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Interessant ist, was nicht besprochen wurde

Sebastian
Dürst
07.05.23 - 17:27 Uhr
Politik
Kommentar
Fehlendes Interesse an der Gemeindepolitik: Die Diskussion zu den Gemeindeparlamenten ist laut Sebastian Dürst nur ein Vorspiel zur echten Diskussion an einer künfigen Landsgemeinde.
Fehlendes Interesse an der Gemeindepolitik: Die Diskussion zu den Gemeindeparlamenten ist laut Sebastian Dürst nur ein Vorspiel zur echten Diskussion an einer künfigen Landsgemeinde.
Archivbild

Die obligatorische Einführung von Gemeindeparlamenten ist im Kanton Glarus wohl vom Tisch. Der SP-Memorialsantrag mit dieser Forderung scheiterte an der Landsgemeinde sehr deutlich.

Leider kann man aber nach dieser Landsgemeinde keine deutlichere Aussage dazu machen, wie die Glarnerinnen und Glarner die politische Beteiligung in den Gemeinden in Zukunft gestalten wollen. Das hat vor allem mit der etwas unglücklichen Einbettung des Themas zu tun: Das Stimmvolk hat an dieser Landsgemeinde im gleichen Traktandum zwei Memorialsanträge abgelehnt, die zwar den gleichen Gegenstand haben, aber eine andere Stossrichtung verfolgen. Dazu kam das Wissen, dass womöglich schon an der nächsten Landsgemeinde so oder so noch einmal über den regierungsrätlichen Vorschlag zum Thema diskutiert werden muss. Aufgrund der feurigen Voten für die Gemeindeversammlungen von Links-Grün (Mauro Sana) bis bürgerlich (Thomas Hefti) kann man zwar davon ausgehen, dass auch in einem oder zwei Jahren die Einführung von Gemeindeparlamenten einen schweren Stand haben wird.

Wie und ob man das dahinterliegende Problem, das fehlende Interesse an der Politik auf Gemeindeebene, aber angehen will, blieb während der ganzen Diskussion im Ring unklar. So muss man für diese Landsgemeinde festhalten, dass das nominell spannendste Traktandum nicht viel mehr als ein Vorspiel zur echten Diskussion an einer späteren Landsgemeinde war.

Gewichtiger war das Schweigen im zweiten grösseren Traktandum. Der neue innerkantonale Finanzausgleich wurde von keiner Partei und von keiner Einzelperson auf dem Ring hinterfragt. Die Parteien (und Gemeindevertreter) warnten eindringlich davor, diesen offenbar sehr hart erarbeiteten Kompromiss mit Änderungsanträgen zu zerstören.

Nur die GLP hielt sich nicht an diese Warnung und beantragte mit Unterstützung der SP eine Befristung des Finanzausgleichs. Auch dieser Antrag scheiterte bei den Glarnerinnen und Glarnern krachend. Dabei griff dieser Antrag nicht einmal den vielbesprochenen Kompromiss an. Dieser war auch für die GLP und die SP gesetzt.

Es ist durchaus erstaunlich, dass der erarbeitete Kompromiss und damit die Unterstützung der Gemeinde Glarus Süd ganz grundsätzlich und von links bis rechts derart unbestritten die Landsgemeinde passiert hat.

Die Landsgemeinde hat so nämlich eine deutliche Botschaft mit zwei Inhalten in die strukturschwächste Gemeinde des Kantons gesendet. Der erste Teil ist durchaus lobenswert: Die Glarnerinnen und Glarner wollen zusammenstehen und die Schwächeren unterstützen. Der zweite Teil der Botschaft ist aber problematisch: Sie wollen es nämlich bedingungslos tun.

Da kann man nur hoffen, dass die Bewohner von Glarus Süd verantwortungsvoll mit der Unterstützung von Kanton und Gemeinden umgehen.

Sebastian Dürst ist Redaktionsleiter der «Glarner Nachrichten». Er ist in Glarus geboren und aufgewachsen. Nach Lehr- und Wanderjahren mit Stationen in Fribourg, Adelboden und Basel arbeitet er seit 2015 wieder in der Heimat. Er hat Religionswissenschaft und Geschichte studiert. Mehr Infos

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