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SFV-Präsident Peter Gilliéron: «Wir bedauern ausserordentlich»

Der SFV entschuldigt sich für eine Doppelbürger-Debatte, die er selber ausgelöst hatte. «Da sind Fehler passiert und wurde eine Aussenwirkung erzielt, die nie beabsichtigt war», so Peter Gilliéron.

Agentur
sda
13.07.18 - 18:07 Uhr
Fussball
Peter Gilliéron entschuldigte sich im Namen des Verbandes
Peter Gilliéron entschuldigte sich im Namen des Verbandes
KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

Ausgelöst hatte die Doppelbürger-Lawine der SFV-Generalsekretär Alex Miescher mit einem brisanten Interview. Nun entschuldigte und erklärte sich der Verbands-Präsident Peter Gilliéron im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der Jurist gestand Fehler ein und kündigte an, verschiedene Rollenverteilungen und Aufgabenbereiche im Detail zu überprüfen. Für die harsche Replik von Granit Xhaka auf die Aussagen von Miescher hat Gilliéron Verständnis.

Was lief falsch?

«Durch ein Interview mit dem SFV-Generalsekretär ist der falsche Eindruck entstanden, der Verband habe etwas gegen Fussballerinnen und Fussballer mit Mehrfachnationalitäten. Diesen Eindruck wollen wir klar widerlegen und korrigieren. Nein, wir haben an allen Freude - unabhängig ihrer Nationalitäten!»

Hätte man diesen Eklat nicht erahnen können bei der Autorisierung des Gesprächs?

«Wir haben eine falsche Einschätzung vorgenommen. Aufgrund dieser Fehlleistung ist in der Öffentlichkeit ein komplett falscher Eindruck entstanden. Das tut mir ausserordentlich leid. Wir müssen, wollen und werden alles nun analysieren und aufarbeiten, mit dem Ziel, dass sich ein solcher Fehler nicht wiederholt.»

Was bleibt hängen von dieser Affäre?

«Ich kann es nicht voraussagen. Wir nützen die Chance, im Zuge einer umfassenden Analyse die Rollenverteilungen und Aufgaben zu überprüfen. Ich hoffe natürlich, dass am Ende aller Abklärungen nichts Negatives an uns hängenbleibt. Wir haben ja immerhin zum dritten Folge an einem grossen Endrundenturnier den Achtelfinal erreicht.»

Granit Xhaka reagierte in einem Keystone-SDA-Interview überaus emotional auf die Zeilen von Miescher. Was gingen Ihnen dabei durch den Kopf?

«Wichtig ist für mich vor allem der Schluss des Interviews, als er sagte: So, blicken wir wieder vorwärts, jetzt ist der Ball wieder gefragt. Ich habe in seinem Fall aber durchaus ein gewisses Verständnis, wenn er seine Meinung so äussert.»

Xhaka richtete sehr klare Worte an die Adresse von Alex Miescher. Kaum eine Leaderfigur äusserte sich in den letzten 20 Jahren deutlicher. Hinter seiner Antwort steckt mehr als eine kleine Verstimmung.

«Darum bekräftigten wir ja auch umso mehr, dass wir diesen Fehler überaus bedauern. Wir wollen uns in Zukunft keine weiteren Fehlpässe dieser Art mehr leisten.»

Haben Sie mit ihm das Gespräch gesucht?

«Ich persönlich habe es nicht gesucht, aber andere haben das gemacht. Es wurden überhaupt auf verschiedenen Ebenen viele Gespräche geführt. Wie vorhin erwähnt: Wir sollten den Blick nach vorne richten, die Lage aber weiterhin genau analysieren und die richtigen Schlüsse ziehen.»

Nach dem Startspiel gegen Brasilien kam es im Teamhotel zu einer Auseinandersetzung zwischen Alex Miescher und Valon Behrami - wie ordnen Sie diesen Konflikt ein?

«Dass man sich in einer Zeit von rund 40 Tagen Zusammensein ab und zu die Meinung sagt, betrachte ich nicht als gravierend. Von einem Konflikt will ich nicht sprechen, eher von einer Diskussion. Wenn man nicht mehr miteinander reden kann, dann herrscht Grabesstille. Ruhe heisst nicht, nicht mehr zu kommunizieren. Ab und an ist man sich nicht ganz einig - das kann man unter Männern ausdiskutieren. Alex und Valon haben das längst gemacht.»

Wie sind Ihre Aussagen zu deuten, wonach die Rollen und Tätigkeitsfelder gewisser Mitarbeiter überprüft werden sollen?

«Ich kann den Abklärungen nicht vorgreifen - wir werden sicher offen sein für alle Möglichkeiten, die infrage kommen. Es kann in alle Richtungen gehen.»

Während der ganzen Debatte kam einer nie zu Wort: Vladimir Petkovic. Wie ist sein Schweigen zu deuten?

«Es geht aktuell um Fragen strategischer Natur. Mit dieser Problematik muss sich der Zentralvorstand befassen und der äusserte sich heute auch deutlich.»

Trotzdem, seit dem WM-Out hörte man in der Öffentlichkeit von Petkovic nichts mehr. Können Sie das nachvollziehen?

«Ja, das Interesse galt zuletzt nur noch der Doppelbürger-Frage. Damit musste sich die Verbandsleitung befassen. Darum entschloss sich der Nationalcoach, eine erste, noch nicht umfassende Analyse dieser WM via Homepage des SFV zu machen.»

Wenn aber ein Spieler des Nationalteams sich öffentlich klipp und klar äussert, betrifft die Problematik doch auch direkt den Nationalcoach?

«Mich beschäftigt dieser Aspekt schon auch. Aber nochmals: Mit der Thematik muss sich die Leitung auseinandersetzen, nicht der Nationalcoach. Er findet es sicher richtig und wichtig, dass die Verbandsspitze die Irritationen beseitigt und klärt.»

Glauben Sie, die Entschuldigung reicht aus, alle Protagonisten zu besänftigen? Oder werden weitere 1:1-Gespräche mit verschiedenen Exponenten des Teams nötig sein, um alle Unklarheiten auszuräumen?

«Das ist denkbar, ich verschliesse mich solchen Aussprachen sicherlich nicht. Wichtig war nun aber erst einmal, das allgemeine Bedauern deutlich zu äussern.»

Sie haben weitergehende Überprüfungen angekündigt. Halten Sie es für nötig, die Ergebnisse möglichst rasch zu präsentieren? Oder besteht die Gefahr, dass abermals Unruhe aufkommt, weil der SFV nichts entschieden hat bisher?

«Wir haben nicht nichts entschieden, wir haben uns entschuldigt. Schnellschüsse gibt es nicht, wir leuchten alle Bereiche aus. Und das machen wir mit der gebotenen Seriosität. Wie nach jeder Endrunde. Der Zeitfaktor ist auch mit dem Ausmass der Überprüfungen verknüpft.»

Haben Sie sich mit Ihrem Generalsekretär zur Sachlage eingehende unterhalten?

«Ich habe mit ihm gesprochen. Selbstverständlich. Die Sache geht an ihm natürlich nicht spurlos vorbei - sie geht generell an niemandem spurlos vorbei. Es tut ihm leid - und mir auch. Darum kann ich auch versichern, dass unsere Entschuldigung von Herzen kommt.»

Wie sehr überschattet die ganze Doppelbürger-Debatte eine sportlich an sich überaus solide WM-Kampagne?

«Bis auf den Achtelfinal haben wir sportlich einen guten Eindruck hinterlassen. Die Konstanz im Nationalteam ist wichtig und gut. Ich glaube nicht, dass ein Fehler in einem Interview dazu führen sollte, alles schlechtzureden und in Frage zu stellen.»

Ärgern Sie sich inzwischen doppelt und dreifach, dass Sie die Publikation der brisanten Doppelbürger-Gedanken zugelassen haben?

«Ich habe den Inhalt im letzten Moment der Autorisierung mitbekommen, das stimmt. Das Wort doppelt verwende ich zurzeit nicht mehr so gerne (schmunzelt) - und ja: Es ärgert mich dreifach. Ändern kann ich es nicht mehr.»

Im Herbst geht es weiter - mit Petkovic? Man könnte sein Schweigen auch als Missfallenskundgebung interpretieren. Einen Abgang von ihm befürchten Sie nicht?

«Mit diesem Szenario rechne ich definitiv nicht.»

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