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Erneut schwere Zusammenstösse am Tempelberg - Nahost-Gesandte besorgt

In Jerusalem ist es in der zweiten Nacht in Folge zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und palästinensischen Gläubigen gekommen.

Agentur
sda
09.05.21 - 05:43 Uhr
Politik
Israelische Sicherheitskräfte während Zusammenstößen mit Demonstranten in Jerusalems Altstadt. Foto: Ilia Yefimovich/dpa
Israelische Sicherheitskräfte während Zusammenstößen mit Demonstranten in Jerusalems Altstadt. Foto: Ilia Yefimovich/dpa
Keystone/dpa/Ilia Yefimovich

Bei den Zusammenstössen am Tempelberg (Al-Haram al-Scharif/Das edle Heiligtum) setzte die Polizei israelischen Medienberichten zufolge Gummigeschosse, Tränengas und Blendgranaten gegen Steine werfende Palästinenser ein. Laut der Zeitung «Haaretz» war die Lage eskaliert, nachdem dort am Abend Zehntausende Muslime für das Samstagsgebet zum Ende des Fastenmonats Ramadan in der Al-Aksa-Moschee zusammengeströmt waren. Das sogenannte Nahost-Quartett aus USA, Russland, EU und Vereinten Nationen zeigte sich «tief besorgt» über die inzwischen «täglichen Auseinandersetzungen und Gewaltakte».

Laut dem palästinensischen Rettungsdienst Roter Halbmond seien 64 Palästinenser - darunter mehrere Kinder - durch Polizeigewalt verletzt worden, hiess es bei «Haaretz». In Ost-Jerusalem kam es den Berichten zufolge zu ähnlichen Zusammenstössen, bei denen auch Barrikaden und Wachposten der Einsatzkräfte in Brand gesetzt wurden.

Bereits in der Nacht davor war die Lage rund um die Altstadt und das Viertel Scheich Dscharrah eskaliert, besonders brisant war die Situation auch hier am Tempelberg. Von mehr als 200 Verletzten war danach die Rede, die Polizei sprach von knapp 20 Sicherheitskräften, die im Einsatz verletzt worden seien.

Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist sowohl die drittheiligste Stätte im Islam als auch im Judentum von grösster Bedeutung, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen, von denen der letzte im Jahr 70 von den Römern zerstört wurde. Die Klagemauer ist ein Überrest jenes zerstörten Tempels und die heiligste Stätte der Juden.

Die Lage im Westjordanland und im Ostteil Jerusalems ist seit Beginn des Fastenmonats Ramadan angespannt. Viele Palästinenser sind wütend, weil die israelische Polizei Bereiche der Altstadt abgesperrt hat, um Versammlungen zu verhindern. Ausserdem drohen einigen palästinensischen Familien Wohnungsräumungen durch israelische Behörden, was die Spannungen zusätzlich verschärft. Am Samstagabend wurde zudem erneut eine Rakete aus dem Gazastreifen über die Grenze nach Israel geschossen, woraufhin die israelische Luftwaffe nach eigenen Angaben einen militärischen Posten der islamistischen Hamas attackierte, die in dem abgeschotteten Küstengebiet herrscht.

«Wir sind alarmiert aufgrund der provokanten Stellungnahmen mancher politischer Gruppen, der Attacken mit Raketen und Brandballons aus dem Gazastreifen auf Israel wie auch aufgrund der Angriffe auf palästinensisches Ackerland im Westjordanland», hiess es in einer gemeinsamen Mitteilung der Gesandten des Nahost-Quartetts. Auch die Zwangsräumungen seien «sehr besorgniserregend». Die israelische Seite solle während des Ramadans besondere Zurückhaltung walten lassen und «alle Schritte vermeiden, die die Lage weiter eskalieren könnten».

Israel hatte während des Sechstagekrieges 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert und treibt dort seitdem Siedlungsprojekte voran. Die Palästinenser fordern die Gebiete hingegen für einen eigenen Staat - mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Die EU vertritt wie zahlreiche andere internationale Akteure die Auffassung, dass die israelischen Siedlungen nach dem Völkerrecht illegal sind und ein Hindernis für den Frieden darstellen.

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