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Ständerat winkt globale Mindeststeuer ohne Begeisterung durch

Die Schweiz soll sich der globalen Mindeststeuer von 15 Prozent für internationale Konzerne anschliessen. Die kleine Kammer hat am Mittwoch als Erstrat der für die Umsetzung nötigen Verfassungsänderung deutlich zugestimmt. Trotzdem sind die meisten wenig begeistert.

Agentur
sda
28.09.22 - 11:22 Uhr
Politik
Ständerat Benedikt Würth (Mitte/SG) bezeichnete die Umsetzung der OECD-Steuerreform in der Schweiz als "reine Pflichtübung". Ohne Begeisterung winkte die kleine Kammer die Verfassungsänderung schliesslich durch. (Archivbild)
Ständerat Benedikt Würth (Mitte/SG) bezeichnete die Umsetzung der OECD-Steuerreform in der Schweiz als "reine Pflichtübung". Ohne Begeisterung winkte die kleine Kammer die Verfassungsänderung schliesslich durch. (Archivbild)
KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE

Mit 44 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung nahm der Ständerat den entsprechenden Bundesbeschluss in der Gesamtabstimmung an. Als nächstes ist der Nationalrat am Zug.

Im Zentrum der OECD/G20-Steuerreform steht eine Mindestbesteuerung von 15 Prozent für alle Unternehmen mit einem Umsatz über 750 Millionen Euro im Jahr. Betroffen von der Reform sind laut dem Bundesrat in der Schweiz rund 2000 Unternehmen. Nicht unter die neue Regelung fallen 600'000 rein national tätige KMU.

Der Bundesrat will die neuen Regeln mit einer Ergänzungssteuer umsetzen. Dazu braucht es eine Verfassungsänderung, über die Volk und Stände voraussichtlich im Frühsommer 2023 abstimmen werden. Auf dieser Verfassungsbasis soll ab 2024 die OECD-Steuerreform in der Schweiz umgesetzt werden - zunächst befristet auf dem Verordnungsweg, später mit einem ordentlichen Gesetz.

«Reine Pflichtübung»

«Es geht um Rechtssicherheit für die betroffenen Firmen und die Sicherheit der Schweiz, dass kein Steuersubstrat abfliesst», sagte Alex Kuprecht (SVP/SZ), Präsident der vorberatenden Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S). Zwar sei die Schweiz weder politisch noch juristisch verpflichtet, die Regeln zu übernehmen. Tue sie es nicht, würden die Steuern aber in einen anderen Staat abfliessen. Finanzminister Ueli Maurer sprach von einer «Kampfansage an Tiefsteuerländer wie die Schweiz».

Benedikt Würth (Mitte/SG) bezeichnete die Reform als «reine Pflichtübung, die keine Freude macht». Es sei erstaunlich, dass eine von aussen aufgedrückte Reform, die die grösste Steuererhöhung in der Schweiz seit Jahren zur Folge habe, so wenig Gegenwehr verursache, bemerkte Pirmin Bischof (Mitte/SO). Jedoch gebe es einen einfachen Grund dafür: Es gebe keine Alternative.

Die konkreten Auswirkungen der Reform auf die einzelnen Kantone sind noch schwer abzuschätzen. Klar ist, dass Hochsteuerkantone im Vergleich zu Niedersteuerkantonen attraktiver werden. Für Kantone mit heute tiefen Steuersätzen und grossen Unternehmen werden Mehreinnahmen entstehen.

Drei Viertel der Einnahmen an Kantone

Der Ständerat ist wie der Bundesrat der Meinung, dass die Mehreinnahmen zu drei Vierteln bei den betroffenen Kantonen zu belassen sind, damit diese Massnahmen zur Erhaltung ihrer Standortattraktivität ergreifen können. Der Bund erhielte dann den restlichen Viertel der zu erwartenden Mehreinnahmen.

Eva Herzog (SP/BS) plädierte dafür, diesem Kompromiss der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren zuzustimmen, auch wenn ihr Kanton ursprünglich gerne über die gesamten Mehreinnahmen verfügt hätte. Die Kantone könnten das Geld am besten gezielt einsetzen, hielt Erich Ettlin (Mitte/OW) fest. Deshalb sei es sinnvoll, das Gros der Mehreinnahmen dort zu belassen.

Der St. Galler SP-Vertreter Paul Rechsteiner empfahl dagegen, den Kantonen nur einen Anteil von 21,2 Prozent zukommen zu lassen. Er befürchte, dass die Reform die steuerliche Disparität zwischen den Kantonen verstärken werde. Mit dem höheren Bundesanteil könnten mehr Kantone von den Mehreinnahmen profitieren.

Verteilkämpfe stehen noch bevor

Der Bundesrat sah ursprünglich vor, die ganzen Mehreinnahmen den Kantonen zu belassen. Das letzte Wort zum Verteilschlüssel dürfte noch nicht gesprochen sein. Unklar ist insbesondere, wie gross die Auswirkungen mittel- und langfristig auf den nationalen Finanzausgleich sein werden.

Auch intensiver zu reden geben dürfte, wofür die Mehreinnahmen - auf Bundes- und auf Kantonsebene - verwendet werden sollen. Die Frage wurde im Rahmen der Diskussionen um die Verfassungsänderung nur andiskutiert. Bei der Ablösung der Verordnung durch ein ordentliches Gesetz dürfte sich das ändern. Dieses soll frühestens 2026 in Kraft treten.

Mögliche Massnahmen zur Standortförderung machen bereits die Runde. Links und Rechts haben diesbezüglich unterschiedliche Vorstellungen. Die Bürgerlichen stellen sich die Senkung anderer Steuern und Abgaben vor, etwa bei den Sozialabgaben. SP und Grüne wollen die Mehreinnahmen prioritär für Bildungs-, Gleichstellungs- und Klimamassnahmen einsetzen.

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