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Linthgebiet war Drehscheibe des ausgehobenen Drogenrings

Der St. Galler Kantonspolizei glückt ein Coup gegen den Heroin-Grosshandel in der Schweiz. Sie stellt in einer koordinierten Aktion über 15 Kilogramm Heroin sicher und verhaftet sechs Grossdealer – darunter die zwei Drahtzieher: ein serbisches Brüderpaar, das die Drogen vom Linthgebiet aus in die ganze Schweiz verteilte.

Südostschweiz
28.02.18 - 04:30 Uhr
Blaulicht

Nach monatelangen Ermittlungen schlug die St. Galler Kantonspolizei Mitte Februar zu: Sie verhaftete einen 43-jährigen Serben und dessen 35-jährigen Bruder – beide wohnen im Linthgebiet und belieferten von hier aus zahlreiche Grossabnehmer im ganzen Land mit Heroin.

Die Drahtzieher bezogen die Drogen jeweils aus Albanien: Internationale Kuriere schmuggelten grosse Mengen über die Grenzen – gut versteckt in Privatautos. Dann lieferten sie die Ware direkt im Linthgebiet ab. «Die Kuriere kamen mehrmals, in unterschiedlicher ‘Besetzung’», weiss Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der St. Galler Kantonspolizei.

In der Region nutzte das serbische Brüderpaar mehrere Standorte, um die Drogen zwischenzulagern. Wo genau, hält die Polizei geheim. Darunter waren Häuser, Wohnungen, Kellerabteile – als Hauptlager diente ein Firmengebäude. Von dort aus koordinierten die Serben den schweizweiten Heroin-Handel.

Heroin im Wert von einer Million

Ob in der West-, Zentral-, Nord- oder Ostschweiz: In allen Landesteilen belieferten sie Grossabnehmer. Nach einem solchen Deal klickten die Handschellen. Der 43-jährige Serbe hatte zwei Grosskunden – Albaner im Alter von 25 und 26 Jahren – im Kanton Genf mit Heroin versorgt. Kurz darauf wurden alle drei verhaftet. Ebenso festgenommen wurde der jüngere Bruder des Serben, der zweite Drahtzieher des Drogenrings.

Danach durchsuchten die Polizisten die Wohnungen und Lagerstätten der Drogenbosse – mit Erfolg: Die Beamten entdeckten an mehreren Standorten in den Kantonen St. Gallen, Schwyz und Zürich insgesamt 13,5 Kilogramm Heroin. Die Drogen haben einen Schwarzmarktwert von über einer Million Franken. Zudem konfiszierte die Polizei einige Tausend Franken Bargeld.

Schlag gegen regionalen Handel

Damit nicht genug: Das Linthgebiet und der Raum Walensee waren ebenso Dreh- und Angelpunkt für den regionalen Heroin-Handel. So belieferte der ältere der beiden Drogenbosse auch mittelgrosse und kleinere Dealer im Gebiet zwischen Walen- und Zürichsee. Wobei «kleinere» relativ anzusehen ist: Meist ging es um mehrere Pakete im 100-Gramm-Bereich, die den Besitzer wechselten.

Vergangene Woche glückte der Polizei auch hier der entscheidende Zugriff. Sie stellte zwei Albaner im Alter von 24 und 26 Jahren, als sie 90 Gramm Heroin auslieferten. Beide wurden verhaftet.

In der Folge hob die Polizei auch Standorte des regionalen Handels aus – und wurde ebenso fündig: «In den verschiedenen Unterkünften konnten wir nochmals mehrere Kilogramm Heroin sowie Streckmittel und Bargeld sicherstellen», ergänzt Kapo-Sprecher Krüsi. Wie viel davon reines Heroin sei und wie viel Streckmittel, werde noch untersucht.

Das erklärte Ziel waren die Bosse

Dass letztlich so «dicke Fische» wie die beiden serbischen Drahtzieher aus dem Linthgebiet im Netz zappeln, ist auch für die Polizei nicht alltäglich: «Solch grosse Fälle von nationaler Ausstrahlung sind sehr selten», sagt Krüsi. Möglich machte den bedeutenden Fang die akribische Polizeiarbeit über Monate – sowie die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft, anderen Kantonal-Korps und dem Bundesamt für Polizei.

Wochenlang hatten die Beamten diverse Kleinkonsumenten abgehört, beschattet, befragt. Immer deutlicher kristallisierte sich heraus, durch welche Hände und über welche Wege das Heroin zum Endkonsumenten gelangte. Immer klarer zeichnete sich ab, wo die zahlreichen Fäden des feinmaschigen Netzes letztlich zusammenliefen.

Erst als genügend Beweise vorlagen, machte die Polizei die Drogenbosse aus dem Linthgebiet dingfest. Eine ganz bewusst gewählte Strategie, wie Krüsi bekräftigt: «Wir hatten es mit Absicht auf die Köpfe der Bande abgesehen.» Zumindest die Vorgehensweise in diesem Fall entkräfte das verbreitete Vorurteil, die Polizei jage nur «kleine Fische».

Grossdealer kommen vor Gericht

Denn für einmal sitzen jetzt zwei bedeutende Drahtzieher eines national tätigen Drogenrings, zwei Grosshändler sowie zwei mittelgrosse Heroindealer hinter Gittern. Alle müssen sich in absehbarer Zeit vor Gericht verantworten.

Trotz des Fahndungserfolgs bleibt Krüsi aber realistisch: «Wir haben zwar einen grossen Ast des Heroinhandels in der Schweiz abgesägt. Aber man darf sich keine Illusionen machen – dieser Baum hat noch viele Äste.»

Wie ein Versandhaus
Drogenhandel funktioniert – lapidar erklärt – ähnlich wie der Lieferweg eines grossen Versandhauses. Das Produkt wird in einem fernen Land hergestellt, dann an Zentralstellen oder Hauptfilialen in bestimmte Länder geliefert. Diese bedienen Kleinfilialen, wo der Konsument das Produkt einkauft. Wie teils im Versand treiben die Zwischenhändler jeweils den Preis in die Höhe – und verdienen so mit. Im Fall der Drogendealer erfolgt das auch durch Strecken des Reinprodukts. (rol)

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