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Güterverkehr: Davos steht nicht alleine da

Vergangene Woche berichtete die DZ über die Situation des Güterverkehrs in Davos. Lediglich einer von fünf Grossverteilern liefert seine Waren per Bahn ins Landwassertal. «Da geht mehr», findet man bei der Alpeninitiative.

Andri
Dürst
24.05.23 - 07:00 Uhr
Politik
Die wenigen Güterzüge nach Davos haben jeweils eine überschaubare Grösse.
Die wenigen Güterzüge nach Davos haben jeweils eine überschaubare Grösse.
ad

Der Hauptgrund, wieso die meisten Güter nach Davos nicht per Bahn transportiert werden, ist einfach zu finden: Die Strasse durch das Prättigau bietet eine schnelle und oft günstigere Alternative (siehe DZ vom 19. Mai). Für eine vermehrte Verlagerung auf die Schiene kämpft der Verein Alpeninitiative. Die DZ gelangte mit einigen Fragen an Geschäftsleiter Django Betschart:

DZ: Davos ist zwar sehr gut per Bahn erschlossen (verfügt sogar über eine RhB-Umschlagsstelle), dennoch werden die meisten Lieferungen hierher über die Strasse abgewickelt. Wie beurteilt die Alpen-Initiative dieses «Phänomen»?

Django Betschart: Das Beispiel «Spar» zeigt, dass es möglich ist, auf dieser Strecke sogar Produkte des Nahrungsmittel-Detailhandels per Bahn nach Davos zu liefern. Betrieblich wäre es also auch für andere Detail- und Grosshändler und viele weitere Unternehmen möglich, deutlich mehr Produkte mit der umwelt- und klimafreundlichen Güterbahn liefern zu lassen. Die RhB zeigt auch auf anderen Strecken im Kanton, dass ein hoher Schienenanteil im Güterverkehr möglich ist und ganz verschiedene Güter erfolgreich auf der Schiene transportiert werden können.

Was sind denn die Gründe für die aktuelle Situation?

Dass davon nicht so viel Gebrauch gemacht wird, kann an den folgenden beiden Hauptfaktoren liegen: Verfügbarkeit: Wenn nur zweimal täglich ein Güterzug nach Davos fährt, nehmen weniger Unternehmen diese Möglichkeit wahr, da sie lieber flexibel und nicht an fixe Lieferzeiten gebunden sein möchten. Falls mehr Güterzüge nach Davos fahren würden, wäre die Bereitschaft wahrscheinlich grösser, vermehrt die Schiene zu nutzen. Preis: Auch müssen die Güter auf ihrem Weg nach Davos umgeschlagen werden, was viele Unternehmen davon abhält, die Schiene zu nutzen, weil das Umschlagen mit Mehraufwand verbunden ist. Die direkten finanziellen Kosten bei der Strasse sind tiefer. Gleichzeitig verursacht der Strassentransport viele externe Kosten, für die er nicht aufkommt, wie Gesundheitskosten durch Lärm und Schadstoffbelastungen, Umwelt und Klimakosten etc. Der Strassenverkehr «macht das Rennen» schlussendlich durch einen unfairen Wettbewerb. Das Bundesamt für Raumentwicklung erstellte letztes Jahr einen Bericht, der die externen Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz aufzeigt.

Beobachten Sie die oben erwähnte Situation auch an anderen Orten in der Schweiz, oder steht Davos «alleine» da?

In dieser Problematik ist Davos sicher nicht allein. Dank dem Einsatz der Alpen-Initiative beträgt der Anteil der Schiene am alpenquerenden Güterverkehr heute 75 Prozent. Doch im Binnenverkehr (inklusive Import und Export) nimmt der Anteil der Schiene seit Jahren kontinuierlich ab. Dort ist das Verhältnis umgekehrt: Nur 21 Prozent der Gütertransporte finden auf der Schiene statt, Tendenz seit Jahren sinkend. Das Problem von Davos ist somit ein schweizweites Problem, das angegangen werden muss und wofür sich die Alpen-Initiative stark einsetzt. Im Herbst wird der Bundesrat eine Vorlage ins Parlament bringen, welche den Schienengüterverkehr in der Schweiz zumindest stabilisieren soll. Wir fordern natürlich weitergehende Massnahmen, sodass dieser wieder Anteile zurückgewinnen kann. Das hilft der Umwelt, dem Klima, den anderen Verkehrsteilnehmenden und den Anwohnerinnen und Anwohnern.

Was müsste aus Sicht der Alpen-Initiative geschehen, um Unternehmen vermehrt dazu zu bringen, Transporte auf der Schiene durchzuführen?

Wenn von politischer Seite Massnahmen umgesetzt werden, sodass die Schiene gleich viel wie die Strasse kostet, werden deutlich mehr Unternehmen verlagern. Denn Unternehmen suchen in der Tendenz den kostengünstigsten und betrieblich einfachsten Weg. Deshalb braucht es aus unserer Sicht ein verbindliches und ambitioniertes Verlagerungsziel für den Anteil der Schiene im Güterverkehr in der gesamten Schweiz. Zudem müssen die externen Kosten des Strassengüterverkehrs endlich angemessen bepreist werden, wodurch die Strasse als Transportweg teurer und die Schiene konkurrenzfähiger wird – deshalb unsere Forderung nach mehr Kostenwahrheit. Darüber hinaus muss der Schienengüterverkehr mittels genügend Fördermitteln unterstützt werden. Nur wenn der Wettbewerb zwischen der Strasse und Schiene fair ist, kann Verlagerung auch in deutlich grösserem Umfang gelingen.

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