Kwarazchelia - der «georgische Messi»
Eine der grössten Attraktionen der EM spielt für EM-Debütant Georgien: Chwitscha Kwarazchelia. Er ist ein Spieler, wie es ihn nur noch selten gibt. Er wird mit grossen Namen verglichen.
Eine der grössten Attraktionen der EM spielt für EM-Debütant Georgien: Chwitscha Kwarazchelia. Er ist ein Spieler, wie es ihn nur noch selten gibt. Er wird mit grossen Namen verglichen.
Es ist eine Augenweide, Chwitscha Kwarazchelia zuzuschauen, wie er mit dem Ball eine Symbiose bildet, die Gegner mit seinen Finten narrt. Er ist aufgrund seiner Schnelligkeit und Beidfüssigkeit kaum zu verteidigen. Er spielt intuitiv und ein wenig eigenwillig, was ihn unberechenbar macht. Nicht umsonst wird er als «georgischer Messi» bezeichnet - wobei er mit 1,83 m deutlich grösser ist als der Argentinier (1,70).
«Kwarazchelia-Mania» nach Rückkehr
Kwarazchelia debütierte am 29. September 2017 im Alter von 16 Jahren bei Dinamo Tiflis in der höchsten georgischen Liga und war gleich Torvorbereiter. In seinem dritten Meisterschaftsspiel traf er erstmals. Im Februar 2019 wechselte er nach Russland zu Lokomotive Moskau, nach fünf Monaten ging er zu Rubin Kasan. Ein Wechsel in eine Topliga war der logische nächste Schritt. Der russische Einmarsch in der Ukraine führte dann allerdings dazu, dass er Ende März 2022 für kurze Zeit in seine Heimat zurückkehrte und für Dinamo Batumi spielte.
Batumi liegt am Schwarzen Meer und gilt als Geheimtipp für schöne Ferien. Die dortige Fussballarena ist ein Blickfang. Die Kapazität von 20'000 Zuschauerplätzen wurde in der Regel aber bei weitem nicht benötigt. Das änderte sich mit der Ankunft von Kwarazchelia. Fortan war das Stadion stets bis auf den letzten Platz gefüllt. Und das nicht nur in Batumi: «Wir hatten in fast jeder Stadt volle Stadien», erinnert sich George Geguchadze, der damalige Trainer von Dinamo Batumi. Sogar Partien in den hintersten Winkeln des Landes, in denen normalerweise nur ein paar hundert Zuschauer kamen, waren ausverkauft. Es herrschte «Kwarazchelia-Mania» in Georgien.
Grossen Anteil an Napolis Meistertitel
Im darauffolgenden Sommer wechselte der 23-jährige Offensivspieler für rund 13 Millionen Euro zu Napoli. Ein Schnäppchen, wie mittlerweile klar ist. Sein aktueller Marktwert beträgt gemäss «Transfermarkt.de» 80 Millionen Euro. Nur 13 Spieler an dieser EM haben einen höheren. Kwarazchelia benötigte in der Serie A keinerlei Anlaufzeit. In den ersten zwei Partien erzielte er drei Tore und einen Assist. Am Ende kam er auf zwölf Treffer und 13 Vorlagen, womit er massgeblich dazu beitrug, dass der Verein 2023 zum dritten Mal, zum ersten Mal seit 1990, italienischer Meister wurde.
Bei den ersten zwei Meistertiteln, den ersten holten die Süditaliener 1987, war der verstorbene Diego Maradona der Star im Team. Dieser ist in Napoli noch heute eine Art Stadtheiliger. Dass Kwarazchelia den Spitznahmen «Kvaradona» erhalten hat, sagt eigentlich schon alles aus. Für Napolis ehemaligen Trainer Luciano Spalletti, der heute das italienische Nationalteam coacht, ist Kwarazchelia «stratosphärisch». Noch besser auf den Punkt bringt die Auftritte des Georgiers der ehemalige italienische Stürmer Fabrizio Ravanelli: «Auf der Welt gibt es immer weniger Spieler wie ihn.» Damit spricht er das Unberechenbare an, das in der heutigen Ausbildung im Fussball nicht unbedingt gefördert wird.
Bald bei PSG?
Auch in der abgelaufenen Spielzeit der Serie A überzeugte Kwarazchelia mit elf Toren und acht Assists; er war der beste Skorer des Teams. Jedoch kam Napoli nicht über den 10. Platz heraus und spielt nächste Saison nicht europäisch. Deshalb sagte Kwarazchelias Berater Mamuka Jugeli, dass die Zeit für einen Wechsel gekommen sei, Kwarazchelia zu einer für die Champions League qualifizierten Mannschaft wechseln wolle. Laut der französischen Zeitung «L’Equipe» ist sich der Georgier mit Paris Saint-Germain bereits einig. Der Vertrag mit Napoli hat allerdings noch bis 2027 Gültigkeit.
Das ist jedoch Zukunftsmusik. Aktuell befindet sich Kwarazchelia mit Georgien, für das er im Alter von 18 Jahren debütiert hat, an der EM. Das Team des französischen Trainers Willy Sagnol bestreitet am Dienstag um 18 Uhr in Dortmund gegen die Türkei sein erstes EM-Spiel überhaupt. Die Georgier qualifizierten sich über die Playoffs mit einem Sieg im «Final» im Penaltyschiessen gegen Griechenland für die Endrunde und wollen auf dieser Bühne weiter überraschen. Insbesondere Kwarazchelia lässt die Georgier träumen. Sein Name bedeutet «brennende Kohle». Heiss auf das Turnier ist er auf jeden Fall.