Weg von der Abwanderung – hin zum Wachstum
An seinem Strategietag vom 9. November bekräftigte der Kleine Landrat (KL), auf Basis einer Wohnraumanalyse eine nachhaltige Wohnraumstrategie mit zugehörigen Massnahmen zu erarbeiten. Dies nicht zuletzt, weil sich die Wohnraumsituation in den letzten Jahren zunehmend verschärft.
An seinem Strategietag vom 9. November bekräftigte der Kleine Landrat (KL), auf Basis einer Wohnraumanalyse eine nachhaltige Wohnraumstrategie mit zugehörigen Massnahmen zu erarbeiten. Dies nicht zuletzt, weil sich die Wohnraumsituation in den letzten Jahren zunehmend verschärft.

Politische Vorstösse zur Wohnraumproblematik
Auf politischer Ebene führte diese Entwicklung zu diversen Vorstössen. Aus dem Parlament sind drei Vorstösse formuliert worden: eine Interpellation zur Entwicklung des Mietwohnungsmarkts in der Gemeinde Davos vom März, ein Postulat zur Altersstrategie für die Gemeinde Davos vom April sowie ein weiteres Postulat zur Wohnattraktivität der Gemeinde Davos vom Juni. Zudem ist aus der Bevölkerung bereits im Januar 2021 eine Petition «Für Familien- statt Zweitwohnungen» eingegangen.
Schaffung von genügend geeignetem und wirtschaftlich tragbarem Wohnraum
Der KL beabsichtigt, der Verschärfung der Wohnraumsituation entgegenzutreten, und hat an seiner Strategiesitzung vom 9. November erste Weichen gestellt. Ziel der in Erarbeitung befindlichen Wohnraumstrategie wird es sein, genügend Wohnraum zu schaffen, um eine Trendwende weg von einer Abwanderung hin zu einer angestrebten Bevölkerungszunahme zu erreichen. Dazu braucht es nicht nur genügend, sondern auch geeigneten und wirtschaftlich trag- baren Wohnraum, insbesondere für Familien, junge Personen in Ausbildung, Senioren und Seniorinnen sowie saisonale Fachkräfte. Dabei befürchtet man mitnichten, dass aus diesen Massnahemen dereinst ein Überbestand an Wohnraum entstehen könnte. «Die Anzahl Beschäftige nimmt in den letzten Jahren stets zu», kommentiert Landammann Philipp Wilhelm auf Nachfrage. «Auch perspektivisch entstehen etwa am Forschungsplatz weitere Arbeitsplätze.» Da bestehe ein enormes Potenzial für zusätzliche Bevölkerung, fährt er fort. «Dementsprechend rechnen wir nicht mit einem Überbestand. Im Gegenteil, wenn wir den Trend der Abwanderung stoppen wollen und sogar ein leichtes Wachstum erzielen wollen, brauchen wir in den kommenden Jahren deutlich mehr Erstwohnungen.»

Aus der erarbeiteten Wohnraumanalyse geht hervor, dass immer mehr Personen nach Davos zupendeln. Aktuell sind es rund 1200 Personen, die nach Davos gelangen, um einer Arbeit nachzugehen. Umgekehrt arbeiten rund 600 Personen auswärts, also gerade mal die Hälfte. Die regelmässigen Zu- und Wegpendelbewegungen können wie folgt dargestellt werden: Nachdem im Jahr 2014 rund 350 Personen mit Wohnsitz ausserhalb der Gemeindegrenzen netto nach Davos zur Arbeit kamen (das heisst 1044 zupendelnde minus 701 von Davos wegpendelnde Personen), war im Jahr 2018 bereits eine Steigerung von 70 Prozent auf 600 Personen festzustellen. Parallel zu dieser Entwicklung ist für die Gemeinde Davos ein Bevölkerungsrückgang trotz zunehmender Anzahl Arbeitsplätze und Beschäftigtenzahl zu beobachten. Eine rekordtiefe Leerwohnungsziffer und Rückmeldungen aus der Bevölkerung zeigen an, dass die Wohnraumsituation sehr angespannt ist.
Mobilisierung von Bauparzellen
Der KL diskutierte verschiedene Strategieelemente, welche unter anderem auch vom Leitfaden des Bundes über «Attraktives Wohnen in Berggebieten» empfohlen werden. Er konnte dabei eine engere Auswahl derjenigen Elemente zusammenstellen, die am treffendsten auf die Davoser Situation zugeschnitten sind. Dazu gehören unter anderem die Mobilisierung von gemeindeeigenen Bauparzellen in den kommenden Jahren, eine zielgerichtete Verwendung der bestehenden Mittel des Fonds zur Förderung von Erstwohnen und Gewerberaum oder Massnahmen in der anstehenden Raumplanungsrevision wie Anreize zu einer besseren Ausnützung von Grundstücken zur Schaffung von Erstwohnraum. In einer nächsten Phase wird die Strategie anhand der festgelegten Stossrichtungen konkretisiert. Bereits im ersten Quartal des kommenden Jahres soll die Wohnraumstrategie finalisiert und die Umsetzung einzelner Massnahmen initialisiert werden.
Rasche und konkrete Massnahmen in der Färbi
Parallel zur Strategiearbeit nimmt der KL auch konkrete Projekte an die Hand. Ein Beispiel ist das bislang nicht überbaute, aber in der Bauzone liegende Areal Färbi beim Spital. Dieses wurde im Entwurf zum Kommunalen räumlichen Leitbild als Entwicklungsgebiet definiert, das mit hochwertiger Wohnnutzung in erhöhter Dichte und mit einem angemessenen Anteil von bezahlbarem Wohnraum entwickelt werden soll. Eine derartige Innenentwicklung ist zwingende Vorgabe aus der Raumplanung des Bundes. Aufgrund einer Voranfrage für eine in der aktuellen Zone konforme Überbauung hat die Gemeinde interveniert und die Grundeigentümerin angehalten, eine verdichtete Bebauung nach den Zielen des Kommunalen räumlichen Leitbilds anzustreben. Mit einer Volumenstudie soll aufgezeigt werden, wie eine für die umliegende Siedlung verträgliche Dichte erzielt werden kann. Das neue Quartier soll sorgfältig an das kleinmassstäbliche Färbiquartier anschliessen und einen ansprechenden Übergang zum grossmassstäblicheren Spitalquartier und zur Hauptstrasse herstellen. «In der heutigen Zone wären nur Ein- beziehungsweise Zweifamilienhäuser mit einer sehr tiefen Ausnützung denkbar», konkretisiert Wilhelm. Für eine solche Überbauung habe die Eigentümerin Vorabklärungen gemacht. Die Intervention der Gemeinde sei erfolgt, weil das Gebiet als Areal definiert worden sei, das geeignet ist in etwas dichterer, aber noch immer siedlungsverträglicher Bauweise dafür zu sorgen, dass dort eben mehr und auch wirtschaftlich tragbarer Wohnraum für Einheimische entstehe. Angestrebt wird dabei gemäss Wilhelm eine Ausnützung von etwa 1. Gegenwärtig liegt das Gebiet in der Ortsrandzone 1, wo die Ausnutzungsziffer lediglich 0,45 beträgt.

Ausschliesslich Erstwohnungen und Wohnraum in Kostenmiete
Die Gemeinde strebt also eine für die Siedlung verträgliche Aufzonung an. Der damit zusätzlich geschaffene Wohnraum soll den Zielen der Wohnraumstrategie dienen und dazu beitragen, in Davos geeigneten und für alle wirtschaftlich tragbaren Wohnraum zu schaffen. Sämtliche Wohnungen auf dem Areal sind Erstwohnungen. Zwei Drittel der zusätzlichen Ausnützungsfläche soll dauerhaft in Mietwohnungen realisiert werden und davon die Hälfte zur Kostenmiete bereitgestellt werden. Mit der Eigentümerin werden diese Grundsätze in einer Planungsvereinbarung festgehalten. Dort verankert ist auch, dass ein familienfreundliches Quartier für Einheimische im Vordergrund steht, welches auch für die ältere Bevölkerung sowie für Davoser Fachkräfte Wohnraum bieten soll.
Dass es der KL eilig hat, zeigt sich am Umstand, dass die Grundlagen für eine Teilrevision der Ortsplanung bereits in kantonaler Vorprüfung sind. Ziel ist es, in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres über die Teilrevision abzustimmen, um danach rasch den dringend erwünschten Wohnraum zu schaffen, welcher sich am Grundsatz der Wohnraumstrategie – zur Schaffung von genügend geeigneten und wirtschaftlich tragbarem Wohnraum – orientieren wird.
Was ist Kostenmiete?
Bei einer Kostenmiete geht es darum, mit der Miete lediglich die von Haus verursachten Kosten zu decken, nicht aber Gewinn zu erwirtschaften.
Miteinberechnet werden dabei normalerweise die fünf Faktoren Unterhaltskosten, Betriebskosten, Einlagen in den Erneuerungsfonds, Kapitalzinsen und Abschreibungen.
Diese Kosten können je nach Alter des Hauses, der Höhe des Kaufpreises oder der Baukosten unterschiedlich sein. Ausserdem können sie sich im Laufe der Zeit verändern. Dann etwa, wenn Hypothekarzinsen höher werden.