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Kein Milliardenprojekt zur Energiegewinnung im Prättigau geplant

Natürlich haben Sie es herausgefunden: Unsere Meldung, wonach mit einem Milliardenprojekt eine Staumauer in der Chlus geplant sei, war natürlich ein Aprilscherz.

Conradin
Liesch
01.04.23 - 06:30 Uhr
Politik

Nachdem sich der Nationalrat kürzlich gegen das Wasserkraftwerk «Chlus» ausgesprochen hat, haben dessen Befürworter ein längst vergessenes Projekt aus der Schublade geholt.

«Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen». Dieser Ausspruch des früheren deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt («Schmidt-Schnauze») wird schnell relativiert, wenn man bedenkt, welche grossen Visionen Graubünden weitergetrieben haben. Man denke nur an den Bau der Rhätischen Bahn.

Ein derartiges Projekt ist auch das Milliardenvorhaben der UBS für einen Stausee im Vorderprättigau. Das Projekt sieht den Bau einer rund 160 Meter hohen Staumauer ab dem Talgrund von 573 m ü. M. in der Chlus vor. Mit einem Inhalt von rund 300 Mio. m3 könnte die jährliche Energiegewinnung ziemlich genau das Doppelte der halben Kilowattberechnungen ausmachen. Damit würden sogar weitere Probleme gelöst werden können:

Die Verkehrsführung würde weiterhin am Talboden durch Tunnels innerhalb des Sees erfolgen. Der dortige Ausbau der Prättigauerstrasse auf vier Spuren und der Rhätischen Bahn auf doppelgleisige Führung könnte den Stau an Wochenenden eliminieren.

Das gestaute Wasser würde mit einem Schlag die drohende Energieknappheit für Nordbünden lösen, aber auch die der Schweiz um einiges vermindern.

Durch die natürliche Talenge würde bloss ein Minimum an Beton für den Bau benötigt und könnte so in relativ kurzer Zeit bewerkstelligt werden. Fachleute rechnen mit einer Bauzeit von drei Jahren: «Viel mehr als den Beton hochziehen und zwei Tunnels bauen müssen wir nicht, dann kann das Wasser gestaut werden und wir können loslegen», erklärte Prof. Ronald Inep-
tias, der beauftragte Projektingenieur.

Stausee Chlus AG

Die vor Jahren gegründete «Stausee Chlus AG», welches durch CS-Fonds finanziert wurde, befindet sich heute demzufolge bei der UBS. Diese rechnet mit Baukosten von 1 Mia. Franken, welches aber durch die Einnahmen in wenigen Jahren gedeckt sein sollen.

Die Umsiedlung der Bevölkerung und der Gewerbebetriebe im vorderen Prättigau bis hinein nach Klosters sehen Fachleute als durchaus zu lösendes Problem: «Da in Klosters sowieso viel gebaut wird, kommt es auf ein paar Hundert Häuser mehr oder weniger nicht drauf an», meint Prof. Ronald Ineptias, «zudem werden die entlegenen Orte wie die Fideriser Heuberge, Schuders oder St. Antönien so um einiges belebter und urbaner.»

Kurz, nachdem sich die Pläne für dieses Grossprojekt bekannt geworden sind, hat sich schon Opposition formiert: Der Verein «Klimakleber Schweiz» kündigte an, sich an den Wänden der «Chlus» festzukleben, damit der Bau einer Staumauer effektiv verhindert werden könne.

Positiv stehen die Bergbahnen Grüsch-Danusa dazu. In einer Medienmitteilung schreiben sie: «Da die Schneesicherheit in der Wintersaison künftig mehr als fraglich scheint, würde uns das Projekt es ermöglichen, künftig voll auf den Sommer- und Badetourismus zu setzen.» Ideen für ein Strand-Fuxtival mit den «Beach Boys» als Zugpferd bestehen jedenfalls schon.

Energiegewinnung höchst willkommen

Einverstanden mit dem Projekt wäre auch der Verein «Historische Bauten Graubünden»: Wie dessen Präsident, Valli Gross gegenüber dieser Zeitung erklärte, sei die Burgruine Fracstein zwar ein wichtiges historisches Objekt, das aber immer mehr verfalle und dessen Unterhalt immer wieder riesige Geldsummen verschlinge. «Dieser Verlust wäre zu verschmerzen, wenn dafür im Gegenzug die oberhalb Grüsch gelegene Burgruine
Solavers (736 m ü. M.) auf einer Insel als Wahrzeichen des Vorderprättigaus erhalten bliebe», so Gross.

Die Wellen am oberen Ende des Sees würden in der Gemeinde Jenaz ans Ufer schwappen. Dort begrüsst man bereits jetzt die kommende Attraktivität des Dorfes, vergleichbar mit Walenstadt oder Rimini.

«Der Widerstand, den wir vor drei Jahren gegen den unterirdischen Steinbruch Chlus gehabt haben, zahlt sich jetzt aus», erklärte Reto Kalberer, Mitglied der damaligen Oppositionsgruppe, «ohne uns könnte die Energiegewinnung im Prättigau jetzt nicht optimiert werden.»

Ein Infoanlass in der EMS Schiers am morgigen Samstag um 16.00 Uhr informiert über das weitere Vorgehen.

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