×

Selenskyj prangert Terror an

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Kampf seines Landes gegen Russland mit dem Widerstand gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg verglichen.

Agentur
sda
28.10.22 - 16:19 Uhr
Politik
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bestärkt den Willen der Ukrainerinnen und Ukrainer: Auch die zerstörte Infrastruktur hält sie nicht auf, weiter um ihr Land zu kämpfen. Foto: Michael Kappeler/dpa
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bestärkt den Willen der Ukrainerinnen und Ukrainer: Auch die zerstörte Infrastruktur hält sie nicht auf, weiter um ihr Land zu kämpfen. Foto: Michael Kappeler/dpa
Keystone/dpa/Michael Kappeler

Russland verfolge dieselben Ziele wie einst der Nationalsozialismus, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. «Die Form des Bösen hat sich gewandelt, aber das Wesen ist unverändert.»

Selenskyj sagte in seiner Videobotschaft, Russland sei vom Nachbarn zum Aggressor und Terroristen geworden. Immer wieder würden friedliche Städte mit Bomben und Raketen beschossen, sagte der 44-Jährige. Russland vermine und besetze Kraftwerke, stehle Getreide und verschleppe auch Kinder, sagte er in der Nacht zum Freitag.

Selenskyj: Ukraine hat «keine Angst vor der Dunkelheit»

Mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg und den Kampf der Ukrainer gegen die Nazis damals sagte Selenskyj, dass sich das «Böse nach 80 Jahren wieder aus der Asche» erhoben habe. Er beklagte, dass der Aggressor Russland seit Beginn des Krieges 4500 Raketen auf die Ukraine abgeschossen und insgesamt 8000 Luftangriffe geflogen habe. Sein Land werde sich aber nicht brechen lassen, betonte er. Angesichts der Stromabschaltungen wegen zerstörter Energieinfrastruktur meinte er, dunkel sei nicht ein Leben ohne Licht, sondern ohne Freiheit. Auch den harten Winter würden die Ukrainer überstehen. «Wir haben keine Angst vor der Dunkelheit.»

Russen geben mehr Geld für Antidepressiva aus

In Russland werden unterdessen seit Beginn des Jahres deutlich mehr Mittel gegen Depressionen gekauft als im Vorjahr. Bis Ende September seien 8,4 Millionen Packungen Antidepressiva im Wert von fünf Milliarden Rubel (umgerechnet gut 80 Millionen Euro) über den Ladentisch gegangen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf eine Statistik des Zentrums für perspektivische Technologien. Der Anstieg bei den Packungen beläuft sich demnach auf 48 Prozent, bei den Ausgaben sogar auf 70 Prozent. Ob die höheren Verkaufszahlen für Medikamente gegen Depressionen direkt mit dem Ukraine-Krieg zusammenhängen, ist nicht klar.

London: Russland schickt Reservisten zu Truppen nach Cherson

Russland richtet sich in der Ukraine nach Einschätzung britischer Geheimdienste zunehmend auf die Verteidigung seiner Positionen ein. In den vergangenen Wochen hätten russische Truppen in den meisten Frontabschnitten eine langfristig ausgerichtete, defensive Stellung eingenommen, berichtete das Verteidigungsministerium am Freitag. Die stark unterbesetzte, schlecht ausgebildete Truppe in der Ukraine sei derzeit nur zu defensiven Operationen fähig, hiess es im täglichen Bericht der Geheimdienste. Russland habe einige zuletzt extrem schwach besetzte Truppen entlang des Flusses Dnipro offenbar mit jüngst mobilisierten Reservisten aufgestockt, hiess es weiter.

Kadyrow gibt hohe Verluste bei eigener Einheit in Ukraine zu

Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, räumte nach einem Artilleriebeschuss durch ukrainische Truppen hohe Verluste in den eigenen Reihen ein. «Es sind 23 Kämpfer gestorben und 58 verletzt worden», schrieb Kadyrow auf seinem Telegram-Kanal. Ukrainische Quellen hatten Anfang der Woche berichtet, dass eine tschetschenische Einheit im südukrainischen Gebiet Cherson durch Artilleriebeschuss getroffen wurde.

Putin bekräftigt Bereitschaft zu Verhandlungen mit Ukraine

Der russische Präsident Wladimir Putin bekräftigte seine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen. Allerdings habe sich Kiew unter dem Einfluss der USA gegen solche Gespräche entschieden, sagte er am Donnerstag. Putin betonte, dass er den Konflikt auch als Kampf gegen einen «aggressiven Westen» sehe, der versuche, seine Regeln und Werte anderen aufzudrücken. Die «tektonischen Veränderungen» in der Ukraine zeigten, dass die von den USA angestrebte Vormachtstellung in einer monopolaren Welt der Vergangenheit angehöre, meinte der 70-Jährige.

IAEA plant noch diese Woche Inspektionen in der Ukraine

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) will nach den Vorwürfen Russlands, Kiew plane den Einsatz einer «schmutzigen», also atomar versuchten, Bombe, in Kürze eine Beobachtermission in die Ukraine entsenden. Experten sollen auf Bitten Kiews an zwei Standorten Nachprüfungen machen. Putin hatte auch eine solche Mission gefordert.

Die russische Wirtschaft wird 2022 nach Einschätzung der Zentralbank trotz Sanktionen weniger stark schrumpfen als prognostiziert. Der Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) werde in diesem Jahr bei 3,0 bis 3,5 Prozent liegen, teilte die Bank mit. Bislang war die Bank in ihren Prognosen von einem Rückgang zwischen vier und sechs Prozent ausgegangen. Die Wirtschaft des flächengrössten Landes der Welt leidet unter den westlichen Sanktionen wegen des Kriegs gegen die Ukraine.

Steinmeier beschwört deutschen «Widerstandsgeist» nach Epochenbruch

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stimmte die Menschen in Deutschland als Folge des Ukraine-Kriegs auf eine schwierige Zukunft ein. «Es beginnt für Deutschland eine Epoche im Gegenwind», warnte er am Freitag. «Es kommen härtere Jahre, raue Jahre auf uns zu», sagte er in einer Grundsatzrede. Die Zeit vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar sei eine «Epoche mit Rückenwind» gewesen, in der die Deutschen von der Friedensdividende nach dem Ende der Blockkonfrontation reichlich profitiert hätten. «Die Friedensdividende ist aufgezehrt. Es beginnt für Deutschland eine Epoche im Gegenwind.» Steinmeier betonte, der Krieg sei ein Angriff auf das Recht, auf die Prinzipien von Gewaltverzicht und unverletzlichen Grenzen.

Die Kommentarfunktion wurde für diesen Artikel deaktiviert.
Mehr zu Politik MEHR