger Federer oder Basketball-Überfigur Michael Jorden. Athleten, die in ihrer Sportart Neues erschaffen. Es ist ein Titel, der Schurter in den höchsten Stand adelte – und dies noch bevor er Olympiasiger wurde. Doch Hermida musste es wissen, schliesslich hatte der ehemalige Mountainbike-Weltmeister, der nach den Spielen in Brasilien zurücktrat, Schurters gesamte Karriere verfolgt.

Und doch: Hermidas Schmeicheleien hätten ebenso gut leere Worthülsen bleiben können, hätte Schurter in Rio die Erwartungen nicht erfüllt. Schon vier Jahre zuvor in London war er als grosser Favorit angetreten – und an seinem Widersacher Jaroslav Kulhavy gescheitert. Unvergessen, wie sich die Beiden 2012 einen Zielsprint lieferten und der Tscheche das bessere Ende für sich behielt.

London 2012: Schurter muss Kulhavy den Vortritt lassen

SCREENSHOT SRF
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So gross die Enttäuschung in London im ersten Moment auch war, so sehr hat sie dem in Tersnaus aufgewachsenen Musterprofi als Ansporn gedient, dem Ziel Olympiagold fortan alles unterzuordnen. 2008 in Peking hatte Schurter mit der Bronzemedaille noch alle Erwartungen übertroffen. Klar, dass er in London mit der silbernen Auszeichnung nicht zufrieden war – auch wenn er heute einen anderen Blickwinkel auf die Ereignisse hat. «Wenn ich nun zurückblicke, ist es ein schöner Steigerungslauf und es war gut, dass ich in London Zweiter wurde und nicht schon dort mein Ziel erreicht habe. Das hat das Feuer brennen lassen, um Vollgas weiterzumachen», sagt Schurter.

«Es hat einfach alles gepasst.»

Und so wartete Schurter am 21. August 2016 in Rio um 17.30 Uhr Schweizer Zeit auf den Startschuss des olympischen Cross-Country-Rennens im Wissen, dass es sein Tag werden wird. Denn in der Vorbereitung hat der Schweizer Sportler des Jahres 2018 nichts dem Zufall überlassen. «Es hat alles perfekt gepasst. Ich wusste, dass ich mich bestmöglich vorbereitet habe. Ich war nie krank, wir haben sehr viel in die Materialentwicklung investiert. Wir haben Rolleigenschafts-Tests gemacht. Es hat einfach alles gepasst», erinnert sich Schurter.

Tatsächlich lief das Rennen von A bis Z nach dem Gusto des Schweizers. Nach drei von sieben Runden konnte er sich zusammen mit Kulhavy leicht vom Feld absetzen. Wie er sich gegen Ende des Rennens dann auch noch seines letzten Rivalen entledigte, weiss Schurter vier Jahre danach noch im Detail: «Ich merkte, dass er in den rutschigen Passagen etwas Mühe hat. An einem Hügel verlor er dann etwas Traktion, woraufhin eine Lücke entstand. Ich wusste, dass ich in den letzten beiden Runden einfach zufahren muss.» Am Ende war Schurters Vorsprung so gross, dass er sich bereits auf den letzten 200 Metern von den begeisterten Zuschauern feiern lassen durfte.

Schurter erinnert sich an seinen Olympiasieg

03:58 Minuten aus «so sport» vom 21.08.2020.

Als «Créateur» des Mountainbike-Sports hat Hermida Schurter bezeichnet. Und ein solcher ist er wahrhaftig. Neben dem kompletten olympischen Medaillensatz zieren Schurters Palmarès mittlerweile acht Weltmeistertitel und sieben Siege im Gesamtweltcup. 2017 und 2019 hat er das berüchtigte Cape Epic gewonnen und in diesen Tagen ist er drauf und dran, in seinem Heimatkanton das Swiss Epic zu gewinnen. Hätten heuer die Olympischen Spiele in Tokio stattgefunden, Schurter wäre wiederum in der Favoritenrolle gewesen. Gut möglich, dass er es auch nächstes Jahr noch sein wird, wenn er in der japanischen Hauptstadt als 35-Jähriger an der Startlinie steht.

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