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Bedingte Geldstrafen für mutmassliche FCZ-Fans nach Angriff auf Zug

Wegen eines Angriffs von 2017 auf einen Extrazug mit YB-Fans sind drei mutmassliche Fans des FC Zürich zu bedingten Geldstrafen verurteilt worden. Einer wurde freigesprochen.

Agentur
sda
24.07.20 - 17:49 Uhr
Blaulicht

Eine Einzelrichterin des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau in Burgdorf BE verurteilte die drei am Freitag zu bedingten Geldstrafen zwischen 12«000 und 16»900 Franken. Die Probezeit beträgt jeweils drei Jahre. Die drei mutmasslichen FCZ-Fans werden Bussen von 2700 bis 4200 Franken zahlen müssen.

Verurteilt wurden sie wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte, Landfriedensbruchs sowie wegen Betretens beziehungsweise Überquerens der Bahngeleise. In einem Fall kommt Widerhandlung gegen das Waffengesetz dazu; dies wegen Tragens einer verbotenen Schlagrute.

Der mit dem Fall beauftragte Staatsanwalt hatte für die vier jungen Männer Freiheitsstrafen zwischen 6 und 10 Monaten sowie Bussen beantragt. Die Freiheitsstrafen sollten in drei Fällen bedingt ausgesprochen werden, im vierten Fall wohl auch, doch stand das nicht so in der Anklageschrift.

Die Verteidiger hatten alle einen vollumfänglichen Freispruch von den Vorwürfen rund um den Angriff verlangt.

«Wie im Krieg»

Der Extrazug mit YB-Fans war am 19. August 2017 unterwegs von Bern nach Zürich-Altstetten. Auf dem Zürcher Letzigrund spielte an diesem Samstagabend YB auswärts gegen den FC Zürich. In Herzogenbuchsee legte der Zug einen geplanten Halt ein.

Wie Zeugen bei Prozessbeginn am Donnerstag vor Gericht sagten, rannten dort auf einmal rund 25 vermummte Männer zum Zug, und ein Teil von ihnen bestieg einen Wagen der Zugspitze. Dort attackierten sie den im Zug mitreisenden YB-Fanverantwortlichen.

Weiter hinten verletzte ein mutmasslicher FCZ-Fan den Zugchef mit einem Stockschlag durch eine halb geöffnete Zugtür. Auch Schottersteine flogen gegen den Zug.

Eine Zugbegleiterin sagte am Donnerstag vor der Burgdorfer Einzelrichterin, sie habe sich angesichts der Szenen gefühlt wie in einem Krieg. Der Lokführer gab zu Protokoll, er erinnere sich vor allem an das Überfallartige der Szene.

«Es war für die Personen, die das erleben mussten, schlimm»: So fasste die Szenen am Freitag bei der Urteilseröffnung Einzelrichterin Nicole Fankhauser zusammen. Nur wegen der Geistesgegenwart des SBB-Zugchefs, der sofort den Befehl zum Abfahren gab, sei die Konfrontation relativ glimpflich ausgegangen.

«Unverkennbare Übereinstimmungen»

Den Worten der Richterin zufolge ging aus dem Vergleich von Fotos, die ein Passagier in Herzogenbuchsee aus dem Fanzug schoss, und Bilder von Videokameras von der Autobahnraststätte Kölliken AG klar hervor, dass die drei Verurteilten am Überfall beteiligt waren.

Beispielsweise erkannte Fankhauser laut ihren Worten einen der Angeklagten unter anderem an dessen Ohrring. Die Richterin sprach von «unverkennbaren Übereinstimmungen».

Rund eine halbe Stunde nach dem Überfall versammelten sich nämlich mutmassliche FCZ-Fans auf der Autobahnraststätte Kölliken und wurden von den dortigen Videokameras erfasst. Die Stadtpolizei Zürich identifizierte anhand dieser Bilder mehrere Personen und sandte ihre Erkenntnisse der Berner Justiz.

Anderseits wurde einer der Angeklagten freigesprochen, weil er auffällige Tätowierungen an Armen und Händen trägt. Diese waren auf den Bildern, die laut Polizei ihn zeigten, nicht zu sehen. Die Verteidiger hatten geltend gemacht, es gebe keine übereinstimmenden Merkmale auf den Fotos und den Videobildern.

Vermummung bleibt straffrei

Der mit dem Fall beauftragte Berner Staatsanwalt wollte die vier Angeklagten auch wegen eines Verstosses gegen das Vermummungsverbot zur Rechenschaft ziehen. Laut den Zeugenaussagen waren die Angreifer vermummt oder maskiert.

Wie Richterin Fankhauser sagte, konnte sie die vier Angeklagten aber deswegen nicht verurteilen. Das Gesetz stelle ein Vermummungsverbot nur bei bewilligungspflichtigen Veranstaltungen unter Strafe, und darum habe es sich ja beim Angriff auf den YB-Fanzug nicht gehandelt.

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