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Höchstspannungsleitungen an der Grimsel sollen unter den Boden

Die Höchstspannungsleitungen an der Grimsel sollen unter den Boden verschwinden. Das empfiehlt die vom Bundesamt für Energie (BFE) eingesetzte Begleitgruppe nach dem Studium mehrerer Projektvarianten

Agentur
sda
19.05.22 - 11:34 Uhr
Politik
Die Höchstspannungsleitungen an der Grimsel sollen dereinst unter den Boden verschwinden. (Archivbild)
Die Höchstspannungsleitungen an der Grimsel sollen dereinst unter den Boden verschwinden. (Archivbild)
KEYSTONE/GAETAN BALLY

Die Erdverkabelung soll entweder durch bestehende und neu zu bauende Stollen oder durch den multifunktionalen Grimselbahntunnel erfolgen.

Durch eine Erdverlegung werden die Leitungen im alpinen Raum besser vor Wetter und Naturgefahren geschützt. Ausserdem, könnten die Dörfer und Schutzgebiete an der Grimsel von oberirdischen Leitungen befreit werden, schreiben das Bundesamt für Energie und die Netzgesellschaft Swissgrid in einer Mitteilung vom Donnerstag. Die Region gehört unter anderem zum Unesco Weltnaturerbe Jungfrau, Aletsch, Bietschhorn.

Kapazität ausbauen

Die Höchstspannungsleitungen von Swissgrid sind so etwas wie die Stromautobahnen der Schweiz. Sie transportiert den Strom von den grossen Kraftwerksanlagen zu den Unterstationen, wo die Spannung verringert wird. Dann geht der Strom weiter in die Feinverteilung bis er zu Hause oder im Betrieb aus der Steckdose kommt.

Schon heute bestehen Kapazitätsengpässe im Höchstspannungsnetz, die Swissgrid mit verschiedenen Projekten für rund 2,5 Milliarden Franken beheben will, wie Christoph Fischer, Leiter Netzprojekte, am Donnerstag vor den Medien sagte.

Auch an der Grimsel, einer wichtigen Nord-Süd-Achse der «Stromautobahn» soll die Kapazität von heute 220 auf 380 Kilovolt erhöht werden. Der Ausbau erfolgt mit Blick auf die Energiestrategie des Bundes und die damit verbundene wachsende Stromproduktion aus Wasserkraft.

Besserer Schutz

Die vom Bundesamt für Energie eingesetzte Begleitgruppe mit verschiedenen Bundesstellen, der Stiftung für Landschaftsschutz und den Kantonen Wallis und Bern schlägt zwei Varianten zur Weiterverfolgung vor.

Bei der ersten kann die Leitung zum Teil in bestehenden Kraftwerksstollen geführt werden, es braucht aber auch in grösserem Umfang Neubauten.

Die zweite Variante ist ein kombinierter Bahn- und Stromtunnel. Die neue Grimselbahn soll das Berner Oberland mit dem Obergoms verbinden. Die Bahnseite propagiert die Grimselbahn, weil mit ihr das Schmalspurnetz nördlich und südlich der Alpen und damit bekannte Tourismusorte wie Montreux, Interlaken, Luzern, Andermatt und St. Moritz verbunden werden könnten.

Aus der Sicht «Strom» seien beide Varianten gleichwertig, heisst es bei Swissgrid. Die Kabelnetzbetreiberin rechnet je nach Variante mit Investitionskosten von 210 bis 250 Millionen Franken.

Bei beiden Varianten kommen rund 23 Kilometer Stromleitungen zwischen Innertkirchen BE und Oberwald VS unter den Boden. Das wäre die längste Erdverkabelung der Schweiz. Gut vier Kilometer von Oberwald bis Ulrichen sollen als Freileitung geführt werden.

Das hat damit zu tun, dass Erdkabel physikalisch andere Eigenschaften haben als Freileitungen, wie Andreas Kohli vom Bundesamt für Energie ausführte. Je länger ein Erdkabel werde, desto komplexer werde die Steuerung. Von Oberwald wird das Stromnetz die Talsohle noch unterirdisch queren und dann entlang der Talflanke über dem Boden bis Ulrichen verlaufen.

Die beiden Varianten gehen ab Mitte Juni in die öffentliche Mitwirkung. Bis Ende 2022 soll der Bundesrat den Planungskorridor und die Übertragungstechnologie für die zukünftige Höchstspannungsleitung zwischen Innertkirchen und Ulrichen festsetzen.

Noch Hürden zu meistern

Bahn- und Stromtunnel zu kombinieren, klingt verlockend. Doch das Projekt hat noch einige Hürden zu meistern. So muss das eidgenössische Parlament die Finanzierung bis spätestens 2027 geregelt haben. Und dann braucht es auch noch bis spätestens 2030 die nötigen Baubewilligungen.

Nur wenn alle Bedingungen zeitgerecht erfüllt werden, hat die Grimselbahn eine Chance. Sonst kommt die erste Variante zum Zug, also jene mit der Nutzung bestehender Stollen und Neubauten.

Um keine Zeit zu verlieren, bis die Politik die nötigen Entscheide gefällt hat, beginnt Swissgrid schon mit der Planung. Das Unternehmen möchte die neue Höchstspannungsleitung Mitte der 2030-er Jahre in Betrieb nehmen.

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