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Brandstiftungs-Prozess: Berner Ex-DJ bestreitet jegliche Schuld

Das Berner Obergericht befasst sich seit Dienstag mit einem ex-DJ, der wegen Brandstiftung und versuchten Betrugs erstinstanzlich schuldig gesprochen wurde. Die Verteidigung beantragt Freispruch, die Staatsanwaltschaft eine Bestätigung der letzten Verurteilung.

Agentur
sda
03.07.18 - 18:33 Uhr
Blaulicht
Gerichtssaal des Berner Obergerichts: Am Freitag wird hier das Urteil im Brandstiftungs-Prozess um einen Berner DJ verkündet.
Gerichtssaal des Berner Obergerichts: Am Freitag wird hier das Urteil im Brandstiftungs-Prozess um einen Berner DJ verkündet.
Keystone/PETER KLAUNZER

Der Mann aus der Region Bern wurde von der Vorinstanz zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Das Regionalgericht Bern-Mittelland sah es Ende 2016 als erwiesen an, dass der Hauptangeklagte den Brand in einer Ostermundiger Lagerhalle 2012 in Auftrag gegeben hatte.

So zügelte er kurz vor dem Brand seine 13«000 Stück grosse Plattensammlung in die Lagerhalle und versicherte diese auf 200»000 Franken. Wenige Stunden vor dem Brand erkundigte er sich laut Gericht bei der Versicherung, ob die Plattensammlung nun im Falle eines Schadens auch wirklich gedeckt sei. Weiter zeigten die Untersuchungen zum Brand, dass dieser genau im Bereich der Plattensammlung ausgelöst worden war.

Dieser offensichtliche Zusammenhang spricht laut Verteidigerin gegen den ehemaligen DJ als Täter, wie sie am Dienstag vor dem Obergericht geltend machte. Jedes Kind wisse, dass Brandbeschleuniger einfach nachzuweisen sei.

Deshalb wäre kein Mensch so dumm, eine Tat nach einem solchen Drehbuch zu vollführen, sagte die Verteidigerin. Der Ex-DJ bestritt zudem, sich im Vorfeld bei der Versicherung erkundigt zu haben.

Ex-DJ: «200'000 lohnten sich nicht»

Die Vorinstanz sah 2016 auch das Motiv als gegeben an: finanzielle Probleme. Auch dies bestritt der Ex-DJ am Dienstag. «Ich befand mich in meiner Blütezeit als DJ», sagte der Angeschuldigte. Es hätte sich nicht gelohnt die Platten in die Luft zu jagen, denn 200'000 Franken seien für ihn dazumal eine kleine Summe gewesen.

Die Verteidigerin stützte seine Aussagen mit eigenen Berechnungen. Im Vergleich zum vorinstanzlichen Gericht rechnet sie mit einem doppelt so hohen monatlichen Einkommen ihres Klienten. Auch die berechneten Schulden von 190'000 Franken seien um einige zehntausend Franken tiefer gewesen, legte sie dar. Diese Zahlen sollen ein Tatmotiv des Angeklagten ausschliessen.

Dagegen kann sich die Verteidigern vorstellen, dass beispielsweise der Lagerhallenbesitzer den Brand beauftragt hatte.

Anschuldigung: «klaffendes finanzielles Loch»

Anders sieht es die Staatsanwaltschaft. Diese spricht von einem «klaffenden finanziellen Loch in der Kasse». Der ehemalige DJ habe über seine Verhältnisse gelebt. Der Prozess gegen den Lagerhallenbesitzer sei zudem schon vor längerem wegen fehlendem Motiv eingestellt worden.

Die Brandstiftung ausgeführt haben laut Gericht ein ehemals befreundeter Angestellter des Ex-DJs sowie dessen Cousin. Diese zwei gaben an, mit dem Brand beauftragt worden zu sein, diesen aber letztlich versehentlich ausgelöst zu haben.

Der ehemalige Angestellte wurde 2016 zu einer 42-monatigen Gefängnisstrafe sowie einer teilbedingten Geldstrafe verurteilt. Auch er zog das Urteil weiter und sagte am Dienstag vor dem Obergericht aus. Sein jüngerer Cousin akzeptierte die Verurteilung zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 24 Monaten.

Der ehemalige Angestellte arbeitete als Sicherheitsmann und Fitnesstrainer für den Ex-DJ. Er beschuldigte den ehemaligen DJ am Dienstag erneut als Auftraggeber, gab aber gleichermassen zu, als Chauffeur bei der Brandlegung geholfen zu haben.

Der Ex-DJ wiederum bezichtigte seinen ehemaligen Freund der Lüge. «Er war nur neidisch und wollte ein Leben wie meines», sagte der Ex-DJ.

Strafmildernd könnte sich die Reue auswirken, die der ehemalige Angestellte vor Obergericht zeigte. «Ich bin bereit, meine Fehler zu korrigieren. Ich war damals naiv und dumm, bin jetzt aber reifer», sagte er. Sein Verteidiger beantragte, die Freiheitsstrafe auf 25 Monate zu reduzieren.

Da der Mann nur über eine vorübergehende Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz verfügt, muss er bei einem harten Urteil mit einer Ausschaffung rechnen.

Wie in der italienischen Oper

Den Staatsanwalt Christoph Scheurer erinnerte den Fall an eine Satire von Molière oder an eine klassische italienische Oper. Der ehemals erfolgreiche DJ spielt darin die Hauptrolle und benutzt seine zwei Spiessgesellen als Handlanger. «Zusammen bilden sie ein trio infernal», sagte Scheurer. Er beantragte, die Verurteilung der Vorinstanz zu bestätigen.

Sowohl der Ex-DJ als auch der ehemalige Angestellte sitzen auch wegen weiterer Delikte auf der Anklagebank - der Ex-DJ unter anderem wegen versuchten Betrugs und Anstiftung zu falschem Zeugnis, der ehemalige Angestellte etwa wegen Erpressung und Drohung.

Das Urteil fällt das Berner Obergericht am Freitag (6. Juli).

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