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Angriffe in Ostukraine - Minsk: Russlands Truppen bleiben in Belarus

Inmitten schwerer Spannungen im Ukraine-Konflikt bleiben russische Truppen nach Angaben aus Minsk vorerst doch in Belarus. Laut belarussischem Verteidigungsminister Viktor Chrenin sollen gemeinsame Militärübungen angesichts des Konflikts mit dem Westen fortgesetzt werden. Die Entscheidung hätten Russlands Präsident Wladimir Putin und der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko beschlossen, sagte der Minister am Sonntag. Beide hatten sich am Freitag und Samstag in Moskau getroffen.

Agentur
sda
20.02.22 - 14:34 Uhr
Politik
HANDOUT - Auf diesem Videostandbild, das vom Pressedienst des russischen Verteidigungsministeriums zur Verfügung gestellt wurde, nehmen russische Marineinfanteristen auf dem Truppenübungsplatz Obuz-Lesnovski ihre Position ein. Foto: Uncredited/Russian…
HANDOUT - Auf diesem Videostandbild, das vom Pressedienst des russischen Verteidigungsministeriums zur Verfügung gestellt wurde, nehmen russische Marineinfanteristen auf dem Truppenübungsplatz Obuz-Lesnovski ihre Position ein. Foto: Uncredited/Russian…
Keystone/Russian Defense Ministry Press Service/AP/Uncredited

Ein Manöver der beiden Länder, die an die Ukraine angrenzen, sollte am Sonntag zu Ende gehen. Schon seit Januar laufen kleinere gemeinsame Übungen, die werden nun jedoch den Angaben aus Minsk zufolge fortgesetzt. Im Westen wird befürchtet, dass Russland im Zuge des Manövers in Belarus einen Einmarsch in die Ukraine vorbereitet. Die Militärführungen beider Länder betonten dagegen immer wieder, die Truppenverlegung habe reinen Übungscharakter, sei für niemanden eine Bedrohung und stehe im Einklang mit internationalem Recht.

«In Europa riecht es sehr stark nach Pulver. Es wird gezielt in einen Krieg getrieben», sagte der belarussische Verteidigungsminister. Nach seiner Ansicht sind weitere gemeinsame Übungen mit Russland auch vor dem Hintergrund der angespannten Lage in der Ostukraine notwendig.

Derweil spitzt sich die Situation in den Gebieten an der Frontlinie im Osten der Ukraine weiter zu. Die von Russland unterstützten Separatisten in den Gebieten Donezk und Luhansk teilten am Sonntag mit, seit Mitternacht seien mehrfach Dörfer beschossen worden. Zwei Zivilisten seien den Angaben nach getötet worden.

Die ukrainische Armee berichtete ihrerseits von Dutzenden Verstössen der Aufständischen gegen den geltenden Waffenstillstand. Am Samstag meldete die Armee den Tod zweier Soldaten der Regierungstruppen. Beide Seiten gaben einander die Schuld für die Gewalt. Angaben aus dem Konfliktgebiet lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

In den ostukrainischen Gebieten Donezk und Luhansk unweit der russischen Grenze kämpfen seit 2014 vom Westen ausgerüstete Regierungstruppen gegen von Russland unterstützte Separatisten. UN-Schätzungen zufolge sind bereits mehr als 14 000 Menschen getötet worden, zumeist im Separatistengebiet. Ein Friedensplan von 2015 unter deutsch-französischer Vermittlung wird nicht umgesetzt.

Nach Einschätzung internationaler Beobachter steigt die Zahl der Verletzungen des Waffenstillstands massiv. In der Region Luhansk seien 975 Verstösse festgestellt worden, darunter 860 Explosionen, hiess es in einer Mitteilung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Nacht zum Sonntag. Für die Region Donezk wurden 591 Verstösse gemeldet, darunter 535 Explosionen. Diese Zahlen bezogen sich auf die Lage am Freitag.

Das russische Ermittlungskomitee kündigte nach dem Tod zweier Bewohner des Dorfes Pionerskoje (Suchodil) im Gebiet Luhansk an, ein Strafverfahren einzuleiten. Die Separatisten veröffentlichten Bilder eines völlig zerstörten Wohnhauses. Sie warfen der Armee vor, unweit der russischen Grenze versucht zu haben, über den Fluss Siwerskyj Donez vorzudringen. Belege legten sie aber nicht vor.

Die Separatisten warnten zudem davor, dass der Mobilfunk und das Internet ausfallen könnten. Dann liesse sich für Beobachter die Situation vor Ort noch schwieriger beurteilen, hiess es. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zeigte sich angesichts der Entwicklung «sehr besorgt» und appellierte an die Konfliktparteien, mehr Rücksicht auf die Zivilbevölkerung zu nehmen.

Die neuen Gefechte und die schweren Spannungen zwischen Russland und dem Westen bestimmten am Wochenende auch die Gespräche bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Rande des Treffens am Samstagabend in den ARD-«Tagesthemen»: «Alle Zeichen deuten darauf hin, dass Russland einen vollständigen Angriff auf die Ukraine plant.» Er sprach von einem fortgesetzten militärischen Aufmarsch. «Es werden keine Truppen zurückgezogen, wie Russland das angibt, sondern es kommen neue Truppen hinzu.»

Russland hat nach westlichen Angaben weit mehr etwa 150 000 Soldaten an der Grenze zum Nachbarland Ukraine zusammengezogen. Die Führung in Moskau streitet Angriffspläne aber ab.

Deutliche Worte fand auch der britische Premierminister Boris Johnson: «Ich muss leider sagen, dass der Plan, den wir sehen, vom Ausmass her etwas ist, das wirklich der grösste Krieg in Europa seit 1945 sein könnte», sagte er der BBC. «Alles deutet darauf hin, dass der Plan in gewisser Weise schon begonnen hat.»

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