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Ständerat will Beratung zum Uno-Migrationspakt sistieren

Der Ständerat hat am Dienstag diskussionslos beschlossen, die Beratung des Uno-Migrationspaktes zu sistieren - wohl für mehr als ein Jahr. Er will die Ergebnisse der Subkommission «Soft Law» abwarten, bevor er einen Entscheid fällt.

Agentur
sda
08.06.21 - 11:41 Uhr
Politik
Aussenminister Ignazio Cassis bei einem Anlass am Sitz der Uno in Genf. (Archivbild)
Aussenminister Ignazio Cassis bei einem Anlass am Sitz der Uno in Genf. (Archivbild)
KEYSTONE/SALVATORE DI NOLFI

Die Aussenpolitische Kommission des Ständerats (APK-S) empfehle dem Rat einstimmig, die Botschaft zum Uno-Migrationspakt zu sistieren, sagte Ständerat Marco Chiesa (SVP/TI) für die Kommission. Die Sistierung solle so lange dauern, bis die Subkommission «Soft Law» ihre Arbeiten abgeschlossen habe.

Nur dank der Überweisung von drei Motionen habe das Parlament seine Mitsprache beim Uno-Migrationspakt durchsetzen können, ergänzte Ständerat Thomas Minder (parteilos/SH). Mit diesem Geschäft müsse nun gewartet werden, bis die Subkommission ihre Ergebnisse präsentieren könne. Der Uno-Migrationspakt habe die Arbeiten der Subkommission erst ausgelöst, ein Präjustiz sei nun nicht angebracht.

Der Pakt sei mit der Botschaft im Februar nochmals geprüft worden, sagte Aussenminister Ignazio Cassis. Diese Abklärungen hätten ergeben, dass es im Interesse der Schweiz sei, den Pakt zu unterzeichnen.

Weil kein anderer Antrag als derjenige der Kommission gestellt wurde, wurde die Sistierung schliesslich ohne Abstimmung beschlossen. Da sich die Arbeiten der Subkommission hinziehen dürften, wird nach dem Willen des Ständerats das Geschäft mehr als ein Jahr blockiert. Als nächstes entscheidet der Nationalrat über die Sistierung.

Seit 2018 auf der Agenda des Bundesrats

Im Uno-Migrationspakt werden Massnahmen festgehalten, um die Migration erstmals grenzüberschreitend zu ordnen. Zu den Massnahmen zählen etwa die Stärkung der Hilfe vor Ort, die Verwirklichung der Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten sowie die Sicherung der Grenzen. Nicht betroffen von dem Abkommen sind Personen, die aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention den Flüchtlingsstatus haben.

Unterzeichnen wollte der Bundesrat den Pakt eigentlich schon 2018. An der Unterzeichnungszeremonie in Marrakesch in Marokko fehlte die Schweiz dann aber. Der Bundesrat musste die Reise absagen, nachdem von allen Seiten kritisiert worden war, der Bundesrat könne solch einen Pakt nicht ohne die Zustimmung des Parlaments beschliessen. Und dies, obwohl es beim Pakt um sogenanntes «Soft Law» geht, und der Bundesrat die Berechtigung zur Unterschrift laut Gesetz hat.

«Soft Law» bezeichnet internationale nicht bindende Abkommen. Dabei handelt es sich um Abkommen, die ohne rechtsverbindlichen Charakter konzipiert wurden und wo Verstösse entsprechend auch nicht sanktioniert werden können. Aufgrund des Vertrauensschutzes kommt diesem «Recht» jedoch politisch eine gewisse normative Bedeutung zu.

In der Diskussion um den Beitritt zum Uno-Migrationspakt beharrte das Parlament auf einem Grundsatz, der im Parlamentsgesetz verankert ist: «Die Bundesversammlung wirkt bei der Willensbildung über wichtige aussenpolitische Grundsatzfragen und Entscheide mit.»

Angst vor dem Demokratiedefizit

National- und Ständerat vertraten in der Folge die Haltung, dass das Parlament in Zukunft bei internationalen Vereinbarungen auch dann konsultiert werden soll, wenn es sich bei den Verträgen um «Soft Law» handelt und nicht um zwingendes Völkerrecht.

Zudem hielt der Bundesrat 2019 in einem Bericht fest, das Parlament künftig früher über solche Vorhaben zu informieren und die Mitsprache des Parlaments auszubauen. Eine Gesetzesänderung erachtete der Bundesrat jedoch als nicht notwendig.

Anderer Meinung war das Parlament. Die Aussenpolitischen Kommissionen von National- und Ständerat (APK-N und APK-S) setzten eine Subkommission ein. Die Subkommission «Soft Law» hat den Auftrag zu prüfen, wie die parlamentarischen Mitwirkungsrechte in diesem Bereich gestärkt werden könnten, damit kein «Demokratiedefizit» entsteht.

Anfang Februar dieses Jahres teilte das Aussendepartement (EDA) schliesslich mit, es wolle den Uno-Migrationspakt dem Parlament vorlegen.

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Es haben die Länder den Migrationspakt abgelehnt, die keine Muslime in ihrem Land haben wollen und über die Zusammensetzung ihrer Bevölkerung selber bestimmen wollen. Hätte zum Beispiel in Frankreich oder Deutschland die Wirtschaft nicht geboomt, hätte man damals die Diskussion auch dort auf einer ganz anderen Ebene geführt.

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