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Tschantré: «Aktuell gibt es viel Wichtigeres als Eishockey»

Mathieu Tschantré hält dem EHC Biel während der gesamten Karriere die Treue. Ein möglicher krönender Abschluss bleibt dem 35-Jährigen wegen des Coronavirus verwehrt.

Agentur
sda
20.03.20 - 05:00 Uhr
Eishockey
Mathieu Tschantré hätte ein anderes Karriereende verdient
Mathieu Tschantré hätte ein anderes Karriereende verdient
KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Vor einem Jahr scheiterten die Bieler erst im siebenten Playoff-Halbfinalspiel am späteren Meister SC Bern, nachdem sie in der Serie mit 3:2 Siegen geführt hatten. Auch diesmal hätten die Seeländer im Kampf um den Titel wohl ein gewichtiges Wörtchen mitgeredet. «Wir wären auf einer sehr guten Schiene gewesen», ist Tschantré überzeugt. «Wir hatten viele Verletzte, die zurückgekommen wären. Das Team fing an, wieder besser zu spielen. Insofern ist es schon hart. Auf der anderen Seite muss man das Ganze relativieren. Aktuell gibt es viel Wichtigeres als Eishockey.»

Also hat er den Meisterschaftsabbruch rasch abgehakt? «Das auch nicht. Ich sehe mich nach wie vor als Sportler und habe noch gar nicht richtig begriffen, dass ich nicht mehr spielen werde. Vielleicht kommt das verzögert. Momentan ist alles etwas ausgeblendet.»

Tschantré debütierte am 2. Dezember 2000 im Alter von 16 Jahren in der ersten Mannschaft der Bieler, die damals noch in der NLB spielte. 2004, 2006, 2007 und 2008 gewann der EHCB den Titel in der zweithöchsten Spielklasse, allerdings wurde der Aufstieg erst im vierten Anlauf Tatsache. 2004 gingen die Seeländer in der Ligaqualifikation gegen Lausanne mit 0:4 Siegen sang- und klanglos unter. Das war für Tschantré «ein Augenöffner zu einem guten Zeitpunkt, zeigte mir, dass ich noch viel arbeiten muss, um auch mal dieses Niveau zu erreichen.» Er habe das Scheitern in den Liga-Qualifikationen in Motivation umwandeln können, was sich am Ende ausbezahlt habe.

Die mehrfach verpassten Aufstiege führten allerdings dazu, dass sich Tschantré fragte, ob es nicht Zeit für eine Veränderung sei, da er ansonsten vielleicht nie NLA spielen würde. «Zum Glück wechselte ich nicht, wir schafften ja dann den Aufstieg.» Danach gab es für ihn zunächst keinen Grund mehr, zu einem anderen Verein zu gehen, «weil Biel der beste Platz für mich war. Ich spielte in jeder Situation, war Captain (das Amt übte er seit 2008 ununterbrochen aus, die Red.), hatte viel Verantwortung. Für die persönliche Entwicklung war das in meinen Augen sehr wichtig.» Zwar machte er sich zu einem späteren Zeitpunkt nochmals Wechsel-Gedanken, um nochmals einen Schritt zu machen, er entschied sich aber dagegen, was er nie bereute.

Mit der ersten Playoff-Qualifikation nach dem Aufstieg klappte es erst 2012. 2009 und 2010 mussten die Bieler erneut in die Ligaqualifikation, wobei sie sich beide Male erst in der entscheidenden siebenten Partie gegen Lausanne retteten. «Ich weiss nicht, ob es den Verein noch geben würde, wenn wir verloren hätten», sagte Tschantré vor dem Hintergrund, dass damals Gespräche für das 2015 eröffnete neue Stadion liefen. Insofern waren es für Tschantré die «schlimmsten Spiele der Karriere», alles drehte sich nur noch ums Eishockey, der Druck war enorm. Er legte den Fokus jedoch darauf, alles zu geben. «Ich hätte es mir nie verzeiht, wenn ich nicht meine gesamte Energie hineingesteckt hätte.»

Tschantré gehörte mit 1,73 m zu den kleinsten Spielern der Liga. Allerdings war das für ihn nur zu Beginn der Karriere ein Nachteil, wurde doch im November 2005 die Null-Toleranz eingeführt. Die Grösse ist auch in der NHL mittlerweile nicht mehr so wichtig. Zwar waren die körperlichen Nachteile in der Juniorenzeit ein Thema, Tschantré blendete das aber aus: «Ich wollte einfach Tag und Nacht spielen.»

Hat er keine Angst, nun in ein Loch zu fallen? «Die Gefahr besteht, das ist klar. Ich habe aber alles Mögliche gemacht, um vorzusorgen.» So hat er in Biel eine Firma, die in der Finanzbranche tätig ist. Auch zu Hause wird es ihm nicht langweilig, wurde er doch vor kurzem zum dritten Mal Vater. Ausserdem bleibt er den Bielern erhalten, wird er bei den Donatoren etwas machen. «Ich möchte den Kontakt weiter pflegen. In der Region dreht sich von mir aus gesehen alles um den EHC. Ich bin froh, dabei bleiben zu können.»

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