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Taskforce-Vize-Präsident: EM fordert corona-bedingten Todeszoll

Urs Karrer, Vizepräsident der Covid-Taskforce des Bundes, ist besorgt wegen der «unkontrollierten EM-Euphorie». Die EM werde einen corona-bedingten Todeszoll fordern. Vom Verhalten jetzt hänge ab, wie die Schweiz durch den Winter käme.

Agentur
sda
04.07.21 - 05:00 Uhr
Politik
Urs Karrer, Vizepräsident der Covid-19-Taskforce des Bundes, ist besorgt wegen der "unkontrollierten EM-Euphorie". (Archivbild)
Urs Karrer, Vizepräsident der Covid-19-Taskforce des Bundes, ist besorgt wegen der "unkontrollierten EM-Euphorie". (Archivbild)
KEYSTONE/GAETAN BALLY

«Es erstaunt mich wirklich, mit welcher Nonchalance wir in Europa diesem Virus immer noch begegnen, kaum sind die Fallzahlen am Sinken», sagte Urs Karrer im Interview mit dem «SonntagsBlick». Die epidemiologische Lage in Europa präsentiere sich zurzeit nicht so, dass solche Massen-Events unkontrolliert durchgeführt werden könnten. Und Emotionen, die zu einer EM gehören, seien nun mal das Gegenteil von Kontrolle.

«Die EM ist für das Virus ein ideales Terrain», sagte Chefarzt der Infektiologie des Winterthurer Kantonsspitals. Es seien bereits mehrere Massenansteckungen bekannt geworden: Knapp 2000 schottische Fans hätten sich in London angesteckt, ebenso Hunderte Finnen rund um zwei Spiele in St. Petersburg. Aus seiner Sicht bräuchte es in Hotspots wie England oder Russland viel konsequentere Schutzmassnahmen.

Die EM werde einen corona-bedingten Todeszoll fordern, sagte Karrer. Sie sei das «Ischgl im Quadrat». Der österreichische Wintersportort Ischgl in Tirol galt im März als Corona-Hotspot, der massgeblich zur Verbreitung des Virus in Teilen Europas beigetragen haben soll.

In den nächsten Wochen werde sich zeigen, in welchem Umfang die EM einen Beitrag an der Virusverbreitung und der Pandemie-Verstärkung gehabt habe. Es sei denkbar, dass auch in der Schweiz nach einer langen Zeit sinkender Fallzahlen gerade eine Kehrtwende stattfinde.

Neue Wellen unter Ungeimpften möglich

Zudem gibt es noch die Delta-Variante. Diese beweise in England oder Portugal gerade, dass seine Übertragbarkeit dermassen hoch sei, dass neue Wellen unter Nichtgeimpften auch im Sommer möglich seien. «Wir müssen jedenfalls gut aufpassen, dass wir in der Schweiz nicht in eine vierte Welle geraten.» Karrer rechnet damit, dass ab Mitte Juli die doppelt so ansteckende Delta-Mutation des Virus das epidemiologische Geschehen in der Schweiz dominieren wird.

Vom jetzigen Verhalten hänge ab, ob die Schweiz ohne grössere Einschränkungen durch den Winter käme. «Wir haben die wirksamsten Impfstoffe in genügender Menge zur Verfügung. Jetzt gelte: »Impfen, impfen, impfen" Jede Person, die sich impfe lasse, bringe die Schweiz vorwärts.

Karrer hofft auf eine Durchimfpungsrate von 80 Prozent. «Mit der Delta-Variante wäre es wohl gut, wenn sie sogar noch höher läge. Vor allem bei den über 50-Jährigen», sagte Karrer.

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