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Grosse regionale Unterschiede bei der «Ehe für alle»

Am Tag des Inkrafttretens der «Ehe für alle» ist ein Ansturm auf die Zivilstandsämter ausgeblieben. Am grössten war das Interesse in den grossen Städten. In ländlichen Regionen fiel die Nachfrage nach Terminen für eine Trauung geringer aus.

Agentur
sda
01.07.22 - 13:45 Uhr
Politik
Endlich war es soweit: Ein frischgetrautes Ehepaar am Freitag vor dem Zürcher Amtshaus.
Endlich war es soweit: Ein frischgetrautes Ehepaar am Freitag vor dem Zürcher Amtshaus.
KEYSTONE/ENNIO LEANZA

Darüber, dass es sich um einen historischen Tag handelte, bestand allenthalben Einigkeit. «Heute ist der Moment, um unsere Liebe zu feiern», sagte Roman Heggli, Geschäftsführer von Pink Cross, der Dachorganisation der schwulen und bisexuellen Männer in der Schweiz, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

«Heute macht die Schweiz einen wichtigen Schritt für die rechtliche Gleichstellung von Schwulen, Lesben und trans Menschen», liess sich der Zürcher Stadtrat André Odermatt (SP) in einer Mitteilung zitieren. Die Post würdigte derweil den Tag des Inkrafttretens der «Ehe für alle» mit einer speziellen Briefmarke. Diese zeigt 30 Ballone in Regenbogenfarben, die zusammengeknüpft als grosses Herz in Richtung Himmel abheben.

Meiste Eheschliessungen in Zürich

Am meisten schwule und lesbische Paare gaben sich am ersten Tag der «Ehe für alle» in der Stadt Zürich das Jawort: 24 Paare liessen ihre bestehende eingetragene Partnerschaft umwandeln, zwei schlossen eine neue Ehe.

Die am Freitag verfügbaren Termine seien innert kürzester Zeit ausgebucht gewesen, teilte die Stadt bereits Mitte Juni gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Insgesamt erhielt das Stadtzürcher Zivilstandsamt bis anhin rund 250 Terminreservationen von gleichgeschlechtlichen Paaren. Dabei handelt es sich grösstenteils um Paare in eingetragener Partnerschaft, die diese in eine Ehe umwandeln möchten. Etwa 10 Prozent sind neue Heiraten.

Ein ganz anderes Bild zeigt sich im Kanton Appenzell Innerrhoden: Dort habe sich bis bis anhin kein einziges gleichgeschlechtliches Paar gemeldet, das eine Ehe schliessen möchte, berichtete am Freitag die Sendung «Heute Morgen» von Radio SRF. Im Kanton Nidwalden hätten für den ganzen Monat Juli immerhin sechs Paare einen Termin auf dem Zivilstandsamt vereinbart.

Unterschiede zwischen Stadt und Land zeigen sich auch, betrachtet man das Bernbiet: Auf den sieben Standesämtern des Kantons Bern liessen am Freitag insgesamt 23 Paare ihre eingetragene Partnerschaft umwandeln oder heirateten neu. Auf dem Zivilstandsamt Bern-Mittelland liessen fünf Paare ihre eingetragene Partnerschaft umwandeln, drei heirateten neu, wie die Berner Kantonsbehörden mitteilten.

Auf dem Zivilstandsamt Biel-Seeland hatten sich sechs Paare angemeldet, um aus ihrer eingetragenen Partnerschaft eine Ehe zu machen, in Thun waren es fünf, in Langenthal drei. Bei den Zivilstandsämtern Berner Jura in Courtelary und Oberland Ost in Interlaken gab es demnach hingegen am Freitag gar keine solchen Termine.

Anerkennung von Regenbogenfamilien

Trotz der Freude über das Erreichte sieht Pink Cross bei der Gleichstellung weiterhin Handlungsbedarf - insbesondere im Familienrecht. Mit den aktuellen Gesetzen könne das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung bei privaten Samenspenden und fortpflanzungsmedizinischen Verfahren im Ausland nicht gewährleistet werden, kritisierte die Organisation in einem am Freitag veröffentlichten Positionspapier.

Mit dem Zugang zur Samenspende aus Schweizer Samenbanken für lesbische Paare habe man erst die halbe Miete, sagte auch Alessandra Widmer, Co-Geschäftsleiterin der Lesbenorganisation Schweiz (LOS), gegenüber Radio SRF. Beispielsweise sei die Stiefkind-Adoption heute noch sehr aufwendig.

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