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Der regionale Vorzeigeklub mit dem prominenten Trainer

Vor einem Jahr ist Wettswil-Bonstetten dem FC Winterthur durch zwei späte Gegentore knapp unterlegen. Schafft der Erstligist die Cup-Überraschung nun mit Stephan Lichtsteiner an der Seitenlinie?

Agentur
sda
16.08.24 - 05:15 Uhr
Fussball

Das Bild, das sich dem Zaungast an diesem frühen Donnerstagabend auf der Sportanlage Moos in Wettswil präsentiert, steht sinnbildlich für den Dorfklub im Säuliamt: Gut 26 Stunden vor dem zweiten Cup-Duell des FC Wettswil-Bonstetten gegen den FC Winterthur und gut ein Jahr nach dem schmerzhaften 0:2 im ersten Duell durch Gegentore in der 87. und 90. Minute herrscht reger Betrieb.

Martin Meili, der Präsident, gibt auf dem Vorplatz des Restaurants Medienschaffenden Auskunft. Im Hintergrund rollt sein Sohn Patrick mit einen Gabelstapler vorbei, seine Frau Petra hilft wegen eines personellen Engpasses im Service aus. Etwas weiter hinten betätigt sich eine Gruppe an einem Stahlgerüst. Gut gelaunt bauen die jungen Männer die provisorische Tribüne für den Cup-Match vom Freitagabend auf. Auch Spieler der ersten Mannschaft sind mehr als eine Stunde vor Beginn des Abschlusstrainings bereits da.

Ja, das bevorstehende Cup-Highlight erfordert von vielen Akteuren im Klub Efforts. Und ja, der Amateurklub, in dem die Gemeinden Stallikon, Wettswil und Bonstetten gemeinsame Sache machen, ist ein überaus familiär geführter. «Wir sind regional extrem gut verankert», sagt Martin Meili zu Recht. Sämtliche Junioren kommen aus den drei besagten Gemeinden, das Einzugsgebiet der Spieler beschränkt sich auf den Raum Zürich.

Regionaler Vorzeigeklub

Zum 13. Mal in Folge spielt der Klub in dieser Saison in der 1. Liga Classic, der vierthöchsten Schweizer Spielklasse. Zum siebten Mal seit 2010 hat sich die Mannschaft mit dem Einzug in die Hauptrunde ein Cup-Duell mit einem Superligisten erkämpft. Als Highlight steht der Vorstoss in die Achtelfinals 2015, als sich Wettswil-Bonstetten erst vom FC Thun stoppen liess (1:2).

«Wir sind sehr solide aufgestellt», sagt denn auch Flavio Peter. Als Captain der ersten Mannschaft ist der ehemalige U18-Junior des FC Luzern der Taktgeber im zentralen Mittelfeld und mit 16 Toren zugleich beste Torschütze des Teams in der letzten Saison. Seit nunmehr zehn Jahren spielt Peter ausnahmslos für den FCWB.

Das Geld für die Beständigkeit auf gehobenem Amateur-Niveau kommt nicht von den Cup-Spielen gegen grosse Klubs - dafür verschlingen die Ausgaben für Sicherheit und Auf- und Abbau der Infrastruktur zu viel - und auch nicht von einem grössenwahnsinnigen Mäzen. Ein eng verbundener, durchaus breiter Kern im Klub und treue Sponsoren aus der Region sichern dem FCWB ein solides Fundament. «Wir lassen uns nicht auf finanzielle Abenteuer ein», betont Meili.

Kommt hinzu, dass die Spieler zwar Amateure sind, diese ihr Hobby aber im Rahmen der drei bis vier qualitativ hochstehenden Trainings pro Woche durchaus ehrgeizig betreiben. «Wir sind ambitionierte Spieler, die vieles für den Fussball opfern. Und wir haben einen tollen Zusammenhalt und sind gut befreundet untereinander», sagt Peter. «Bei uns verschwinden die Spieler nach dem Schlusspfiff nicht in alle Richtungen.»

Lichtsteiner als «absoluter Glücksfall»

Und jetzt ist da auch noch Stephan Lichtsteiner an der Seitenlinie. Lichtsteiner, 108-facher Schweizer Internationaler und während vieler Jahre Captain der Nationalmannschaft, fixe Grösse beim damaligen italienischen Serienmeister Juventus Turin und später bei Arsenal in der englischen Premier League. «Er ist ein absoluter Glücksfall für uns. Seine Akribie und Detailversessenheit ist beeindruckend», sagt Meili über den Ex-Profi, der zum Glück des FCWB in der Gegend wohnt und sich zunächst als Spieler den Senioren des Klubs angeschlossen hatte.

Seit Juli ist der 40-jährige Lichtsteiner nun Trainer der ersten Mannschaft des FC Wettswil-Bonstetten. Mit einem 2:0 gegen Linth 04 und einem 0:0 gegen Winterthurs U21 ist der Saisonstart mit dem prominenten Coach am Spielfeldrand geglückt. «Das ist untypisch für uns. Normalerweise starten wir nicht gut in die Saisons», sagt Peter.

Auf den Trainer angesprochen, gerät der Captain ins Schwärmen: «Es ist einmalig, so einen berühmten Fussballer an der Seitenlinie zu haben. Wenn so jemand zu dir spricht, hört man natürlich ganz genau zu. Zum Teil ist es für einen Nicht-Profi fast ein bisschen schwierig zu verstehen, was er uns alles vermitteln will in kurzer Zeit. Aber wir gehen es Schritt für Schritt an, und bis jetzt sieht es gut aus.»

Lösungen finden, nicht mauern

Lichtsteiner selbst sieht die Aufgabe bei Wettswil-Bonstetten nach einem Jahr als Co-Trainer der Schweizer U18-Nationalmannschaft sowie zwei Jahren als U15- und U16-Trainer der Junioren vom FC Basel als «guten nächsten Schritt von den Junioren zu den Männern». Dass er es beim FCWB mit Amateuren zu tun hat und dass die Zeit fürs Trainings weniger ist, als er es als Profi gewohnt war, ist ihm bewusst.

«Leidenschaft, Training, Spass und Abwechslung» nennt Lichtsteiner als Schlagworte für seine Herangehensweise. Seine Trainings beinhalten viele spielerische Elemente. Er wolle den Spielern aufzeigen, wie sie Lösungen finden, sagt er.

Bislang klappte es gut mit Lichtsteiner und dem FC Wettswil-Bonstetten. Verhilft der Trainer mit dem grossen Namen dem Klub im siebten Anlauf auch zum ersten Coup über einen Superligisten? Eines ist für Lichtsteiner jedenfalls klar: «Wir wollen eine gute Figur machen. Uns 90 Minuten hinten reinstellen und auf den Lucky Punch hoffen werden wir sicher nicht. Das ist mir wichtig.»

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