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Richter Zegg im Fall Quadroni wegen Amtsmissbrauch angeklagt

Der Fall des reuigen Baukartell-Mitgliedes Adam Quadroni wird um ein Kapitel reicher: Vor dem Regionalgericht Prättigau/Davos steht der Unterengadiner Richter Orlando Zegg.

Südostschweiz
16.09.21 - 07:00 Uhr
Blaulicht
Beim rechtlich umstrittenen Polizeieinsatz in Adam Quadronis Haus landete der Whistleblower im Bündner Bauskandal in Handschellen. (Archivbild)
Beim rechtlich umstrittenen Polizeieinsatz in Adam Quadronis Haus landete der Whistleblower im Bündner Bauskandal in Handschellen. (Archivbild)
KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Die Staatsanwaltschaft Graubünden wirft Orlando Zegg, dem Präsidenten des Regionalgerichtes Unterengadin, Amtsmissbrauch vor. Laut der Anklageschrift hatte Zegg einen Polizeieinsatz in Quadronis Haus angeordnet und durchgesetzt, obwohl noch eine Berufung Quadronis dagegen lief.

Der angeklagte Richter verpflichtete den Whistleblower im Bündner Baukartellskandal 2017 zur Herausgabe einer «Vielzahl von Gegenständen» an die getrennt lebende Ehefrau und die gemeinsamen Kinder. Sollte Quadroni die Gegenstände nicht hergeben, berechtigte der Richter Ehefrau und Kinder die ehemals gemeinsame Wohnung im Unterengadin in Begleitung von Polizeibeamten zu betreten. Dort sollten sie selber ihre Sachen zusammenzusuchen.

Gegen diesen Entscheid erhob Quadroni fristgerecht Berufung. Das Kantonsgericht bescheinigte daraufhin zwar die grundsätzliche Korrektheit der richterlichen Verfügung. Es wies aber darauf hin, dass der Entscheid des Unterengadiner Gerichtspräsidenten wegen der laufenden Berufung formell noch nicht rechtskräftig sei.

Kantonsgericht ignoriert

Über diese Feststellung des Kantonsgerichtes setzte sich Zegg aber laut Anklage hinweg. Er legte für die Herausgabe der Gegenstände einen Termin fest, der in die Zeit des offenen Berufungsverfahrens fiel. Gegenüber der Kantonspolizei signalisierte er zudem fälschlicher Weise, der Einsatz sei mit dem Kantonsgericht abgesprochen. Als Folge landete Quadroni während des Polizeieinsatzes in Handschellen.

Das Fazit der Staatsanwaltschaft lautet: Zegg «handelte, um die Rechtsposition von Quadroni in seinem Eheschutzverfahren zu schmälern oder zumindest, um bei ihm Ungemach und massiven Ärger zu verursachen». Die Anklage beantragt, ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 15'600 Franken und einer Busse von 3500 Franken zu bestrafen.

Wie der Anklageschrift zu entnehmen ist, hat der Fall keine Verbindung zu Quadronis Rolle im Kartellskandal, sondern betrifft allein seine ehelichen Probleme. Für Zegg gilt die Unschuldsvermutung. (so/sda)

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Bei einer Verurteilung des Präsidenten des Regionalgerichtes Unterengadin, Orlando Zegg aus Samnaun wäre wohl seine öffentliche Rolle und Funktion als Richter zukünftig nicht mehr tragbar.

Der "hohe Richter" heisst Orlando Zegg, wurde in allen Medien (z.B. Republik, Tagesanzeiger) mit Bild und Namen genannt, ist ein erstinstanzlicher Richter eines kleinen, unbedeutenden, ländlich abgelegenen Regionalgerichtes nahe des Nationalparkes. Nicht nur der Fall des Bündner-Baukartells im Unterengadin geht in die Geschichte ein, sondern auch der Fall des Richters, welcher gemäss Anklage einen unrechtmässig Polizeieinsatz gegen Whistleblower anordnete. Die Staatsanwaltschaft Graubünden erhebt Anklage gegen den Präsidenten des Regionalgerichtes Unterengadin wegen Amtsmissbrauchs. Nun wird offensichtlich der Rechtsstaat Schweiz mit dem vorliegenden Fall mehr als nur in Frage gestellt und in den "Hintern" getreten. Jedenfalls wird sich das Unterengadin über mehrere, kommende Generationen vom Reputationsschaden betreffend "Rechtsstaatlichkeit" kaum mehr erholen können.

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