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IAEA-Visite geht weiter - G7 will Preisdeckel auf russisches Öl

Am ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja haben die Experten der Internationalen Atomenergiebehörde ihre Kontrollen fortgesetzt. IAEA-Chef Rafael Grossi zog am Freitagabend nach seiner Rückkehr in Wien ein teils positives Fazit. Zwar seien Schäden durch den Beschuss des Kraftwerks offenkundig und inakzeptabel, aber wichtige Sicherheitselemente wie die Stromversorgung des Werks funktionierten. Er habe nicht den Eindruck, dass die russischen Besatzer etwas vor der IAEA-Mission verborgen hätten, sagte Grossi. Er betonte, dass er die Mission seiner Behörde als permanent ansehe. Russland beteuerte, auf dem AKW-Gelände keine schweren Waffen zu lagern.

Agentur
sda
02.09.22 - 22:17 Uhr
Politik
HANDOUT - IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi (M) und Mitglieder der Mission bei der Ankunft im Atomkraftwerk Saporischschja. Foto: Iaea Mission/Iaea Imagebank/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit…
HANDOUT - IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi (M) und Mitglieder der Mission bei der Ankunft im Atomkraftwerk Saporischschja. Foto: Iaea Mission/Iaea Imagebank/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit…
Keystone/Planet Pix via ZUMA Press Wire/Iaea Mission/Iaea Imagebank

Im Kampf gegen die internationale Energiekrise wollen die G7-Staaten derweil einen Preisdeckel auf russisches Öl durchsetzen, wie die Finanzminister in einer gemeinsamen Erklärung formulierten. Durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 wird von diesem Samstag an anders als angekündigt weiter kein Gas fliessen, wie der Staatskonzern Gazprom mitteilte. Grund sei ein Ölaustritt in einer Kompressorstation. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte, dass die Lage auf dem Gasmarkt angespannt, die Versorgungssicherheit aber gewährleistet sei.

Im Kriegsgeschehen selbst vermeldete die Ukraine die Zerstörung eines russischen Depots im Hinterland. Moskau teilte mit, dass die Ukraine bei ihrer Gegenoffensive schwere Verluste erleide. CDU-Chef Friedrich Merz sprach sich dafür aus, deutsche Leopard-2-Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern - das hatte zuvor bereits der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal in einem dpa-Interview gefordert.

Ukrainischer Kraftwerksbetreiber zweifelt an IAEA-Mission

Noch während die Mitarbeiter der IAEA am AKW Saporischschja auf der Suche nach möglichen Schäden des wochenlangen Beschusses waren, äusserte der Kraftwerksbetreiber Enerhoatom Zweifel am Erfolg der Mission. «Die Besatzer lügen, verfälschen Tatsachen und Beweise», schrieb Enerhoatom in Hinblick auf Russland bei Telegram. Der Delegation sei der Zutritt ins Krisenzentrum der Anlage verwehrt worden. Dort sei derzeit russisches Militärpersonal stationiert. Russland wolle, dass keine Fakten zum AKW bekannt würden.

IAEA-Chef Grossi sagte nach seiner Rückkehr in Wien: «Wir haben alles gesehen, was ich sehen wollte.» Die Zusammenarbeit zwischen den russischen Besatzern und dem ukrainischen Personal im AKW klappe auf professioneller Ebene einigermassen. Sechs IAEA-Experten sind zunächst beim Atomkraftwerk verblieben. Vier kehren Grossi zufolge bald zurück, zwei bleiben bis auf Weiteres vor Ort.

Schoigu: Russland hat keine schweren Waffen am AKW Saporischschja

Russland hat nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu keine schweren Waffen am AKW Saporischschja stationiert. «Ich erkläre verantwortungsvoll, dass wir keine schweren Waffen auf dem Gelände des Kernkraftwerks oder in den angrenzenden Gebieten haben», sagte er in Moskau. Er hoffe, die IAEA-Experten könnten sich davon überzeugen. Russland und die Ukraine beschuldigen sich gegenseitig, das Kraftwerk angegriffen zu haben.

Die Ukraine teilte derweil mit, unweit des AKW russische Artilleriepositionen beschossen zu haben. «Bestätigt ist, dass unsere Truppen im Bereich der Ortschaften Cherson und Enerhodar drei Artilleriesysteme des Gegners mit präzisen Schlägen vernichtet haben», hiess es im Bericht des ukrainischen Generalstabs am Freitagabend bei Facebook. Ebenfalls seien ein Munitionslager und mindestens eine Kompanie der russischen Armee vernichtet worden.

Unterschiedliche Angaben zu Fortgang der Kämpfe

Die von der Ukraine gestartete Gegenoffensive im Süden des Landes ist aus Sicht von Schoigu weitgehend gescheitert. «Die ukrainischen Streitkräfte setzen den Versuch von Angriffen im Raum zwischen Mykolajiw und Krywyj Rih und in anderen Richtungen fort, der Feind erleidet hohe Verluste», sagte er. Kiews einziges Ziel bei der Offensive sei es, «bei den westlichen Kuratoren die Illusion zu erzeugen, die ukrainische Armee sei zu Angriffen fähig».

Kiew meldete, fünf Munitionslager der Russen bei Cherson vernichtet zu haben. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Nach Angaben des für Kriegsgefangene zuständigen Koordinationsstabs tauschten die Ukraine und Russland im Gebiet Donezk Gefangene aus. Es seien 14 Ukrainer freigekommen, darunter ein Offizier.

Merz: Deutschland sollte Kiew auch mit Leopard 2-Panzern helfen

Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat sich für eine Lieferung von deutschen Leopard 2-Kampfpanzern zur Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg ausgesprochen. «Wir sollten auch in dieser Hinsicht der Ukraine helfen, damit sie in der Lage sind, die russische Aggression zurückzudrängen», sagte der CDU-Vorsitzende am Rande einer Klausur der Spitze der Unionsfraktion im oberbayerischen Murnau. Zuvor hatte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal eine solche Lieferung gefordert.

G7-Finanzminister wollen Preisdeckel auf russisches Öl durchsetzen

Die Finanzminister der G7 wirtschaftsstarker Demokratien wollen einen Preisdeckel auf russisches Öl durchsetzen. In einer gemeinsamen Erklärung, die der dpa vorliegt, forderten sie alle Länder, die russisches Öl importieren, auf, sich dieser Massnahme anzuschliessen. «Wir streben eine breite Koalition an, um die Effektivität zu maximieren», heisst es in dem Papier. Im Kern will man Russland dazu zwingen, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis an grosse Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Dies soll die Ölmärkte entspannen und die Auswirkungen des Krieges auf die Energiepreise abfedern. Zugleich würde Russland seine Kriegskasse nicht weiter füllen können.

Vorerst kein Gas durch Nord Stream 1

Am Freitagabend überraschte der russische Staatskonzern Gazprom mit der Mitteilung, dass der Gastransport durch die Ostsee-Pipeline anders als angekündigt nicht wieder aufgenommen wird. Seit Mittwochmorgen fliesst - nach russischen Angaben wegen Wartungsarbeiten - kein Gas mehr durch die Leitung, am Samstagmorgen sollten die Gaslieferungen wieder aufgenommen werden.

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