×

Martin Candinas - der umtriebige Bündner wird voraussichtlich Nationalratspräsident

Der Bündner Mitte-Politiker Martin Candinas wird Ende November voraussichtlich zum Nationalratspräsidenten gewählt. In seinen elf Jahren im Nationalrat setzte er sich für Berggebiete und Sprachen ein.

Agentur
sda
16.11.22 - 06:31 Uhr
Politik
Vielleicht bald schon Nationalratspräsident: Der Bündner Mitte-Politiker Martin Candinas ist seit elf Jahren im Nationalrat und setzt sich immer wieder für Berggebiete und Sprachenvielfalt ein.
Vielleicht bald schon Nationalratspräsident: Der Bündner Mitte-Politiker Martin Candinas ist seit elf Jahren im Nationalrat und setzt sich immer wieder für Berggebiete und Sprachenvielfalt ein.
Bild Livia Mauerhofer

Er ist definitiv kein «Hinterbänkler». Der 42-jährige Martin Candinas ist sowohl im Kanton Graubünden wie auch in Bern bekannt. In seinen elf Jahren im Nationalrat ergriff er 303 Mal das Wort und reichte 123 Vorstösse ein. 12 davon wurden angenommen.

Seine politische Haltung reicht - je nach Thema - von eher links bis konservativ. So kämpfte er aktiv für das Mediengesetz, für den öffentlichen Verkehr und die Digitalisierung. Für diese Themen brenne er, sagte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Stärkere Regulierung für den Wolf

Gesellschaftspolitisch ist er ruhiger und konservativer unterwegs. Bei der «Ehe für Alle» stimmte er Nein und beim Wolf setzt er sich klar für eine stärkere Regulierung ein.

Obwohl er während seines Präsidialjahres nicht aktiv politisieren darf, bleibt Candinas in den Kommissionen. So werde er insbesondere die Geschäfte in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen beobachten und begleiten, sich aber dezenter einbringen, sagte er. In der Sicherheitspolitischen Kommission will er allerdings kürzertreten.

«Leer geschluckt»

Sein Präsidialamt erlaubt ihm auch nicht, zu viel Zeit in Kommissionsarbeit zu investieren. Schonfrist gibt es keine. Bereits in seiner ersten Session muss er die Ersatzwahlen für die zurücktretenden Bundesräte Ueli Maurer (SVP) und Simonetta Sommaruga (SP) leiten.

«Insgeheim träumt jeder davon», räumte Candinas ein. Es sei aber nicht zu leugnen, dass Nervosität mitspiele. «Als nach Bundesrat Ueli Maurer auch noch Bundesrätin Simonetta Sommaruga ihren Rücktritt bekanntgab, habe ich schon leer geschluckt.» Das Amt des Nationalratspräsidenten bezeichnet er als Höhepunkt seiner politischen Laufbahn.

Parlamentsausdrücke in Rumantsch

Mit 26 Jahren wurde der damalige Verkaufsleiter einer Krankenversicherung zum jüngsten Grossrat in Graubünden gewählt. 2011 zog er in den Nationalrat ein. Nach seinem Jahr als Nationalratspräsident möchte sich der dreifache Vater für eine weitere Legislatur zur Verfügung stellen.

Als einer von bloss drei Rätoromanisch sprechenden Politikern in Bern eröffnet Candinas seine Reden und Sitzungen oft mit einem Satz in der vierten Landessprache. Dies möchte er auch in seinem Präsidialjahr tun, wie er weiter ausführte.

Ausserdem plant er für seine Ratskolleginnen und -kollegen eine 30-seitige Broschüre, in der Parlamentsausdrücke in Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun und Sursilvan übersetzt sind.

Sein Bündner Nationalratskollege - und ebenfalls Rätoromane - Jon Pult (SP) sagte auf Anfrage: «Graubünden macht mit Martin Candinas eine sehr gute Figur. Die Schweiz wird sich durch ihn noch besser seiner vierten Landessprache bewusst.»

«Ich möchte niemanden mit Rätoromanisch nerven»

Die Sprachenvielfalt ist ein wichtiges Thema für Candinas. In Rabius, in der oberen Surselva aufgewachsen, lernte er in der Schule Deutsch. Heute engagiert sich der Mitte-Mann als Präsident der Parlamentarischen Gruppe lingua e cultura rumantscha und als Co-Präsident der Parlamentarischen Gruppe für Mehrsprachigkeit.

«Ich möchte niemanden mit Rätoromanisch nerven. Dennoch gehört es zu meiner Identität und diese werde ich leben», kündigte Candinas an.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.

Jetzt für den «zMorga»-Newsletter anmelden

Mit unserem Morgenbriefing von Montag bis Freitag top informiert in den Tag starten.

Mehr zu Politik MEHR