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Selenskyj setzt auf Drohnen, Lukaschenko auf deutsche Geisel

Während Belarus' Machthaber Alexander Lukaschenko Kremlchef Wladimir Putin in Russland besucht, veröffentlicht das Staatsfernsehen in Minsk ein Interview mit einem zum Tode verurteilten Deutschen - und sendet damit eine Botschaft an den Westen.

Agentur
sda
26.07.24 - 05:06 Uhr
Politik
ARCHIV - Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, hält während seiner Pressekonferenz inne. Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa
ARCHIV - Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, hält während seiner Pressekonferenz inne. Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa
Keystone/AP/Efrem Lukatsky

Ein in Belarus (früher Weissrussland) vor der Hinrichtung stehender Deutscher bat Machthaber Alexander Lukaschenko in einem vom staatlichen Fernsehen ausgestrahlten Video um Gnade.

Die deutsche Regierung tue nichts für seine Rettung, sagte der Mann. Er war den Behörden in Minsk zufolge unter anderem wegen Terrorismus im Auftrag des ukrainischen Geheimdienstes verurteilt worden. «Ich bekenne mich schuldig, definitiv», sagte er. Teils waren die deutschen Aussagen klar zu hören zwischen der russischen Übersetzung.

Das autoritär geführte Belarus vollstreckt als letztes Land in Europa noch die Todesstrafe, und zwar durch Genickschuss. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte erklärt, dass der Fall bekannt sei. Der Mann werde konsularisch betreut. Die Todesstrafe sei eine grausame und unmenschliche Form der Bestrafung, die Deutschland unter allen Umständen ablehne, hiess es. Zu einem von Minsk vorgelegten Verhandlungsangebot äusserte sich das Amt aber nicht.

Geht es Minsk um Gefangenenaustausch?

Nur die eigene Familie kämpfe noch um sein Leben, von offizieller Seite setze sich niemand für ihn ein, sagte der Mann in dem Video. «Noch lebe ich, noch hat man die Zeit zu verhandeln, noch ist es nicht zu spät», flehte er. «Die Regierung sollte um mich kämpfen.» Der Verurteilte bat in dem offensichtlich von der belarussischen Führung lancierten Video unter Tränen darum, seine Tochter, seine Freundin und seinen Vater wiedersehen zu können.

Das Aussenministerium in Minsk hatte mitgeteilt, Berlin Vorschläge zur Lösung der Situation gemacht zu haben. Details dazu gab es nicht.

Spekuliert wurde, dass es das mit Russland verbündete Belarus auf einen Gefangenenaustausch abgesehen haben könnte. So ist Kremlchef Wladimir Putin an der Rückholung eines Russen interessiert, der in Deutschland wegen eines Mordes im Berliner Kleinen Tiergarten im Auftrag russischer Behörden verurteilt wurde. Putin empfing Lukaschenko auf der Klosterinsel Walaam im Ladogasee in der Nähe von St. Petersburg.

Selenskyj lobt eigene Rüstungsindustrie

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lobte die Fortschritte in der eigenen Rüstungswirtschaft. «Es ist sehr wichtig, dass ausländische Gelder endlich wirklich und sichtbar in der Rüstungsproduktion arbeiten, und das ist unsere grosse Errungenschaft», sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Der Sektor werde inzwischen nicht mehr nur durch staatliche Investitionen gefördert, sondern ziehe auch Gelder von Partnern an. Als Beispiele nannte er den Bau von Raketen und Langstreckendrohnen.

So bereite die Ukraine Schritte vor, um die Reichweite der Drohnen noch zu vergrössern. Zuletzt waren ukrainische Drohnen unter anderem in der russischen Teilrepublik Tatarstan eingeschlagen. Tatarstan ist etwa 1000 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt.

Ukraine: Grenzschutz verhindert Flucht von über 20 Männern

Doch trotz einzelner Erfolge der Ukraine mit Drohnen steht das Land an der Front nach wie vor unter Druck. Der Bedarf an neuen Rekruten ist hoch, doch viele junge Ukrainer versuchen sich dem zu entziehen: Der ukrainische Grenzschutz hat nun über zwei Dutzend wehrpflichtige Männer an der Flucht ins Ausland gehindert. Mitteilungen der Grenzschützer zufolge wurden elf Männer im Gebiet Winnyzja und weitere 15 im Gebiet Odessa an der Grenze zur Republik Moldau aufgegriffen. Ein Teil der Männer wollte demnach in die von prorussischen Separatisten kontrollierte Region Transnistrien gelangen.

Russischer Panzer überfährt Auto in Grenzregion

Einigen russischen Soldaten mangelt es offenbar an Disziplin: In der russischen Grenzregion Belgorod überrollte Medienberichten zufolge ein Panzer ein Auto. Der Fahrer des Pkw starb nach Informationen des regionalen Internetportals «Pepel» am Unfallort. Der Panzer missachtete demnach auf einer Kreuzung die Vorfahrt. Den Fotos zufolge fuhr er nach dem Unfall noch etwa 100 Meter, ehe er anhielt. «Nach Angaben von Augenzeugen war die Panzerbesatzung in unzurechnungsfähigem Zustand und hat... gelacht», hiess es. Ob die Soldaten nüchtern waren, blieb unklar.

Russland führt seit über zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen die benachbarte Ukraine. Immer wieder gibt es Berichte über marodierende russische Soldaten im Nachbarland.

Soldaten im Kriegsgebiet sollen nach Vorstellung der russischen Regierung ihre Fahrerlaubnis auch nach Unfällen oder Trunkenheit am Steuer vorläufig behalten dürfen. Allerdings kommt es durch die laxe Haltung auch immer wieder zu tödlichen Vorfällen im eigenen Land. Anfang Juli hatten so ebenfalls in der Region Belgorod betrunkene Soldaten einen Pkw und dessen Fahrer platt gewalzt. Anschliessend versuchten sie zu fliehen. Gegen den Panzerfahrer wurde inzwischen ein Strafverfahren eingeleitet.

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