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Israel stimmt Feuerpause im Gegenzug für Freilassung von Geiseln zu

Israels Regierung hat eine mehrtägige Feuerpause im Gaza-Krieg im Gegenzug für die Freilassung israelischer Geiseln bejaht. Das Kabinett billigte die Vereinbarung in der Nacht auf Mittwoch.

Agentur
sda
22.11.23 - 03:12 Uhr
Politik
Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, nimmt an einer Pressekonferenz in der Militärbasis Kirya teil. Foto: Abir Sultan/Pool European Pressphoto Agency/AP/dpa
Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, nimmt an einer Pressekonferenz in der Militärbasis Kirya teil. Foto: Abir Sultan/Pool European Pressphoto Agency/AP/dpa
Keystone/Pool European Pressphoto Agency/AP/Abir Sultan

Dem israelischen Regierungssprecher zufolge sollen mindestens 50 Frauen und Kinder, die in den Gazastreifen entführt worden waren, im Gegenzug für eine viertägige Feuerpause freigelassen werden. Israelischen Medien zufolge soll es sich um 30 Kinder, acht Mütter sowie zwölf ältere Frauen handeln. Ob darunter auch Israelis mit Zweitpass sind, war zunächst unklar. Informationen der «Times of Israel» zufolge sollen die Geiseln in die jeweilige Stadt oder Ortschaft zurückkehren, «in der sie vor ihrer Inhaftierung lebten, einschliesslich im Westjordanland und in Ost-Jerusalem».

Die Hamas hatte zuvor mitgeteilt, ihre Zustimmung an die Vermittler in Ägypten und Katar übermittelt zu haben. Das Abkommen sieht den Medienberichten zufolge vor, dass weitere Hilfsgüter, darunter Treibstoff, in den Gazastreifen gebracht werden. Nach Angaben des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu soll das Rote Kreuz zudem Zugang zu den restlichen Geiseln bekommen.

Nach Angaben eines Regierungssprechers können Angehörige von Terroropfern innerhalb von 24 Stunden Einspruch beim Obersten Gericht gegen die Freilassung von Häftlingen einreichen. Es wird nicht erwartet, dass das Oberste Gericht gegen die Entscheidung der Regierung vorgehen wird. Medienberichten zufolge sollen keine Häftlinge freigelassen werden, die wegen Mordes verurteilt wurden. Das Parlament muss der Vereinbarung nach Angaben des Regierungssprechers nicht zustimmen.

In Israel wird erwartet, dass die schrittweise Freilassung der 50 Geiseln bereits am Donnerstag beginnen könnte. An jedem Tag der Kampfpause sollen demnach zwischen 10 und 13 Geiseln frei kommen. Über sechs Stunden täglich soll zudem die Luftüberwachung des Militärs über dem Gazastreifen eingestellt werden.

Der Fernsehsender Channel 12 berichtete, israelische Krankenhäuser seien auf die Ankunft der Entführten vorbereitet worden. Sie sollen demnach aus dem Gazastreifen über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten und von dort mit Hubschraubern nach Israel gebracht werden.

Die Vereinbarung soll auch eine mögliche Verlängerung der Feuerpause vorsehen. Pro Tag müsste die Hamas dann jeweils zehn weitere Geiseln freilassen. Israel geht davon aus, dass so insgesamt 80 Geiseln freikommen könnten. Regierungschef Netanjahu betonte jedoch, dass der Krieg auch nach der Umsetzung des Abkommens fortgeführt werde, «bis wir alle unsere Ziele erreicht haben».

Terroristen der Hamas und anderer Gruppierungen hatten vor rund sechs Wochen im Süden von Israel beispiellose Massaker verübt, rund 1200 Menschen getötet und die etwa 240 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israels Militär flog als Reaktion darauf zahlreiche Luftangriffe auf den Gazastreifen und rückte mit Bodentruppen in die abgeriegelte Region ein.

Mehr als 13 000 Menschen wurden seither nach Angaben der Hamas im Gazastreifen getötet. Den Vereinten Nationen zufolge wurden 1,7 Millionen Menschen durch die militärische Eskalation vertrieben. Wegen der zivilen Opfer wächst international die Kritik am israelischen Vorgehen. Israels Militär wirft der Hamas wiederum vor, Wohngebiete und Krankenhäuser für militärische Zwecke und Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

Vier weibliche Geiseln wurden seit Kriegsbeginn bislang von der Hamas freigelassen. Eine junge Soldatin konnte vom Militär befreit werden. Die Armee fand zudem die Leichen zweier Frauen. Unter den Entführten sind zahlreiche Ausländer oder Doppelstaatsbürger, darunter mehrere Deutsche. Wie viele noch am Leben sind, ist unklar.

Israel hatte bereits im Jahr 2011 einen Gefangenenaustausch mit der Hamas vereinbart. Damals kam der israelische Soldat Gilad Schalit nach fünf Jahren in Hamas-Gefangenschaft im Tausch gegen mehr als 1000 in Israel inhaftierte Palästinenser frei. Unter den freigelassenen Häftlingen war auch der heutige Hamas-Chef im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar.

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