Abschied von getöteten Geiseln - Netanjahu schwört Rache
Während Israel bitteren Abschied nimmt von den zuletzt im Gazastreifen getöteten Geiseln, schwört der von Hinterbliebenen kritisierte Regierungschef Benjamin Netanjahu Vergeltung. Er kündigte an, die Hamas werde einen «sehr hohen Preis» für die Ermordung der sechs israelischen Geiseln zahlen, deren Leichen vergangene Woche in einem unterirdischen Tunnel im Süden des Gazastreifens entdeckt worden waren. Das israelische Gesundheitsministerium teilte Medienberichten zufolge mit, die Geiseln seien etwa 48 bis 72 Stunden vor der Autopsie aus nächster Nähe erschossen worden.
Während Israel bitteren Abschied nimmt von den zuletzt im Gazastreifen getöteten Geiseln, schwört der von Hinterbliebenen kritisierte Regierungschef Benjamin Netanjahu Vergeltung. Er kündigte an, die Hamas werde einen «sehr hohen Preis» für die Ermordung der sechs israelischen Geiseln zahlen, deren Leichen vergangene Woche in einem unterirdischen Tunnel im Süden des Gazastreifens entdeckt worden waren. Das israelische Gesundheitsministerium teilte Medienberichten zufolge mit, die Geiseln seien etwa 48 bis 72 Stunden vor der Autopsie aus nächster Nähe erschossen worden.
«Israel wird dieses Massaker nicht durchgehen lassen», sagte Netanjahu bei einer Pressekonferenz am Abend. Er habe sich bei den Familien der Toten entschuldigt, «dass es uns nicht gelungen ist, sie lebendig zurückzubringen». Er selbst steht massiv in der Kritik, weil Angehörige der Geiseln ihm vorwerfen, den Tod der Entführten durch seine kompromisslose Haltung in den Verhandlungen mit der islamistischen Terrororganisation Hamas billigend in Kauf genommen zu haben.
Auf seiner Pressekonferenz beharrte Netanjahu nun einmal mehr darauf, dass Israels Militär die Kontrolle über den sogenannten Philadelphi-Korridor behalten müsse, einen etwa 14 Kilometer langen Streifen an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten. «Wir werden den Philadelphi-Korridor nicht aufgeben», bekräftigte er. Dies sei eine strategische und politische Notwendigkeit für Israel.
«Dieser Typ hat jetzt alles mit einer Rede torpediert»
Ein Verbleib israelischer Truppen in dem Gebiet dürfte ein Abkommen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und eine Freilassung der Geiseln, die sich noch in der Gewalt der islamistischen Hamas befinden, allerdings äusserst schwierig machen. Sowohl die Hamas als auch Ägypten verlangen, dass Israel seine Soldaten zurückzieht. Ägypten vermittelt gemeinsam mit den USA und Katar zwischen Israel und der Hamas, die aus Prinzip nicht direkt miteinander verhandeln.
Die Vermittlungsgespräche seien auch nach dem Fund der sechs Leichen telefonisch weitergeführt worden, sagte ein an den Verhandlungen beteiligter US-Regierungsvertreter dem Sender CNN. Netanjahus Pressekonferenz habe die Bemühungen aber quasi zunichtegemacht: «Dieser Typ hat jetzt alles mit einer Rede torpediert», wurde der Regierungsvertreter zitiert.
Auch US-Präsident Joe Biden, der weiterhin auf einen Geisel-Deal hofft, kritisierte Netanjahu. Auf die Frage, ob der israelische Ministerpräsident genug tue, um ein Abkommen zu erreichen, entgegnete Biden bei einem Auftritt in Washington: «Nein.» Gleichwohl sei man einer finalen Vereinbarung zur Freilassung der restlichen Geiseln aus der Hand der Hamas «sehr nah». Dazu befragt, was ihn nach den vielen erfolglosen Anläufen für einen Deal zu dieser Einschätzung bringe, antwortete Biden, die Hoffnung sterbe zuletzt.
Staatspräsident bittet um Vergebung
Bei der Beisetzung der getöteten Geisel Hersh Goldberg-Polin sprach auf Einladung der Familie Israels Präsident Izchak Herzog. Auch er bat in seiner Trauerrede um Vergebung, «dass es uns nicht gelungen ist, euren Hersh lebendig zurückzubringen». Israels Entscheidungsträger stünden nun vor einer dringenden Aufgabe, sagte Herzog: «Die zu retten, die noch gerettet werden können.»
Kämpfer der islamistischen Hamas hatten den US-Israeli Goldberg-Polin am 7. Oktober 2023 vom Nova-Musikfestival in den Gazastreifen verschleppt. Er wurde nur 23 Jahre alt.
Neue Anordnungen für Geisel-Bewacher
Ein Sprecher der Al-Kassam-Brigaden, des bewaffneten Flügels der Hamas, sprach am Abend von «neuen Anordnungen» an die Bewacher israelischer Geiseln im Gazastreifen für den Fall, dass sich israelische Truppen deren Versteck nähern sollten. Dass die israelische Regierung die Geiseln offenkundig durch militärischen Druck statt durch Abschluss eines Abkommens befreien wolle, werde zur Folge haben, «dass sie in Särgen zu ihren Familien zurückkehren».
Geisel-Video veröffentlicht
Die Hamas veröffentlichte ein Propaganda-Video, auf dem die Entführte Eden Jeruschalmi noch lebend zu sehen ist, bevor das israelische Militär ihre Leiche vorige Woche in einem Tunnel im Gazastreifen entdeckte. Die Familie der 24-Jährigen erklärte sich laut der Zeitung «Times of Israel» damit einverstanden, eine kurze Sequenz des Videos weiterzuverbreiten. Darin sagt die junge Frau laut Übersetzung: «Eine Botschaft an meine Familie, die ich liebe: Ich vermisse euch, Vater, Mutter, Schwester Shani und May. Ich vermisse und liebe euch alle so sehr.» In ähnlichen Fällen hat Israel der Hamas psychologische Kriegsführung vorgeworfen.
Demonstrationen für Geisel-Abkommen
Bei Demonstrationen in mehreren Teilen Israels forderten Tausende Menschen ein Abkommen über die Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. Auch in der Nähe von Netanjahus Wohnhaus kam es wenige Stunden nach der Beerdigung einer getöteten Geisel zu Protesten mit mehreren tausend Teilnehmern. «Eure Entscheidungen führen zu ihrem Tod», zitierten israelische Medien aus der Rede eines Mannes, dessen Bruder noch immer in der Gewalt der Hamas ist. Auch für Dienstag gibt es neue Demonstrationsaufrufe.
Tagsüber hatten bereits die Beschäftigten vieler Organisationen und Behörden gestreikt - aus Protest gegen den schleppenden Verlauf der Verhandlungen über die Freilassung der noch immer gut 100 im Gazastreifen vermuteten Geiseln, bei denen unklar ist, wie viele von ihnen überhaupt noch leben. Viele Städte und Gemeinden schlossen sich dem Protest an, andere verweigerten dies, weil sie eher der Regierung nahestehen. Ein Arbeitsgericht ordnete am Montagmittag schliesslich ein vorzeitiges Ende des Streiks an, weil dieser politisch motiviert sei.