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21 Weltmeisterschaften, 21 Geschichten: Teil 1 von 1930 bis 1974

Der Fussball schreibt schöne, schmutzige und emotionale Geschichten. Zum Start der WM in Katar haben wir zu jeder bisher ausgetragenen Weltmeisterschaft eine spezielle Geschichte herausgesucht. Hier kommt der erste Teil.

Lars
Morger
19.11.22 - 04:30 Uhr
Fussball
Im Zeichen des Pokals: In den nächsten vier Wochen spielen 32 Mannschaften um die WM-Trophäe.
Im Zeichen des Pokals: In den nächsten vier Wochen spielen 32 Mannschaften um die WM-Trophäe.
Bild Hassan Ammar / Keystone

1930: Eine Anreise per Schiff

Premiere: Die erste WM fand 1930 in Uruguay statt.
Premiere: Die erste WM fand 1930 in Uruguay statt.
Bild Keystone

1930 fand erstmals in der Geschichte der Fifa eine Fussball-Weltmeisterschaft statt. Gastgeber war Uruguay, das sich mit einem 4:2 im Final gegen Argentinien auch den ersten WM-Titel überhaupt sicherte. Die längste Anreise ans Turnier hatte dabei die rumänische Nationalmannschaft. Die Osteuropäer reisten per Schiff an – und waren volle zwei Wochen unterwegs.

1934: Wenn der Schiedsrichter für Mussolini einen Eckball klärt

Eisernes Regime: Italiens Diktator Benito Mussolini sorgte auch an der WM dafür, dass sein Land bevorzugt wird.
Eisernes Regime: Italiens Diktator Benito Mussolini sorgte auch an der WM dafür, dass sein Land bevorzugt wird.
Bild Keystone

1934 fand die WM in Italien statt. Diktator Benito Mussolini sorgte dafür, dass die Schiedsrichter für sein Italien pfiffen. Kurios war dabei eine Szene im Halbfinale zwischen den Gastgebern und Österreich. Der schwedische «Unparteiische» Sven Eklind köpfte einen gefährlichen Eckball der Österreicher gleich selbst aus dem italienischen Strafraum. Italien sicherte sich schlussendlich – wenig überraschend – den ersten von bis heute vier Weltmeistertiteln.  

1938: Mit einem gebrochenen Arm 35 Minuten im Tor

Im Viertelfinale der WM 1938 brach sich der tschechoslowakische Torhüter Frantisek Planicka gegen Brasilien den Unterarm. Zu diesem Zeitpunkt stand es 1:1 – und dabei blieb es auch die restlichen 35 Minuten. Planicka hielt seinen Kasten nämlich trotz der Verletzung sauber. So musste ein Wiederholungsspiel angesetzt werden, dass die Brasilianer dann 2:1 für sich entschieden. Weltmeister wurde wieder Italien.

1950: 200’000 Zuschauer beim «Maracanaço»

Legendärer Ort: Das Maracana-Stadion in Rio de Janeiro vor dem WM-Final 1950. 
Legendärer Ort: Das Maracana-Stadion in Rio de Janeiro vor dem WM-Final 1950. 
Bild Keystone

Das Spiel ist weltweit bekannt: Der WM-Final 1950 zwischen Brasilien und Uruguay im legendären Maracana-Stadion in Rio de Janeiro ging vor allem wegen der bitteren Niederlage der Gastgeber in die Geschichtsbücher ein. 1:2 unterlag Brasilien Uruguay, was als «Maracanaço» bis zur 1:7-Niederlage Brasiliens an der WM 2014 gegen Deutschland die grösste Schmach in der Geschichte des Landes war. Doch nicht nur deswegen bleibt das Spiel bis heute in Erinnerung. 199’854 Zuschauerinnen und Zuschauer wurden Zeuge dieses Spiels – bis heute ein Zuschauerrekord. Inoffiziell wird gar von 220’000 Zuschauern gesprochen. Seit dieser Niederlage spielt die brasilianische Nationalmannschaft zudem nicht mehr in weissen, sondern den bekannten gelben Shirts.  

1954: Das Spiel mit den meisten Toren – mittendrin die Schweiz

Torreiches Duell: Österreich (links) und die Schweiz erzielten im WM-Viertelfinal 1954 zwölf Tore. 
Torreiches Duell: Österreich (links) und die Schweiz erzielten im WM-Viertelfinal 1954 zwölf Tore. 
Bild Keystone

Zum ersten und bis heute letzten Mal fand die WM im Jahr 1954 in der Schweiz statt. Bekannt wurde das Turnier als «Wunder von Bern», da Deutschland im Final das scheinbar übermächtige Ungarn 3:2 schlug und vor 65’000 Zuschauern seinen ersten Weltmeistertitel holte. Der deutsche Titel war aber nicht der einzige Meilenstein in der WM-Geschichte, der in der Schweiz geschah. Im Viertelfinal zwischen der Schweiz und Österreich fielen nicht weniger als zwölf Tore – ein bis heute unerreichter Wert. Als Grund für die vielen Tore wurde unter anderem das heisse Wetter (40 Grad im Schatten) genannt, das beim österreichischen Torhüter einen Sonnenstich zur Folge hatte. Dennoch gewann unser Nachbarland das Duell am Schluss 7:5. 

1958: Die Geburtsstunde von Pelé

Der erste von drei Titeln: Pelé (mitte) bricht nach dem Sieg im Final in Tränen aus. 
Der erste von drei Titeln: Pelé (mitte) bricht nach dem Sieg im Final in Tränen aus. 
Bild Keystone

Er gilt bis heute als einer der grössten, wenn nicht gar der grösste Fussballer aller Zeiten. Der Brasilianer Pelé, mit bürgerlichem Name Edson Arantes do Nascimento, kam bei der WM 1958 in Schweden erstmals mit der Nationalmannschaft zum Einsatz – im zarten Alter von 17 Jahren. Die legendäre Offensivreihe mit Garrincha, Vava, Pelé und Mario Zagallo begeisterte die Massen – und sicherte Brasilien den Titel. Pelé war mit sechs Toren aus vier Spielen der zweitbeste Torschütze des Turniers. Daneben hatte er mehrere Rekorde aufgestellt, darunter jener des jüngsten Finalteilnehmers einer WM oder jener des jüngsten Weltmeisters.

1962: Umstrittene WM in Chile

Chile war der Austrager der siebten Fussball-WM. Im Vorfeld des Turniers kam es zu Diskussionen über die Austragung, da sich im südamerikanischen Land zwei Jahre zuvor verheerende Erdbeben zugetragen hatten und Chile im Fussball eigentlich nur zweitklassig war. Während des Turniers gaben besonders die schlechten Zuschauerzahlen während der Vorrundenspiele Anlass zu Diskussionen. Den Titel holte sich erneut Brasilien – dank eines 3:1-Siegs im Final gegen die Tschechoslowakei.

1966: Das «Wembley-Tor»

1966 fand die WM zum ersten und bisher letzten Mal im Fussball-Mutterland England statt. Die Gastgeber kämpften sich bis in den Final, wo sie auf Deutschland trafen. Geoff Hurst traf in der 101. Minute vermeintlich ins Tor. Wie sich aber im Video zeigte, sprang der Ball von der Latte auf die Torlinie und von dort zurück ins Feld – es war also ein Phantomtor. Dass die Szene während des Spiels nicht richtig aufgelöst werden konnte, lag auch an der fehlenden Kommunikation zwischen den Schiedsrichtern. Der Schweizer Unparteiische Gottfried Dienst entschied nach Rücksprache mit Linienrichter Tofiq Behramow auf Tor – die Kommunikation erfolgte auf Englisch, während Behramow nur Russisch und Aserbaidschanisch sprach. England feierte dadurch seinen 1. und bislang letzten WM-Titel. 

1970: Die beste WM aller Zeiten

Mexiko war der Gastgeber der Endrunde 1970. Sie gilt bis heute als fussballerisch beste Weltmeisterschaft aller Zeiten, da zu diesem Zeitpunkt viele heute noch legendäre Spieler auf dem Höhepunkt ihres Schaffens waren und das Spiel damit auf ein höheres Niveau brachten. Das Halbfinale zwischen Italien und Deutschland ging als Jahrhundertspiel in die Geschichte ein. Den Titel holte sich zum dritten Mal Brasilien. Durch den Sieg durften sie den WM-Pokal, den «Coupe Jules Rimet», behalten. Es wurde ein neuer entworfen – es ist jener, der uns bis heute bekannt ist. 

1974: Erste goldene deutsche Generation

Siegtreffer: Gerd Müller (links) trifft mit seinem 14. WM-Tor zum 2:1 im WM-Final gegen die Niederländer.
Siegtreffer: Gerd Müller (links) trifft mit seinem 14. WM-Tor zum 2:1 im WM-Final gegen die Niederländer.
Bild Keystone

Erstmals in der Nachkriegszeit wurde Deutschland zum Ausrichter eines so bedeutenden Sportanlasses wie der WM. Es war eine goldene Generation, die in unserem Nachbarland am Werk war. Die Achse mit Torhüter Sepp Maier, der Verteidiger Franz Beckenbauer und Paul Breitner, den Mittelfeldspieler Uli Hoeness und Günter Netzer sowie Angreifer Gerd Müller behielt den Weltmeistertitel im eigenen Land – dank eines 2:1-Siegs im Final gegen die ebenfalls goldene Generation der Niederländer um Johann Cruyff. Müller erzielte das Siegtor – es war sein 14. und letztes WM-Tor für Deutschland. Dieser Rekord wurde erst in den 2000er-Jahren von Ronaldo und Miroslav Klose gebrochen. 

Noch nicht genug von Geschichten rund um die bisherigen Weltmeisterschaften? Der zweite Teil von «21 Weltmeisterschaften, 21 Geschichten» folgt schon am Sonntag. Bleibt dran!

Zudem findet ihr alles weitere zur Fussball-WM hier:

Lars Morger arbeitet seit 2022 als Redaktor Sport mit Schwerpunkt Eishockey und Schwingen für die Sportredaktion der «Südostschweiz»-Medienfamilie. Mehr Infos

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