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«Serbien schlägt die Schweiz 2:1»

Djordje Vranjes aus Gommiswald ist Uzner Bürger und möchte in keinem anderen Land leben als der Schweiz. Dennoch bleibt er im Herzen mit seiner zweiten Heimat Serbien verbunden – vor allem fussballerisch. Heute feuert er die serbische Nationalmannschaft gegen die Schweiz in Kaliningrad von der Tribüne aus an.

Südostschweiz
22.06.18 - 04:30 Uhr
Fussball
Djordje Vranjes ist bereit für das heutige Spiel und zeigt die Tickets für sich und seine Kollegen.
Djordje Vranjes ist bereit für das heutige Spiel und zeigt die Tickets für sich und seine Kollegen.
MARKUS TIMO RÜEGG

von Christoph Leiber

In der blitzblanken, sauber aufgeräumten Junggesellenwohnung im Zentrum von Gommiswald wird schnell klar, wofür Djordje Vranjes' Herz schlägt. An der Wand hängt ein eingerahmtes Foto, das ihn nach einem Champions-League-Spiel seines Lieblingsclubs Roter Stern Belgrad mit einer Fahne aus seiner Heimatstadt Knin zeigt. Das Spezielle daran: Die Fahne schenkte er noch im Stadion dem Belgrader Torhüter Milan Borjan, der ebenfalls aus Knin stammt. Das Bild ging im vergangenen November durch die serbischen Medien.

Die Fotografie erzählt wichtige Teile von Vranjes' Lebensgeschichte. Der inzwischen 35-jährige «Dscholle», wie er von Familie und Freunden genannt wird, wuchs bis zu seinem achten Lebensjahr bei den Grosseltern in Knin auf, einer serbisch besiedelten Stadt in der damaligen jugoslawischen Teilrepublik Kroatien. Nachdem dort 1991 der Krieg ausgebrochen war, holten die Eltern, die schon in Uznach lebten, den Buben zu sich. Hier verbrachte er seine ganze Jugend und wurde als junger Erwachsener eingebürgert – wie auch seine ebenfalls serbischstämmige Verlobte, die er diesen Sommer heiraten wird.

Seit der Kindheit ein grosser Fan

Ins ehemalige Jugoslawien zurückzukehren, ist für Vranjes kein Thema. «Von der Mentalität her bin ich zu 90 Prozent Schweizer und will in keinem anderen Land der Welt leben», unterstreicht er. Zudem sei ihm seine heute kroatische Heimatstadt fremd geworden, denn dort lebten seit dem Krieg und den damit verbundenen Vertreibungen nur noch «ein paar serbische Grossmütter».

«Einem Autokorso würde ich mich erst anschliessen, wenn Serbien in die Viertelfinals käme.»

Djordje Vranjes, Serbien-Fan aus Gommiswald

Mehrmals jährlich fliegt Vranjes jedoch in die serbische Hauptstadt Belgrad, um Fussballspiele zu sehen. Seit seiner Kindheit fiebert er mit Roter Stern, das 1991 kurz vor Kriegsbeginn den Europacup der Landesmeister gewann, den Vorläufer der Champions League. «Wenn Roter Stern verliert, ist das für mich viel schlimmer, als wenn die serbische Nationalmannschaft unterliegt», stellt Vranjes klar.

Keine Halbheiten

Dennoch feuert er heute Abend das serbische Nationalteam im Spiel gegen die Schweiz an – und zwar vor Ort im Stadion von Kaliningrad. «Man kann nicht auf zwei Seiten gleichzeitig stehen», erklärt Vranjes fast entschuldigend. Für ihn gebe es keine Halbheiten, und sein Sportlerherz schlage doch noch mehr für Serbien als für die Schweiz.

Zusammen mit sechs anderen Fans von Roter Stern hat Vranjes den weiten Weg in den Westen Russlands auf sich genommen, um das Spiel zu sehen. 210 Franken hat jeder für das Ticket hingeblättert, plus die Miete für den komfortablen Kleinbus, den sie sich für die lange Fahrt gönnen. Einen serbischen Sieg würde er mit einem Bierchen feiern, sagt Vranjes. «Einem Autokorso würde ich mich erst bei einem Einzug in die Viertelfinals anschliessen», fügt er schmunzelnd hinzu.

Stets die Nummer 8

Eine Woche vor dem Spiel präsentiert Vranjes in seiner Gommiswalder Wohnung stolz sein serbisches Trikot. Es trägt die Nummer 8, die der defensive Mittelfeldspieler Zeit seiner eigenen Fussballkarriere hatte. Die einstige Nachwuchshoffnung des FC Uznach schaffte mit dem FC Linth den Aufstieg in die 2. Liga interregional und erhielt danach sogar ein Angebot des Challenge-League-Clubs Chiasso. Dieses schlug er allerdings aus: «Was hätte ich mit 29 Jahren ins Tessin wechseln sollen?», fragt er schulterzuckend. Er sei im Linthgebiet zu Hause und liebe seinen Beruf als Werkzeugmacher bei einer grösseren Uzner Firma.

Nach seiner Ankunft in der Schweiz habe er sich in Uznach sofort heimisch gefühlt, erzählt Vranjes. Anfeindungen habe er nie erlebt – auch nicht im FC Uznach, wo er mit Kindern aus mehreren Nationen zusammenspielte. «Ich bin immer mit allen gut ausgekommen», erklärt er – auch mit den Kollegen aus dem Kosovo, selbst als die dort lebenden Albaner 1998 gegen die Serben ihren Unabhängigkeitskrieg ausfochten. «Das sind politische Probleme, die mich nicht interessieren.»

Rivalitäten für einmal unwichtig

Da hält Vranjes kurz inne: Einzig zu Anhängern von Partizan Belgrad, dem Lokalrivalen von Roter Stern, habe er weniger Kontakt. «Man würde sich nur gegenseitig mit Sprüchen ärgern», meint er und lacht dabei spitzbübisch. Beim heutigen Spiel sei das aber unwichtig, präzisiert er sogleich: «An der WM geht es um die Nationalmannschaft – und um Spass, Freude und ein Abenteuer.» Auch als eingefleischter Fan von Roter Stern schiebe er den Club für einmal beiseite.

Vranjes hofft, dass Serbien heute Abend gegen die Schweiz drei Punkte holt und sich so für die Achtelfinals qualifiziert. Sein Tipp für die Partie: «Serbien gewinnt 2:1.» Ihm sei klar, dass die Schweiz kein einfacher Gegner sei, räumt er ein: «Doch wenn man nicht hofft, muss man nicht nach Russland fahren.» Dabei blickt er mit strahlenden Augen auf das Ticket, das vor ihm auf dem Tisch liegt.

Serbische Teigrollen (Pita) mit Hackfleisch für sechs Personen
500 g Yufka-Teigblätter
500 g Hackfleisch gemischt
200 ml lauwarmes Wasser
3 Zwiebeln,  eher grössere
5 Kartoffeln,  eher kleinere
 Salz und Pfeffer
 Speiseöl
 Paprika edelsüss

Zubereitung:
1. In einer Pfanne mit etwas Speiseöl die Zwiebeln glasig dünsten, dann das Hackfleisch dazugeben, mitbraten, mit Salz, Pfeffer und Paprika nach Gusto würzen. Die Pfanne vom Herd nehmen.
2. Kartoffeln reiben, salzen.
3. Ein Backblech mit Speiseöl fetten, die Yufka-Teigblätter auf einem Tisch ausbreiten.
4. Den Backofen auf 200 °C vorheizen.
5. Ein Teigblatt beiseitenehmen, mit Speiseöl beträufeln, mit etwas Hackfleischmasse belegen und darüber etwas von den geraspelten Kartoffeln geben.
6. Der Länge nach aufrollen und die Teigrolle auf das Backblech legen. Eine Seite nach unten drücken, damit innen alles schön saftig bleibt.
7. Je nach Anzahl der Teigblätter und der Masse so verfahren, bis alles aufgebraucht ist. Die Teigrollen nebeneinander auf das Blech legen.
8. Die Teigrollen vor dem Backen nochmals reichlich mit Speiseöl beträufeln.
9. Im Ofen ca. 30 Min. goldbraun backen, herausnehmen und ca. 200 ml lauwarmes Wasser darübergiessen.
10. Nochmals für 5 Min. in den Ofen geben, den Ofen ausschalten und die Teigrollen noch ca. 15 Min. ziehen lassen.

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