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Eine unnötige Schweizer Niederlage zum Auftakt der Nations League

Die Schweiz startet mit einer Niederlage in die Nations League. Das Team von Vladimir Petkovic unterliegt in Lwiw der Ukraine 1:2.

Agentur
sda
03.09.20 - 23:11 Uhr
Fussball

Am Ende war die Niederlage nicht zwingend, aber sie war auch nicht das falsche Verdikt. Einer guten Leistung in der ersten Halbzeit, die mit dem sehenswerten Ausgleichstor durch Haris Seferovic kurz vor der Pause belohnt wurde, folgte ein deutlicher Leistungsabbau je länger das Spiel dauerte. Der Kopfball von Ruben Vargas an den Pfosten nach 55 Minuten war im Prinzip das letzte ernsthafte Lebenszeichen der Schweizer im gegnerischen Strafraum.

Die Ukraine stellte nicht die bessere Mannschaft. Aber am Ende hatte sie mit Andrej Jarmolenko, dem Torschützen zum 1:0, und Aleksander Sintschenko von Manchester City zwei Spieler mit Premier-League-Erfahrung, welche das Gleichgewicht auf die Seite des Gastgebers kippen liessen. Sintschenkos Heber mit dem linken Fuss aus halblinker Position war in der 68. Minute so entscheidend wie sehenswert. Sein Nationaltrainer Andrej Schewtschenko hätte es zu seinen besten Zeiten als Weltfussballer von Milan nicht schöner erzielen können.

Während Schewtschenko mit seinem Team den Aufwärtstrend zumindest vom Resultat her fortsetzte, blieb Vladimir Petkovic mit seiner ersatzgeschwächten Auswahl im ersten Länderspiel des Jahres in den Startblöcken hängen. Dieses 61. Spiel von Petkovic als Schweizer Nationalcoach (er zog damit mit seinem Vorgänger Ottmar Hitzfeld gleich) war so einerseits eine ärgerliche Angelegenheit, es war aber wohl auch eines der sonderbarsten Länderspiele der SFV-Geschichte. Da war die gespenstische Atmosphäre im leeren EM-Stadion von 2012. Da war auch die Ungewissheit über den Formstand der Spieler, den Zustand der Mannschaft nach einer Pause von fast zehn Monaten und nach nur drei Trainingseinheiten. Und da war dieser Wettbewerb Nations League, von dem auch die Protagonisten nicht so genau zu wissen schienen, ob er mehr Teil der Vorbereitung auf die EM-Endrunde im kommenden Sommer sein soll als erstes Pflichtspiel auf dem Weg zu einem internationalen Titel.

In dieser Konstellation kam ein Spiel heraus, welches die Schweiz dank ihrem Talent, ihrer Ordnung und ihrem gepflegten Aufbau zwar ordentlich absolvierte, in dem aber die letzte Konsequenz fehlte, die letzte Hingabe vielleicht auch, um gegen eine soliden, aber nicht unwiderstehlichen Gegner ein positives Resultat zu erreichen. Am Sonntag bietet sich im Heimspiel im leeren St.-Jakob-Park gegen Deutschland die Chance zur schnellen Reaktion.

Wenigstens eine Halbzeit lang zeigte die Schweiz aber eine überzeugende Leistung. Darauf wird Petkovic aufbauen. Trotz frühem Rückstand durch Jarmolenkos Absatztor in der 14. Minute und nach einem Fehler von Torhüter Yann Sommer verloren die Schweizer die Ruhe nicht und blieben dominant. Es war in der ersten Halbzeit ein Auftritt, der rechtfertigte, dass Petkovic vor dem Spiel gesagt hatte, sein Team kenne die Prinzipien des Systems.

Die Ordnung ging nicht verloren - auch nicht nach einer Pause von fast 300 Tagen und auch nicht aufgrund der vielen (unfreiwilligen) Wechsel. Im Vergleich etwa zu den Spielen im letzten November gegen Georgien und Gibraltar musste Petkovic auf sechs Positionen umstellen, weil er acht Absagen hatte hinnehmen müssen. Die Mannschaft spielte in dieser Zusammensetzung noch nie zusammen. Djibril Sow etwa stand erstmals in der Startformation, Ruben Vargas bestritt erst sein viertes Länderspiel und Steven Zuber hatte im vergangenen Herbst alle Partien verpasst.

Ballbesitz, Dominanz im Mittelfeld, gepflegter Aufbau über die Seiten: Es war also im Prinzip der gewohnt solide Auftritt der Schweizer. Doch er offenbarte auch die gewohnten Defizite. Viel Ballbesitz führen – zumindest gegen einen Widersacher aus der Gewichtsklasse der Ukraine – weiterhin zu wenig Torgefahr. Als Seferovic kurz vor der Pause zum 1:1 traf, war dies der erste Schuss, der auf das gegnerische Tor flog.

Und bei dieser Erkenntnis ist man bald einmal wieder bei der Personalie Xherdan Shaqiri. Es bleibt dabei, dass die Schweizer schlecht auf die Qualitäten ihres talentiertesten Offensivspielers verzichten können. Gegen die Ukraine fehlte der Liverpool-Professional wegen einer Oberschenkelverletzung und zum siebten Mal in Folge. Von den letzten elf Länderspielen hat Shaqiri neun verpasst. Nimmt man das Spiel von Lwiw zum Massstab, muss man erkennen: Kein Zuber, kein Vargas, kein Renato Steffen und auch kein Breel Embolo können einen gesunden und motivierten Shaqiri ersetzen.

Telegramm und Tabelle

Ukraine - Schweiz 2:1 (1:1)

Lwiw. - Keine Zuschauer. - SR Ekberg (SWE). - Tore: 14. Jarmolenko 1:0. 41. Seferovic 1:1. 68. Sintschenko 2:1.

Ukraine: Pjatow; Tymtschyk, Krywzow, Matwijenko, Michailitschenko; Stepanenko, Sintschenko, Malinowski; Jarmolenko, Moraes, Konopljanka (54. Jaremtschuk).

Schweiz: Sommer; Elvedi, Akanji, Rodriguez; Mbabu, Sow (82. Aebischer), Xhaka, Zuber (46. Steffen); Embolo, Vargas (73. Ajeti); Seferovic.

Bemerkungen: Schweiz ohne Shaqiri, Schär, Freuler, Zakaria, Mehmedi und Itten (alle verletzt) sowie Cömert (Trainingsrückstand) und Fernandes (krank). 10. Pfostenschuss von Malinowski. 55. Kopfball von Vargas an den Pfosten. Verwarnungen: 59. Elvedi (Foul). 83. Steffen (Foul). 86. Tymtschyk (Foul).

Liga A. Gruppe 4: Deutschland - Spanien 1:1 (0:0). - Rangliste: 1. Ukraine 1/3 (2:1). 2. Spanien 1/1 (1:1). 3. Deutschland 1/1 (1:1). 4. Schweiz 1/0 (1:2).

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