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Fabian Schär spricht über den (sanften) Umbruch

Fabian Schär gehört seit dem Umbruch der vergangenen Monate zum Kern des Schweizer Nationalteams. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA redet er über seine neue Rolle im Team.

Agentur
sda
22.03.19 - 08:39 Uhr
Fussball
Fabian Schär (rechts) gehört wie Stephan Lichtsteiner zu den Führungsspielern im Schweizer Nationalteam
Fabian Schär (rechts) gehört wie Stephan Lichtsteiner zu den Führungsspielern im Schweizer Nationalteam
KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

Fabian Schär ist nach dem Umbruch der letzten Monate und nach dem Ausscheiden von Valon Behrami, Blerim Dzemaili, Gelson Fernandes und Johan Djourou zu einem Leader der Schweizer Nationalmannschaft aufgestiegen. Vom Kader für den Start in die EM-Qualifikation am Samstag in Georgien haben nur Stephan Lichtsteiner (103), Granit Xhaka (70), Ricardo Rodriguez (61) und Admir Mehmedi (58) mehr Länderspiele absolviert als der Newcastle-Verteidiger (47).

Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA redet Schär über seine Rolle im Team und darüber, was sich seit den WM-Tagen in Russland verändert hat - und wie es ist, wenn eine englische Fussball-Legende einen nicht nur lobt, sondern einem auch noch zujubelt.

Fabian Schär, haben Sie den «Angel of the North» schon einmal persönlich gesehen?

«Ich war noch nie dort draussen. Aber ich habe gehört, dass diese Statue sehr eindrücklich sein soll. Sie ist für die Menschen in Newcastle bedeutend.»

Die Frage zielte eher auf den Mann, den sie im Norden Englands den «Angel of the North» nannten: Alan Shearer, Rekordtorschütze und Urgestein von Newcastle United.

«Persönlich habe ich ihn noch nie getroffen. Aber klar, er ist immer irgendwie präsent. Er ist die Klub-Legende.»

Und er hat Sie zuletzt mehrmals gelobt. Ein Ritterschlag.

«Es tut gut, viel Lob zu erfahren. Es gibt ein Video, auf dem er wie verrückt jubelt nach einem Tor von mir. Das ist lustig anzuschauen. Und es macht mich auch stolz.»

Sie haben im Klub gute Wochen hinter sich und kamen mit viel Rückenwind ins Nationalteam. Hilft das für Ihre neue Rolle? Sie sind nach dem sanften Umbruch nun einer der dienstältesten Spieler im Kader und ein Leader.

«Ich bin in diese Rolle über längere Zeit nach und nach hineingewachsen. Bei uns ist es eigentlich so, dass die Spieler mit mehr Länderspielen ganz natürlich auch Führungsrollen übernehmen.»

Liegt Ihnen das? Wollen Sie ein Leader sein?

«Ich habe in den letzten Jahren sehr viele Erfahrungen gesammelt - im Nationalteam und auch im Klub. Ich habe in drei grossen Ligen gespielt mit drei verschiedenen Philosophien und Stilen. Da kann ich schon vieles weitergeben. Aber entscheidend ist natürlich, dass man auch auf dem Platz vorausgeht.»

Im aktuellen Kader stehen acht Spieler, die an der WM in Russland noch nicht dabei waren. Ist ein solcher Umbruch schwierig für die Spieler, welche schon länger dabei sind, weil sie sich auch neu orientieren müssen?

«Ich würde eher sagen, ein solcher Prozess ist spannend und auch wichtig für die Entwicklung einer Mannschaft. Im Nationalteam bringen die Neuen Erfolgshunger mit wie die älteren Spieler - und setzen dazu noch neue Impulse.»

Sie haben in den letzten vier Jahren für vier verschiedene Klubs in vier verschiedenen Ländern gespielt. Der Prozess von Veränderung und Integration ist für Sie fast zur Gewohnheit geworden.

«Ich denke, das gilt nicht nur für mich. Jeder Spieler erlebt immer wieder Wechsel in seiner Karriere. Entweder er macht selber einen Transfer oder die Mannschaft um ihn herum erfährt eine Veränderung. Es gehört heute zum Fussball dazu, dass ständig Integration stattfindet. Jeder weiss, wie das funktioniert. Ich denke, Fussballer haben ganz allgemein keine Probleme damit, sich schnell an neue Situationen anzupassen.»

War das bei Ihnen schon immer so? Der Schritt zum Nationalspieler war doch im Herbst 2013 sicher ein grosser?

«Für mich war die grösste Herausforderung meiner Karriere der Wechsel von Wil zu Basel ein Jahr zuvor. Von der Challenge League in die Super League. In Wil habe ich noch auf der Bank gearbeitet, dann wurde ich Profi, wohnte nicht mehr zu Hause. Die Integration ins Nationalteam war für mich einfacher, denn als Basel-Spieler hatte ich viele Klub-Kollegen in der Mannschaft. Und ich muss sagen: Gökhan Inler war ein sehr integrativer Captain. Er hat sich enorm um die Neuen gekümmert, ihnen Vertrauen gegeben und gesagt: 'Du kannst mit jeder Frage immer zu mir kommen'.»

Der personelle Umbruch scheint im Nationalteam fürs Erste abgeschlossen. Sportlich beginnt nun ein neuer Zyklus.

«Wir versuchen auszublenden, was gewesen ist. Es beginnt am Samstag eine neue Qualifikation, und jeder will die EM-Teilnahme schaffen. Solche Turniere sind das Grösste. Wenn wir schlecht aussehen gegen Georgien und Dänemark, ist der Sieg gegen Belgien ganz schnell nicht mehr so viel wert.»

Auf dem Platz hat die Schweiz nach dem enttäuschenden Ende der WM und den vielen negativen Schlagzeilen im Sommer schnell in die Erfolgsspur zurückgefunden. Haben es Team und Trainer sogar gebraucht, einmal an einem Widerstand wachsen zu müssen?

«Wichtig waren nicht die äusseren Widerstände oder die mediale Sichtweise, denn wir sind erfahren genug, um unsere Leistung einschätzen zu können, und müssen uns nichts von aussen kaputt machen lassen. Dass wir an der WM gegen Schweden einen ganz schlechten Tag erwischt haben, wussten wir selber am besten. Entscheidend waren die Gespräche danach beim ersten Zusammenzug in der neuen Saison. Vladimir Petkovic hat viel mit uns geredet, Probleme angeschaut und analysiert, wo wir besser werden können.»

Ist die Mannschaft besser geworden?

«Ja, ich denke, wir haben im Herbst einen Schritt vorwärts gemacht. Gegen Belgien haben wir nicht nur gezeigt, dass wir eine Nation mit viel Qualität sind, sondern wie zum Start in die WM-Qualifikation vorher einen wirklich Grossen schlagen können. Das ist keine so schlechte Basis für den Start in die EM-Qualifikation.»

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