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Die Young Boys glauben trotz Verletzungspech an ihre Chance

Schweizer Meister YB muss gegen Atalanta Bergamo gewinnen, will er sich die Chance auf europäisches Überwintern sichern. Von Trainer David Wagner ist taktische Kreativität gefragt.

Agentur
sda
23.11.21 - 05:30 Uhr
Fussball

Die Pause dauert nur ein paar wenige Sekunden, aber sie ist aussagekräftiger als das meiste, was die Exponenten der Young Boys am Montagnachmittag in die Mikrofone diktieren. David Wagner sitzt auf dem Podium im Mediencenter des Stadions Wankdorf und wird gefragt, wie er im letzten Heimspiel der Champions-League-Gruppenphase gegen Atalanta Bergamo am Dienstagabend Christian Fassnacht ersetzen wolle. Der Flügelspieler fehlt dem Schweizer Meister wegen eines Bruchs des Schläfenbeins, den sich der Nationalspieler am 6. November in der Super-League-Partie gegen GC zugezogen hat, noch bis Ende Jahr und stellt den YB-Trainer damit vor eine anspruchsvolle Aufgabe. Denn eigentlich ist der 28-Jährige im Kader der Berner nicht zu ersetzen und die Flügel ohnehin die Problemzone.

Wagner pausiert also kurz, schaut sich um, wiederholt die Frage und sagt: «Es ist schwer.» Aber natürlich habe er sich eine Idee zurechtgelegt, wie er seine Mannschaft ohne ihren mit acht Saisontoren wettbewerbsübergreifend besten Torschützen aufstellen will. Im Hinspiel in Bergamo Ende September (0:1) hatte Fassnacht auch verletzungsbedingt gefehlt, nachdem er sich am Wochenende zuvor gegen St. Gallen eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte.

Das misslungene Experiment

Der Deutsche entschied sich damals dafür, dem Problem auf den Seiten damit zu begegnen, gar keine klassischen Flügel aufzustellen, sondern die Mitte mit drei zentralen Mittelfeldspielern zu stärken. Das Experiment misslang insofern, als dass es nicht den gewünschten Effekt und YB nicht mehr Spielkontrolle gehabt hatte. Vielmehr blieben die Young Boys offensiv blass - bis auf eine grosse Torchance von Meschack Elia in der ersten Hälfte, und defensiv mussten sie sich immer weiter zurückdrängen lassen.

Im Heimspiel soll dies natürlich ungeachtet der taktischen Formation und des gewählten Personals anders sein. Wagner sagt: «Wir müssen dafür sorgen, dass die Kräfteverhältnisse nicht so offensichtlich sind wie im Hinspiel.» Will heissen: Die Young Boys wollen trotz der vielen Absenzen mutig auftreten, nach vorne spielen, die Offensive suchen. Captain Fabian Lustenberger wird nach seinem Riss der Achillessehne erstmals wieder im Aufgebot stehen, ist aber nach zwei Einsätzen im Nachwuchs kaum eine Option für 90 Minuten. Die Zuschauer im ausverkauften Wankdorf sollen YB zu einem weiteren Exploit tragen wie am ersten Spieltag mit dem Sieg in letzter Sekunde gegen Manchester United (2:1).

Das erwähnt Wagner mehrmals, und auch Guillaume Faivre, der neben ihm sitzt, spricht mehr als einmal von der Atmosphäre, welche dem Team helfen werde. Der Goalie steht nach der Partie am letzten Spieltag in Villarreal (0:2) vor seinem zweiten Einsatz in der Champions League. Nach der Schulterverletzung von David von Ballmoos ist der Neuenburger zur temporären Nummer 1 aufgestiegen, zittert aber nicht vor der grossen Bühne. «Wenn ich zwanzig wäre, wäre ich vielleicht nervös», sagt der 34-Jährige mit einem Schmunzeln.

Das Gedankenspiel

Es ist demonstrative Gelassenheit, welche die Young Boys an den Tag legen, und obwohl sie in den letzten Wochen verletzungsgeplagt waren und spielerisch selten überzeugten, weisen sie auf etwas hin, das in dieser Zeit ob all der Widrigkeiten vergessen werden könnte: Theoretisch können die Berner mit zwei Siegen gegen Atalanta und am 8. Dezember bei Manchester United die Gruppe F immer noch gewinnen und in die K.o-Phase einziehen.

Wahrscheinlich wird dieses Gedankenspiel irgendwann obsolet werden, aber mit einem Sieg gegen die Italiener, die am Samstag beim 5:2 gegen Spezia überzeugten, könnte YB immerhin auf Platz 3 vorrücken und ein Überwintern in der Europa League zum Thema werden. Wagner sagt, alles sei sehr eng, und selbst wenn die Resultate zuletzt gegen Villarreal nicht danach ausgesehen hätten, habe sein Team gegen die Spanier mithalten können. «Noch ist alles möglich.»

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