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Rettungsflüge aus Kabul steuern auf Ende zu - Andrang noch grösser

Unter Warnungen vor Terroranschlägen in der afghanischen Hauptstadt Kabul steuern die militärischen Rettungsflüge von dort auf ein Ende zu. Die deutsche Bundeswehr flog am Donnerstag mit einem ihrer letzten Evakuierungsflüge 150 weitere Menschen aus.

Agentur
sda
26.08.21 - 13:40 Uhr
Politik
HANDOUT - Afghanische Flüchtlinge besteigen ein US-Militärflugzeug von Typ Boeing C-17 Globemaster III am Hamid Karzai International Airport. Foto: Msgt. Donald R. Allen/U.S. Air/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen…
HANDOUT - Afghanische Flüchtlinge besteigen ein US-Militärflugzeug von Typ Boeing C-17 Globemaster III am Hamid Karzai International Airport. Foto: Msgt. Donald R. Allen/U.S. Air/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen…
Keystone/Planet Pix via ZUMA Press Wire/Msgt. Donald R. Allen/U.S. Air

Belgien, Dänemark und Polen stellten die Evakuierungen bereits ein, die Niederlande planten das noch für Donnerstag, Frankreich für Freitag. Der Andrang am Flughafen stieg noch einmal, wie ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur DPA berichtete. Die Menschen stünden an einem Tor «so eng aneinander wie Ziegel einer Mauer», es gehe keinen Meter voran.

Die deutsche Botschaft in Afghanistan und andere Stellen warnen aktuell vor Terrorgefahr rund um den Flughafen. Die US-Botschaft forderte US-Bürger, die sich derzeit am Abbey Gate, East Gate oder North Gate aufhielten, dazu auf, das Gebiet «sofort» zu verlassen. Grossbritanniens Staatssekretär im Verteidigungsministerium, James Heappey, sprach im TV-Sender Sky News von der Drohung eines «ernsthaften, unmittelbaren, tödlichen Angriffs» binnen Stunden auf den Flughafen oder die von westlichen Truppen genutzten Zentren.

Die Bundeswehr wollte am Donnerstag mit vier Flugzeugen Menschen aus Kabul ausfliegen. Bis Freitag sollten auch deren militärische Kräfte nach dpa-Informationen weitgehend abgezogen sein. Die Bundeswehr hat in anderthalb Wochen mehr als 5300 Menschen evakuiert, darunter mehr als 500 Deutsche. «Wir evakuieren bis zur letzten Sekunde», schrieb das Verteidigungsministerium auf Twitter. Der Einsatz wird nach dpa-Informationen ohne Unterbrechung auch von einem Team des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Kabul unterstützt.

Seit der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban versuchen Tausende Menschen, aus Afghanistan zu fliehen. Seit mehr als einer Woche versammeln sie sich rund um verschiedene Eingänge des Flughafens, um auf einen Evakuierungsflug zu kommen. Im übermittelten Video eines Augenzeugen sieht man in der prallen Sonne Menschen mit Dokumenten in der Hand winken. In der Menge sind auch Kinder und Frauen zu sehen, man hört Babys weinen.

Der letzte belgische Flug verliess Kabul am Mittwochabend, wie Premierminister Alexander de Croo mitteilte. Polen flog insgesamt 1300 Menschen aus, 200 davon auf Bitten anderer Länder und Organisationen, wie Vize-Aussenminister Marcin Przydacz in Warschau sagte. Dänemarks Verteidigungsministerin Trine Bramsen sagte zum Ende der dänischen Mission, Flüge aus Kabul seien «nicht mehr sicher».

Der Inspekteur des Deutschen Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, machte die afghanische Armee für den Vormarsch der Taliban mitverantwortlich. Dieser warf er im Gespräch mit der «Rhein-Zeitung» Korruption, Vetternwirtschaft und Führungsversagen vor. Man habe die Bereitschaft dieser Soldaten überschätzt beim Kampf für einen Staat, der mit internationaler Unterstützung entstanden sei.

Die Balkanländer Albanien und Kosovo erklärten ihre Bereitschaft, tausende Afghanen zumindest vorübergehend aufzunehmen. Albanien werde etwa 4000 Menschen, die als sogenannte Ortskräfte für die Nato-Mission in Afghanistan tätig gewesen seien, sowie ihren Angehörigen Aufenthalt gewähren. Das erklärte Ministerpräsident Edi Rama dem US-Nachrichtensender CNN. Auch das Kosovo will 2000 evakuierte Afghanen aufnehmen. Das Nato-Mitglied Albanien beteiligte sich mit einem kleinen Kontingent am Afghanistan-Einsatz des Westens.

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Afghanistan zeigt wieder, dass asymmetrische Kriege niemals endgültig gewonnen werden können. Da hat sich seit Vietnam nichts dran geändert. Und diese Erkenntnis ist langfristig für den Weltfrieden vermutlich gar nicht so schlecht, senkt es doch die Wahrscheinlichkeit von Angriffen von regionalen Grossmächten auf schwächere Länder.

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