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Mit dem WM-Playoff endet die Ära Voss-Tecklenburg im SFV

Das Schweizer Frauen-Nationalteam benötigt am Dienstag gegen die Niederlande ein sportliches Wunder, um die WM-Qualifikation zu schaffen. In Schaffhausen endet die Ära von Martina Voss-Tecklenburg.

Agentur
sda
13.11.18 - 06:00 Uhr
Fussball
Martina Voss-Tecklenburg hat im Schweizer Frauen-Fussball einiges bewegt
Martina Voss-Tecklenburg hat im Schweizer Frauen-Fussball einiges bewegt
KEYSTONE/SALVATORE DI NOLFI

Trotz einer über weite Strecken guten Leistung waren die Schweizerinnen im Hinspiel in Utrecht gegen den amtierenden Europameister chancenlos geblieben und verloren 0:3. «Das Resultat widerspiegelt die sportliche Realität», sagte Laurent Prince, der Technische Direktor des Schweizerischen Fussballverbandes. «Noch sind wir auf diesem Niveau nicht kompetitiv genug.»

Während sich die Schweizerinnen in einer Umbruchphase befinden - fünf Spielerinnen in der Startaufstellung am Freitag waren 22 oder jünger - sind die Niederlande ein über Jahre gereiftes und eingespieltes Team. An der EM 2017 stürmte die Mannschaft von Sarina Wiegman in der Heimat zum Titel und löste dabei eine Welle der Begeisterung aus. Im Fall einer Qualifikation wird die Niederlande auch 2019 an der WM in Frankreich zu den Titelanwärtern zählen.

Um die Hypothek aus dem Hinspiel zu korrigieren, brauchen die Schweizerinnen in Schaffhausen mindestens drei Tore. Zwar kehrt Ramona Bachmann nach ihrer Sperre zurück, aber wie Captain Lara Dickenmann wird auch Malin Gut weiter fehlen. Der Einsatz von Viola Calligaris ist fraglich. Die Taktik der Schweizerinnen ist klar. «Wir müssen Risiken eingehen», sagte Lia Wälti. «Wir haben nichts mehr zu verlieren.»

Das Verpassen des dritten Endrunde in Folge wäre der kleine Makel im Reinheft von Voss-Tecklenburg, die sich mit dem Wechsel zum DFB einen Traum erfüllt. Sollte die SFV-Auswahl scheitern, hätte sie die Qualifikation aber nicht gegen den Europameister verspielt. Mit der Niederlage in Schottland und dem Remis in Polen gaben die Schweizerinnen ihre perfekte Ausgangslage zum Abschluss der Gruppenphase aus der Hand.

Aus dem Dornröschenschlaf geweckt

Unabhängig vom Ausgang der Partie am Dienstag geht die erfolgreichste Ära im Schweizer Frauenfussball zu Ende. Unter der knapp siebenjährigen Führung der Deutschen, die als Spielerin 125 Länderspiele für ihr Heimatland bestritt und vier EM-Titel gewann, qualifizierte sich die Schweiz 2015 in Kanada und 2017 in den Niederlanden erstmals für eine WM- bzw. eine EM-Endrunde. Dazwischen gewann die SFV-Auswahl mit dem Cyprus Cup auch erstmals ein internationales Turnier.

«Sie war ein Glücksfall für den Schweizer Frauenfussball», sagte Franziska Schild, Chefin des Ressorts Frauenfussball im SFV. Dank ihrer Sozialkompetenz wurde Voss-Tecklenburg für eine Generation von Spielerinnen zu einer wichtigen Ansprechpartnerin und Ratgeberin, auch was die Karriereplanung anbetrifft. Viele junge, talentierte Spielerinnen wagen heute früh den Sprung in eine ausländische Liga, um sich sportlich weiterzuentwickeln.

Voss-Tecklenburg schaffte es, den Frauenfussball auch abseits des Rasens voranzubringen, und avancierte zur Vorreiterin einer Sportart, die in der Schweizer Gesellschaft weiterhin um Akzeptanz und Aufmerksamkeit kämpft - und gelegentlich noch immer belächelt wird. Sie kämpfte für verbesserte Strukturen und die Professionalisierung innerhalb des Verbandes. «Sie war sehr fordernd, aber auch verständnisvoll», so Schild.

Ähnlich erlebte auch Laurent Prince die 50-jährige Duisburgerin, die es mit dem sportlichen Erfolg schaffte, den Frauenfussball temporär in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen. «Martina war mit einer Mission unterwegs.» Sie sei als Trainerin «extrem fokussiert und engagiert» gewesen, ausgestattet mit einer ausserordentlichen Sozialkompetenz. «Sie war die Lokomotive des Schweizer Frauenfussballs, eine tolle Persönlichkeit.» Auch deshalb wünscht sich Prince, dass am Dienstag trotz der schwierigen Ausgangslage viele den Weg nach Schaffhausen finden werden. «Um diese Ära würdevoll abzuschliessen, verdient Martina ein volles Stadion und ein Team, das Vollgas gibt.»

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