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Der FC Basel als Gegenentwurf zu Union Berlin

Manche glauben, dass die Mannschaft des FC Basel in drei Jahren ihre Reife erlangen könnte. Allerdings war es in den letzten Jahren nie die Strategie der Führungen, auf die mittlere Zukunft zu setzen.

Agentur
sda
11.02.23 - 06:00 Uhr
Fussball
Schwierige Position: FCB-Präsident kommt bisher mit seiner Strategie der sehr jungen Talente auf keinen grünen Zweig - weder sportlich noch finanziell
Schwierige Position: FCB-Präsident kommt bisher mit seiner Strategie der sehr jungen Talente auf keinen grünen Zweig - weder sportlich noch finanziell
KEYSTONE/GEORGIOS KEFALAS

Präsident Bernhard Burgener wie auch der Nachfolger David Degen gaben ab 2017 Sommer für Sommer die (Rück-)Eroberung des Meistertitels als Ziel aus. So war es auch vor der laufenden Saison. Über den Meistertitel oder schlechtestenfalls über den 2. Platz wollte sich Degen den Zugang zur Champions League ermöglichen. Die Teilnahme in der Königsklasse ist für den finanziell angeschlagenen FCB eine wirtschaftliche Notwendigkeit. In der Hinrunde der Meisterschaft zogen die Young Boys davon, sodass David Degen an einer Medienkonferenz in der Winterpause vernünftigerweise nur noch vom 2. Platz sprach.

Aber wie sieht das Personal aus, mit dem die Rotblauen für diese Saison den 1. oder den 2. Platz anstrebten?

Es lohnt sich, einen Blick auf das Kader von Union Berlin zu werfen. In diesem Kader hat kein Spieler einen so wohlklingenden Namen wie irgendein Spieler des Tabellennachbarn Bayern München. 18 der 24 Spieler im Bestand von Trainer Urs Fischer sind 24 bis 30 Jahre alt. Je drei weitere sind älter und jünger. Die meisten Profis erleben im Alter zwischen 24 und 30 Jahren die beste Zeit ihrer Karriere. Es sind «fertige», erwachsene Spieler. Sie sind im Saft. Sie bilden den Mittelbau und geben den Ausschlag für den Erfolg der Mannschaft.

Nur zwei Basler im besten Alter

Das Kader des FC Basel 2022/23 und dessen Planung sind quasi ein Gegenentwurf zum Modell Union Berlin. Im rotblauen Kader findet man ganze zwei Spieler in der Altersspanne zwischen 24 und 30. Es sind Kasim Adams Nuhu und Jean-Kévin Augustin. Der solide Innenverteidiger ist einstweilen nur ausgeliehen (von Hoffenheim). Der französische Stürmer spielte seit seiner Ankunft in nur zwei Wettbewerbsspielen von Anfang an, er ist bestenfalls ein Ergänzungsspieler. Die über 30-jährigen Spieler Fabian Frei, Michael Lang und Taulant Xhaka haben den Zenit überschritten. 18 Spieler sind 2000 oder später geboren.

Kurz: Die vielen Youngsters in allen Mannschaftsteilen haben kaum erwachsene Nebenspieler, die sie anleiten und auf dem Platz im Spiel ausbilden können wie ein Lehrmeister den Lehrling. Die Jungen müssten sich gegenseitig besser machen - was nur sehr schwer möglich ist. Tatsächlich sind die Leistungen der Mannschaft im Lauf der Saison nicht besser geworden. In der Tendenz sogar schlechter.

Die Young Boys arbeiten hingegen mit einem breiten Mittelbau, wie er in Basel fehlt. Auch die Berner arbeiten mit Youngsters, aber nicht mit beliebig vielen. Die Jungen werden auf dem Platz herangezogen, gelehrt und bekommen Spielzeit. Sie verbessern sich zusehends. Beispiele dafür sind Lewin Blum, Aurèle Amenda und Fabian Rieder. Alle drei sind Eigengewächse. Rieder (Jahrgang 2002) ist in relativ kurzer Zeit zum wertvollsten YBler auf dem Transfermarkt aufgestiegen.

Von der Hand in den Mund

Nach Basels jüngster 0:1-Niederlage bei den Grasshoppers versuchte der langjährige Super-League-Spieler Christian Schneuwly als Experte im Studio vom «Blue Sport» verzweifelt, aus dem Saisonverlauf der FC Basel etwas Positives herauszulesen. Der Freiburger sagte, die Basler Mannschaft mit den vielen Jungen brauche Zeit. In vielleicht zwei Jahren könne daraus eine starke Truppe entstehen, die dann tatsächlich grosse Ziele ins Auge fassen könne.

Das tönt beim ersten Hinhören vernünftig. Aber es war in den letzten sechs Saisons nie das Ziel des FCB, etwas auf mittlere oder längere Sicht aufzubauen. Der FCB ist nicht der Klub, der bewusst eine Durststrecke in Kauf nimmt, während der die nicht fertig ausgebildeten Jungen Zeit bekommen, um heranzuwachsen. Eine längerfristige Planung wäre auch jetzt kaum möglich, zumal etliche Spieler nur ausgeliehen sind und zu ihren Besitzern zurückkehren werden. Auch nächsten Sommer werden kurzfristige Ziele ausgegeben werden.

Noch im Herbst lobte David Degen seinen jugendlichen Kaderplaner Philipp Kaufmann (27) überschwänglich. Unterdessen scheint auch Degen erkannt zu haben, dass das aktuelle rotblaue Kader keineswegs sinnvoll und ausgewogen zusammengestellt ist. Am Tag nach der Entlassung von Trainer Alex Frei setzte Degen auch den Kaderplaner ab.

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