×

In den Statistiken zur sexuellen Belästigung gibt es Lücken

Die Schweiz braucht bessere Daten zur sexuellen Belästigung. Grund für die Lücken in den Statistiken ist, dass unter sexueller Belästigung nicht immer dasselbe verstanden wird. Und längst nicht alle Opfer melden sich bei der Polizei.

Agentur
sda
27.04.22 - 12:41 Uhr
Politik
Wie viele sind oder waren schon betroffen von sexueller Belästigung? Zur sexuellen Belästigung gibt es in der Schweiz zu wenige statistische Daten. (Archivbild)
Wie viele sind oder waren schon betroffen von sexueller Belästigung? Zur sexuellen Belästigung gibt es in der Schweiz zu wenige statistische Daten. (Archivbild)
KEYSTONE/DPA picture alliance/FRANK MAY

Das ist einem Bericht ans Parlament zu entnehmen, den der Bundesrat am Mittwoch verabschiedet hat. Die sexuelle Belästigung sei verbreitet und habe viele Formen, schrieb der Bundesrat. Es könnten sexistische Bemerkungen sein, unangemessene Annäherungsversuche, das Veröffentlichen intimer Fotos oder ungewünschte Küsse.

In neun von zehn Fällen sind Frauen die Opfer. In 95 Prozent der Beschuldigten sind Männer. Je nach verwendeter Definition bei Befragungen haben zwischen 20 und 60 Prozent der Frauen in der Schweiz schon einmal sexuelle Belästigung erlebt. Menschen mit Behinderung und LGBTIQ+-Personen sind besonders gefährdet.

Findet sexuelle Belästigung im virtuellen Raum statt, sind zunehmend Kinder und Jugendliche davon betroffen. Laut der vom Bundesrat zitierten externen Studie finden indes die meisten Belästigungen im öffentlichen Raum statt.

Relativ wenige Anzeigen

Und längst nicht alle Fälle landen bei der Polizei: In weniger als 20 Prozent der Fälle erstatten Betroffene Anzeige. Für die Studie befragte Fachleute gaben dazu zu bedenken, dass bei Polizei und Strafverfolgungsbehörden die Sensibilität für das Thema fehle.

Auch am Arbeitsplatz wehren sich laut den Fachleuten die Betroffenen erst spät oder gar nicht, wenn sie sexuelle Belästigung wahrnehmen. Häufig werde die Belästigung erst zum Thema, wenn jemand krankgeschrieben sei oder gar gekündigt habe.

Sexuelle Gewalt sei eine Form von geschlechtsspezifischer Gewalt und müsse entschieden bekämpft werden, schrieb der Bundesrat. Er will deshalb - wie von der Studie empfohlen - die Datenlage verbessern. Zurzeit werde geklärt, wie Erfahrungen mit sexueller Belästigung am besten untersucht werden könnten.

Den Opfern von sexueller Gewalt soll es zudem erleichtert werden, solche Delikte anzuzeigen. Bund und Kantone arbeiten zudem im Rahmen des strategischen Dialogs «Häusliche Gewalt» an einer zentralen Telefonnummer für Opfer von Straftaten.

Arbeitgeber in der Pflicht

Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erinnert der Bundesrat an ihre gesetzliche Pflicht, Angestellte vor sexuellen Belästigungen zu schützen. Prävention gebe es zwar bereits. Verbesserungen sind laut Bundesrat aber bei Schulungen für Führungskräfte, Informationen für das Personal sowie beim Beizug externer Beratungsstellen möglich.

Ob die Schweiz dem Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur «Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt» (ILO C190) beitritt, ist noch offen. Eine Ratifizierung dieses Abkommens werde zurzeit geprüft, schrieb der Bundesrat.

Die Kommentarfunktion wurde für diesen Artikel deaktiviert.
Mehr zu Politik MEHR