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Der SFV-Captain über die Corona-Krise und seine Zukunft

Stephan Lichtsteiner spürt die Ohnmacht. Der Captain der Nationalmannschaft hat im Fussball während zwei Jahrzehnten fast alles erlebt – bis ein Virus global alles aus den Fugen hob.

Agentur
sda
02.04.20 - 09:51 Uhr
Fussball
108 Länderspiele bestritt Stephan Lichtsteiner für die Schweizer Nationalmannschaft
108 Länderspiele bestritt Stephan Lichtsteiner für die Schweizer Nationalmannschaft
KEYSTONE/SALVATORE DI NOLFI

Corona ist überall. Die grassierende Viruserkrankung legt weite Teile Europas nahezu lahm. In Deutschland gibt es inzwischen nur noch ein Thema: Wie ist die unsichtbare und unberechenbare Lawine aufzuhalten? Der Sport wurde von der Wucht der Krise vollumfänglich erfasst. Bälle rollen längst keine mehr.

«Es ist, wie es ist und ja: Das ist alles wirklich tragisch», sagt der 108-fache Internationale Stephan Lichtsteiner im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Welche Konsequenzen die Lage für ihn mittelfristig hat, ist offen. Die Bewältigung der schwierigen Lage stehe im Vordergrund: «Danach sehen wir weiter.»

Die Corona-Krise schränkt alle enorm ein. Wie ist diese komplexe Situation für die Fussball-Szene zu verkraften – oder anders gefragt: Wie nachhaltig verändert das Virus den Profi-Fussball?

Stephan Lichtsteiner: «Das ist zur Zeit sehr schwer einzuschätzen. Sehr wichtig ist, dass man einen Weg findet, die Saison zu Ende zu spielen, um den allergrössten Schaden zu vermeiden. Wie in der Realwirtschaft wird sich auch im Fussball die Frage stellen, wie lange geht es, bis sich die Märkte wieder erholt haben. Kurzfristig gehe ich von grossen Einschnitten aus.»

Das Trainingspensum aller Bundesligisten ist massiv eingeschränkt. Kann man sich in dieser Form als Teamsportler überhaupt professionell vorbereiten?

«Ich trainiere im Moment individuell - mit Lauf-und Krafteinheiten, um mich persönlich fit zu halten. Wir befinden uns quasi wieder am Anfang einer normalen Saisonvorbereitung. Bis wir wieder im Team trainieren können, ist viel Grundlagenarbeit angesagt.»

Diverse Ligen aus anderen Sportarten stehen vor dem endgültigen Abbruch. Was wäre die beste Lösung für die Bundesliga? Gibt es eine Deadline? Hakt man als Spieler die Saison mental irgendwann ab?

«Es ist sehr wichtig, dass wir Spieler alles dafür machen, damit wir die Saison zu Ende spielen können. Eine Deadline gibt es aktuell nicht. Aufgeben ist keine Option. Wir haben eine Vorbildrolle und der müssen wir auch gerecht werden.»

Derzeit fällt ein Monument nach dem anderen. Die Champions League steht still, die EM fällt weg, die Olympischen Spiele sind verschoben worden, die Heim-WM der Eishockey-Nationalmannschaft wurde abgesagt. Ist diese Dimension für Sie noch fassbar?

«Es ist, wie es ist und ja: Das ist alles wirklich tragisch. Aber im Moment ist die Gesundheit das Wichtigste. Ich bin mir sicher, dass die nächsten Turniere dafür umso schöner werden - nach diesem Ereignis werden sie speziell in unseren Breitengraden nicht mehr einfach als selbstverständlich erachtet.»

Die Verschiebung der Europameisterschaft hat Ihre persönliche Ausgangslage ebenfalls komplett verändert. Die EM-Teilnahme wäre mutmasslich der Höhepunkt zum Abschluss Ihrer Karriere gewesen. Gibt es in dieser Hinsicht nun neue Pläne?

«Nein. Ich bin darauf konzentriert, die Saison mit dem FC Augsburg gebührend zu beenden.»

Wie ist der Austausch mit Vladimir Petkovic. Was schwebt Ihnen vor?

«Ich tausche mich oft mit dem Coach aus, weil mir seine Meinung sehr wichtig ist. Wir werden uns, wenn der Sturm vorbei ist, sicherlich treffen und besprechen, wie es weitergeht.»

Ist es denkbar, nochmals eine Saison anzuhängen? Was käme überhaupt infrage? Oder deutet aktuell alles darauf hin, dass die Zeit im Ausland nach 15 Jahren enden wird?

«Das ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Im Vordergrund steht erst einmal diese Krisensituation und was wir daraus machen. Danach sehen wir weiter.»

Welche Kriterien müssten erfüllt sein, damit Sie Ihre Laufbahn noch um ein Jahr in der Heimat verlängern?

«In erster Linie ein stabiles, nachhaltiges und ambitioniertes sportliches Projekt mit einem klaren Plan und klaren Zielsetzungen. Wenn ich nochmals meine Fussballschuhe in meiner Heimat schnüre, dann um etwas zu erreichen und Erfolg zu haben. Das ist meine Natur.»

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