×

Ajmoooooo Hrvatska!

Kroatien oder England? Für Igor Zunic, kroatisch-schweizerischer Doppelbürger und Wirt des Restaurants «Edelweiss» in Chur, steht fest: Kroatien gewinnt heute – hoffentlich.

Pierina
Hassler
11.07.18 - 04:30 Uhr
Fussball
Glücksbringer: Igor Zunic posiert mit dem Trikot der kroatischen Nationalmannschaft von 1998, als das Team an der WM in Frankreich  den dritten Platz belegte.
Glücksbringer: Igor Zunic posiert mit dem Trikot der kroatischen Nationalmannschaft von 1998, als das Team an der WM in Frankreich den dritten Platz belegte.
OLIVIA ITEM

Das Restaurant «Edelweiss» in Chur ist genau so, wie man sich eine Beiz mit dem Namen «Edelweiss» vorstellt: rustikal, heimelig, traditionell. Und wäre da nicht Wirt Igor Zunic, niemand käme auf die Idee, dass ausgerechnet dieses «Edelweiss» heute Abend «the place to be» ist. Oder auf gut Deutsch: In Sachen Fussballfieber und Daumendrücken trumpft das kleine Lokal an der Storchengasse heute Abend ab 20 Uhr gross auf.

Zunic ist schweizerisch-kroatischer Doppelbürger. Aber bei aller Liebe zur Schweiz und seiner Schweizer Ehefrau: Heute Abend ist man in seiner Beiz für die kroatische Nationalelf. «Und die gewinnen gegen England, weil sie mehr Erfahrung haben», sagt Zunic. Stimmung ist also garantiert. Fachsimpelei auch. Zunic liebt Sport im Allgemeinen, zurzeit einfach den Fussball ein bisschen mehr als alles andere.

Weltklassespieler

Die Gäste im «Edelweiss» seien zu 90 Prozent Schweizer, sagt Zunic. «Heute Abend kommen aber sicher auch viele kroatische Kollegen, und die anderen Gäste müssten einfach für Kroatien sein», sagt er lachend. Und zwar aus einem einfachen Grund: «Wir haben Weltklassespieler», so der ehemalige Handballspieler. «Luca Modric, Ivan Rakitic, Mario Mandzukic.» Zur Erinnerung: Modric ist bei Real Madrid. Rakitic bei Barcelona. Mandzukic bei Juventus Turin.

Wirt Zunic kennt aber noch mehr Gründe, weshalb Kroatien heute gewinnt: «Sie haben mit dem Halbfinale schon jetzt viel erreicht.» Der Erfolgsdruck wiege für die Kroaten weniger schwer als für die Engländer. Die Kroaten könnten befreiter aufspielen. «Aber ich bin sowieso ein Optimist», sagt Zunic. «Also werden wir gewinnen.»

Zwei Herzen in einer Brust

Dieser Meinung ist auch Juro Brnic, Vizepräsident der kroatischen Gemeinschaft Graubünden. Allerdings gehen er, seine Familie und viele Kolleginnen und Kollegen nicht ins «Edelweiss», sondern in die Vögele-Arena auf dem Theaterplatz in Chur. Ausnahmsweise sozusagen. «Normalerweise feiern wir in unserem Clublokal, aber dieses Jahr hat die Zeit gefehlt, um das Ganze zu organisieren», sagt Brnic. Denn mit einem grossen Fernseher und ein paar Stühlen sei es nicht getan. «Wir kochen einheimisches Essen, beispielsweise Spanferkel, das braucht alles Zeit.» Deshalb gehen sie also in die Vögele-Arena.

Wie Zunic ist auch Brnic schweizerisch-kroatischer Doppelbürger. Er lebt seit 30 Jahren in der Schweiz. «Wir haben auch für die Schweiz die Daumen gedrückt», sagt er. Leider hätten diese aber gegen Schweden verloren, deshalb könne man jetzt ganz ohne schlechtes Gewissen für die Kroaten sein. Was lustig gemeint ist, hat durchaus einen ernsten Hintergrund. Zwei Herzen, die in einer Brust schlagen, das ist für die kroatische Gemeinschaft in solchen Situationen eher Last denn Lust.

Stolze Verlierer

Brnic glaubt zwar felsenfest an seine Mannschaft, sagt aber auch: «Es braucht auch Glück, ich hoffe jetzt einfach einmal, dass wir es auch haben werden.» Bis jetzt seien viele Favoriten, zum Beispiel Argentinien, Brasilien, Deutschland, rausgeflogen. England gelte als Favorit. «Vielleicht fliegen sie auch raus.» Brnic muss über diese Aussage selber lachen. «Die Besseren gewinnen, so einfach ist das.»

Auch eine kleine Strassenumfrage dieser Zeitung läuft auf diese Aussage hinaus: «Als Seconda wünsche mir, dass Kroatien gewinnt, aber wenn England besser spielt, bin ich stolze Verliererin», sagt die 20-jährige Mirjana. Ihr Freund Marko sagt: «Es wäre natürlich toll, im Finale zu stehen, aber was solls, es ist ein Spiel.»

Zurück zum Churer Restaurant «Edelweiss» und dessen Wirt Igor Zunic. Zur Feier des Tages trägt er das Trikot der kroatischen Mannschaft von der WM in Frankreich im Jahre 1998. Damals schlug das Team im kleinen Finale die Niederlande mit 2:1. Dieser dritte Platz ist übrigens der bis heute grösste Erfolg einer kroatischen Fussball-Nationalmannschaft. Gleich beim ersten WM-Turnier seit der Unabhängigkeit erreichte das kleine Land mit seinen rund 4,5 Millionen Einwohnern das Halbfinale.

«Deshalb ist das Trikot für mich ein Glücksbringer», sagt Zunic. Zwar sei das aktuelle viel moderner, aber eben, es habe keine Geschichte. Ob Zunic oder Brnic, ob «Edelweiss» oder Vögele-Arena – eines bleibt vor dem wichtigen Match für alle Kroaten gleich: «Ajmoooooo Hrvatska*».

*Ein Anfeuerungsruf, ähnlich wie bei uns Hopp Schwiiz.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Fussball MEHR