Der FCL setzt auf eine neue Mischung und auf Understatement
Zum Start hatte wenig darauf hingedeutet, dass Luzern in der 6. Runde den Spitzenkampf bestreiten würde. Neo-Captain Pius Dorn ordnet die Erfolge ein und sagt, warum das Team «ekliger» spielen will.
Zum Start hatte wenig darauf hingedeutet, dass Luzern in der 6. Runde den Spitzenkampf bestreiten würde. Neo-Captain Pius Dorn ordnet die Erfolge ein und sagt, warum das Team «ekliger» spielen will.
Es war ein bitterer Saisonstart für die Luzerner. Gegen Servette gab es eine Heimniederlage, gegen GC reichte es gerade noch zu einem Unentschieden. Auf den holprigen Auftakt folgte aber ein August, in dem die Innerschweizer Sieg um Sieg einfuhren. Im Cup wurde Mendrisio aus der 1. Liga geschlagen, in der Meisterschaft gewann der FCL nacheinander gegen Sion, Lugano und Winterthur. Damit liegt Luzern vor dem Wochenende auf dem 2. Tabellenplatz, punktgleich mit Leader Zürich, dem Gegner vom Sonntag.
Doch wer jetzt eine Kampfansage erwartet, liegt falsch. Understatement ist die Devise bei den Luzernern - und das wohl nicht zu Unrecht. Die Tabelle ist gerade zu Beginn der Saison eine Gestaltwandlerin; ein Sieg kann einen grossen Sprung nach oben, eine Niederlage einen tiefen Fall nach unten zur Folge haben. Zudem haben noch nicht alle Teams gleich viele Spiele absolviert.
Deshalb sagt Luzerns Captain Pius Dorn: «Wir lassen uns nicht täuschen, die Tabelle ist im Moment noch wenig aussagekräftig.» Auch sei bei den letzten Erfolgen der Mannschaft nicht alles Gold gewesen, was geglänzt habe. «Die Spiele hätten anders ausgehen können. Gegen Lugano lagen wir lange zurück und selbst beim 3:0 gegen Winterthur hatten wir nicht viel Ballbesitz.»
Mit «ekliger Spielweise» zum Erfolg
Auf die Europacup-Plätze angesprochen, lacht Dorn nur. «Keinesfalls» würde er dies jetzt als Saisonziel bezeichnen, sagt der 27-jährige Deutsche, der über Vaduz und Thun 2022 nach Luzern kam und nun seine dritte Saison in der Zentralschweiz bestreitet - die erste als Captain. «Wir sind gut beraten, nach drei Siegen nicht gleich abzuheben.»
Es sind mit Bedacht gewählte Worte des Führungsspielers, Worte aus Erfahrung. Denn schon in der vergangenen Saison kam es zum Spitzenspiel Zürich gegen Luzern. Damals empfing der zweitplatzierte FCL in der 9. Runde den Leader FCZ mit grossen Hoffnungen und ging 1:4 unter. Am Ende verpassten die Luzerner die obere Tabellenhälfte und fanden sich in der ungeliebten Abstiegsgruppe wieder.
Generell kennt man das Auf und Ab in der Innerschweiz nur zu gut. Entsprechend realistisch klingt die Selbsteinschätzung: «Wir können uns nicht auf die individuelle Klasse der Spieler verlassen», sagt Dorn. «Alles, was wir machen, müssen wir als Team machen. Zusammen fighten, zusammen laufen, zusammen Fussball spielen.»
Was auf den ersten Blick logisch erscheint, wird klarer, wenn man sich das 3:2 gegen Lugano vor Augen führt. Solche Spiele gegen eine Mannschaft mit klar besseren Einzelspielern kann der FCL nur gewinnen, wenn er «eklig» spielt, wie es Dorn ausdrückt. Das Team darf wenig Spielfluss zulassen, muss solidarisch verteidigen und die eigenen Chancen eiskalt verwerten.
Team nach Unruhen im Frühling umgestaltet
Bei allem Understatement sagt Dorn aber auch, dass sich in Luzern durchaus «etwas Schönes» entwickeln könne. Die Mannschaft ist eine andere als noch im Frühling, als Trainer Mario Frick beklagte, dass nicht alle Spieler mitziehen und man sich durch interne Probleme «selbst auseinandergenommen» habe.
Die Stimmung im Team sei jetzt deutlich ruhiger und besser, sagt der Captain. Das liege mitunter an den zuletzt guten Ergebnissen, aber auch an der allgemeinen Entwicklung in den vergangenen Wochen. «Gerade die Neuzugänge haben sich gut integriert», so Dorn. In der Abwehr hätten der lettische Nationalspieler Andrejs Ciganiks und Rückkehrer Stefan Knezevic für mehr Stabilität gesorgt. In der Offensive sei mit Sinan Karweina eine neue «spielerische Komponente» hinzugekommen.
Seinen Landsmann, der von Austria Klagenfurt zu den Luzernern kam und im letzten Spiel gegen Winterthur sein erstes Saisontor erzielte, bezeichnet Dorn vor allem auch abseits des Platzes als Bereicherung für die Mannschaft. «Sinan sorgt immer für gute Stimmung, legt nach dem Spiel Musik auf und versucht, die Mannschaft zusammenzuschweissen.»
Vier aktuelle U21-Nationalspieler
Zu den Neuzugängen, zu denen auch der von Inter Mailand ausgeliehene 19-jährige Serbe Aleksandar Stankovic gehört, gesellen sich zahlreiche hoffnungsvolle Eigengewächse, von denen Goalie Pascal Loretz, Verteidiger Luca Jaquez oder Stürmer Lars Villiger bereits den Sprung in die Stammelf geschafft haben. Neben den dreien steht auch Severin Ottiger im aktuellen Aufgebot der U21-Nationalmannschaft, womit der FC Luzern dort die klar grösste «Fraktion» stellt.
Auch sie sind der Grund, warum Frick im Frühjahr prophezeite, dass «dieses Team in Zukunft richtig Freude machen wird». Bleibt die Frage, wann «die Zukunft» kommt. Vielleicht schon in dieser Saison?
Solche Gedankenspiele lässt Dorn aus den bekannten Gründen nicht zu. Es wäre unnötig, nach der erfreulichen Entwicklung der letzten Wochen jetzt Druck auf das Team auszuüben. Und überhaupt: Im September warten grosse Aufgaben auf die Luzerner. Nach dem Spitzenspiel gegen den FCZ geht es nach St. Gallen und zum Abschluss empfängt man den FC Basel. Dazwischen kommt es in der zweiten Cup-Runde zum Duell mit dem ambitionierten FC Aarau. Für Dorn ist daher klar: «Nach September werden wir eher sagen können, in welche Richtung es geht.»