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WEF-Bauten «im Rahmen der Vorjahre»

Die Bautätigkeit für temporäre Nutzungen anlässlich des WEF-Jahrestreffens 2023 zur Repräsentation zahlreicher global tätiger Firmen und von Nationalstaaten haben für Kritik gesorgt. Eine eindeutig feststellbare Zunahme der Bautätigkeit im Vergleich zu früheren Jahren ist jedoch nicht erkennbar.

Davoser
Zeitung
27.01.23 - 12:00 Uhr
Politik
bg

Im Winter gilt in Davos eine Bausperre. Wer ein Bauprojekt hat, muss vor Weihnachten mit dem Rohbau, dem Dach und den Fenstern fertig sein, denn anschliessend ist nur noch Innenausbau möglich. Für Temporärbauten gilt diese Regel nicht, schliesslich sollen solche Bauten für Veranstaltungen ganzjährig möglich sein. Beim Spengler Cup oder beim Davos Nordic Weltcup beispiels­weise sind Temporärbauten nötig, diese fallen aber aufgrund ihrer wesentlich ­geringeren Zahl optisch und mit verkehrlichen und akustischen Beeinträchtigungen nicht annähernd so stark ins Gewicht wie Temporärbauten und Ladenumbauten zum Jahrestreffen des World Economic Forums (WEF).

Die Gemeinde Davos hat die bauliche ­Tätigkeit wegen der WEF-Jahrestreffen in den letzten Jahren stark reglementiert. Sie überwacht die Umsetzung und stellt bei fehlbarem Verhalten hohe Bussen aus. Bauzeiten und Verkehrsregelung werden bei den Baustellen akribisch ­kontrolliert. Mit diesen Massnahmen ist ein fliessender Durchgangsverkehr trotz ­vielerlei Bauarbeiten sichergestellt. Dennoch nahm in der optischen Wahrnehmung der Baustellen-Charakter der Promenade aus drei Gründen zu: 1) Es wurden vermehrt Kräne zum Erstellen der Temporärbauten aufgestellt – teils aufgrund massiverer Bauweise, teils wegen Vorschriften zur Wärmedämmung, teils wegen voluminöserer Bauten. 2) An der Promenade entstanden im Vergleich zu den Vorjahren zwei neue, grössere und auffällige Temporärbauten (DP World, Emirates). 3) Es werden vermehrt grossformatige Werbeplakate an Fassaden aufgehängt. Handkehrum wurden im Zentrum von Davos aber auch bisherige, von früheren WEF-Jahrestreffen bekannte Temporärbauten nicht mehr errichtet, und auch das WEF-Registrationszelt auf dem Parsenn-Parkplatz fiel weg.

Der Bau von «Emirates» wurde heuer zum ersten Mal aufgestellt.
Der Bau von «Emirates» wurde heuer zum ersten Mal aufgestellt.
ad

Insgesamt nimmt die Anzahl bewilligter und umgesetzter Projekte für Temporärbauten, Ladenumnutzungen und Werbemassnahmen nicht zu. Im Januar 2023 wurden total 135 derartige Projekte realisiert, im Mai 2022 wurden 117 Projekte umgesetzt und im Januar 2020 waren es rund 135 Projekte. Zahlreiche Temporärbauten werden jährlich von lokalen Firmen mit bereits bestehenden Modulen erstellt, welche grösstenteils in Davos und im Raum Mittelbünden bis zum nächsten WEF-Jahrestreffen eingelagert werden.

Die Arbeiten an den Temporärbauten und Ladenumnutzungen sowie die Arbeiten für die Absperrungen durch die Sicherheitsorgane begannen in diesem Jahr unmittelbar nach dem Jahreswechsel. Davos als Ferien- und Erholungsort steht dabei zu einem Ortszentrum mit Bau­stellen-Flair im offensichtlichen Widerspruch. Gehäuft auftretende Bauarbeiten dürfen die wenigen Hauptferienwochen, die für Davos von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung sind, nicht stark belasten. Es wird deshalb vertieft zu überprüfen sein, wie besonders auffällige Bauarbeiten von den ersten Tagen im Jahr ferngehalten werden können. Dies gilt vor allem für das nächstjährige WEF-Jahrestreffen 2024, das aus kalendarischen Gründen (Start des WEF-Jahrestreffens jeweils am 3. Montag im Jahr) nochmals früh angesetzt ist. Ab dem Jahr 2025 findet das WEF-Jahrestreffen eine Woche zurückversetzt statt.

«DP World» beim Hotel Europe während des Abbaus, fotografiert am 24.01.2023
«DP World» beim Hotel Europe während des Abbaus, fotografiert am 24.01.2023
ad

Der Kleine Landrat trägt jedes Jahr alle ihm zur Kenntnis gelangenden Kritikpunkte rund um das WEF-Jahrestreffen zusammen und berät Lösungsvorschläge am gemeinsamen Runden Tisch mit Gemeindeämtern, Kantonspolizei, WEF-Ausschuss der Bündner Regierung und WEF. Die Umsetzung von gewählten Lösungen wird ebenfalls durch den Runden Tisch begleitet. Auch zum WEF-Jahrestreffen 2023 ist die Liste mit zahlreichen Kritikpunkten derzeit in Erarbeitung und der Prozess mit dem Runden Tisch aufgegleist. Über allen kritischen Feststellungen ist jedoch zu betonen, dass es sich beim WEF-Jahrestreffen um einen Anlass mit maximaler Grösse für Davos handelt. Solche Anlässe führen in Davos wie anderswo natürlicherweise zu grösseren und kleineren Herausforderungen bei der Umsetzung, da die öffentliche Infrastruktur nicht für eine Maximal-, sondern nur für eine durchschnittliche Auslastung ausgelegt sein kann. Auftretenden Problemen darf man sich aber nicht verschliessen, im Gegenteil muss man sie aktiv bearbeiten, wenn man an einer ­Weiterentwicklung des Anlasses und einer künftigen Gastgeberrolle als Standortgemeinde interessiert ist.

Der Kleine Landrat freut sich, dass das WEF-Jahrestreffen – nach Coronavirus-Pandemie und zwischenzeitlichem Digitalisierungsschub – in alter Stärke und mit ungeschmälerter internationaler Beachtung wiederum in Davos tagen konnte. Es ist ein ausserordentlich glücklicher Umstand, dass der grösste Davoser Kongress ein eigentlicher Stammkongress mit vielen Stammgästen ist, unter anderen dem Bundesrat, und die Kongress­leitung wiederholt ein Bekenntnis zu ­Davos ausgesprochen hat. Tatsächlich haben sehr viele Dinge beim letzte Woche durchgeführten WEF-Jahrestreffen reibungslos funktioniert. Zu Tage getretene Probleme gehören auf die To-do-Liste der Gemeinde. Bei den baulichen Aktivitäten mit zum Teil umfangreicheren Projekten braucht es weitere Massnahmen, die in den nächsten Monaten zu beraten sind. (gmd)

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