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Appenzell wird Schauplatz einer feministischen Landsgemeinde

Das hat es in Appenzell noch nie gegeben: Am Samstag findet im Innerrhoder Hauptort eine feministische Landsgemeinde statt. Der Anlass: In diesem Jahr jährt sich die Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz zum fünfzigsten Mal.

Agentur
sda
12.11.21 - 14:11 Uhr
Politik
Die Innerrhoder Landsgemeinde fiel 2020 und 2021 coronabedingt aus. An der ersten feministischen Landsgemeinde finden am Samstag in Appenzell Abstimmungen zu acht feministischen Themen statt. (Archivbild)
Die Innerrhoder Landsgemeinde fiel 2020 und 2021 coronabedingt aus. An der ersten feministischen Landsgemeinde finden am Samstag in Appenzell Abstimmungen zu acht feministischen Themen statt. (Archivbild)
KEYSTONE/CHRISTIAN MERZ

Alljährlich am letzten Sonntag im April versammeln sich normalerweise die stimmberechtigten Frauen und Männer von Appenzell Innerrhoden auf dem Landsgemeindeplatz in Appenzell zur Bestellung der obersten Behörden und zur Beschlussfassung über wichtige Landesangelegenheiten.

Wegen der Corona-Pandemie fiel 2020 und 2021 die Landsgemeinde ins Wasser, und der Kanton führte Urnengänge durch. Am Samstag wird der Landsgemeindeplatz doch noch Schauplatz einer politischen Manifestation: Das Festival Les Créatives organisiert in Appenzell die erste feministische Landsgemeinde.

Abstimmen über feministische Themen

Die Landsgemeinde beginnt um 14 Uhr mit der Performance «Pläne schmieden» von Angela Osterwalder. «Frauen wurden viel zu lange von politischer und gesellschaftlicher Teilhabe ausgegrenzt. Nun schauen wir in die Zukunft und performen eine ausserordentliche Landsgemeinde», sagt die in Appenzell geborene Künstlerin.

Danach wird über acht feministische Themen abgestimmt. Dabei geht es beispielsweise um die Finanzierung des Kampfs gegen geschlechterspezifische Gewalt, ökologische Investitionen und eine Verkürzung der Arbeitszeit. Zum Abschluss der Landsgemeinde gibt es eine Prozession zur Sitter, wo die feministischen Anliegen der Natur übergeben werden.

Anlässlich von 50 Jahren Frauenstimmrecht in der Schweiz organisierte das Genfer Festival Les Créatives ein «nationales, feministisches Wahlrecht». «Wir wollen zeigen, dass Frauen und Minderheiten die politischen Entscheidungen in unserem Land stark beeinflussen können und dass es notwendig ist, sich die demokratischen Instrumente anzueignen und ihre Wahlbeteiligung zu erhöhen», wird Noemi Grütter, Koordinatorin des Projekts, in einer Mitteilung zitiert.

Nach der Verabschiedung in der Frauensession Ende Oktober wurden die Vorschläge den Frauen und Geschlechter-Minderheiten zur Abstimmung vorgelegt, sowohl online als auch an der Landsgemeinde. Eine weitere Landsgemeinde wird es am 20. November in Genf geben. Die Ergebnisse werden beim Festivals Les Créatives am 25. November bekannt gegeben.

Innerrhoder Männer sträubten sich

Die Schweiz war eines der letzten europäischen Länder, das den Frauen die vollen Bürgerrechte zugestand. Das Frauenstimmrecht in der Schweiz wurde 1971 in einer Volksabstimmung beschlossen.

Appenzell Ausserrhoden war 1989 der zweitletzte Kanton, der das Frauenstimmrecht einführte. Nur der Nachbarkanton Innerrhoden verweigerte seinen Frauen die politische Gleichberechtigung noch länger.

1990 lehnten die Innerrhoder Männer an der Landsgemeinde in Appenzell das Frauenstimmrecht ab. Aber noch im gleichen Jahr wurde dem kleinsten Schweizer Kanton das Frauenstimmrecht vom Bundesgericht verordnet. Das reine Männerstimm- und -wahlrecht verletze die von der Bundesverfassung garantierte Gleichberechtigung von Frau und Mann, stellte es fest.

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