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Zahl der Hinrichtungen sinkt deutlich - aber nicht überall

Die Zahl der dokumentierten Hinrichtungen weltweit ist im vergangenen Jahr um mehr als ein Viertel auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Statistik 2007 gesunken.

Agentur
sda
21.04.21 - 04:05 Uhr
Politik
ARCHIV - Blick in die Hinrichtungskammer des San Quentin Gefängnis, in der mit Injektion Urteile vollstreckt werden. Foto: Eric Risberg/AP/dpa
ARCHIV - Blick in die Hinrichtungskammer des San Quentin Gefängnis, in der mit Injektion Urteile vollstreckt werden. Foto: Eric Risberg/AP/dpa
Keystone/AP/Eric Risberg

Nach den am Mittwoch veröffentlichten Jahreszahlen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurde die Todesstrafe in 18 Ländern insgesamt mindestens 483 Mal vollstreckt - 26 Prozent weniger als 2019. Die Zahl der erfassten Todesurteile sank sogar um mehr als ein Drittel (36 Prozent) auf 1477 in 54 Ländern.

China wird in der Statistik nicht berücksichtigt, da dort die Hinrichtungen geheimgehalten werden und eine genaue Dokumentation nicht möglich ist. Amnesty schätzt die Zahl der Hinrichtungen dort auf mehrere Tausend.

Es gab aber auch ein Land, in dem die Zahl der Hinrichtungen trotz Corona-Pandemie zunahm: In Ägypten wurden drei Mal so viele Menschen wie im Vorjahr hingerichtet. Ausserdem haben die asiatischen Länder Indien und Taiwan sowie die Golfstaaten Katar und Oman die Vollstreckung der Todesstrafe wieder aufgenommen. Die Zahlen bewegen sich zwischen einer und vier Exekutionen pro Land. «Menschen inmitten einer weltweiten Gesundheitskrise hinzurichten, unterstreicht die Absurdität der Todesstrafe», sagte der Generalsekretär von Amnesty Deutschland, Markus Beeko.

Vier Länder waren zusammen für 88 Prozent der registrierten Hinrichtungen verantwortlich: Der Iran (mindestens 246), Ägypten (mindestens 107), der Irak (mindestens 45) und Saudi-Arabien (mindestens 27). Im Irak und Saudi-Arabien wurde allerdings ein starker Rückgang verzeichnet.

Besonders grosse Sorgen bereitet Amnesty im aktuellen Bericht das grösste nordafrikanische Land Ägypten. Mindestens 23 Menschen seien dort im Zusammenhang mit politischer Gewalt zum Tode verurteilt worden. Einige Todesurteile hätten auf erzwungenen «Geständnissen» basiert oder seien trotz weiterer schwerer Menschenverletzungen einschliesslich Folter und Verschwindenlassen ergangen. Ägypten ist strategischer Partner Deutschlands und war im vergangenen Jahr zweitgrösstes Empfängerland deutscher Rüstungsgüter.

Weitere wichtige Erkenntnisse aus dem Bericht:

- In der ASIEN-PAZIFIK-REGION wurde die Todesstrafe für Straftaten verhängt, die nicht im Zusammenhang mit vorsätzlicher Tötung standen. In China, Indonesien, Laos, Malaysia, Singapur Thailand, Sri Lanka, Thailand und Vietnam galt das zum Beispiel für Drogendelikte.

- In BAHRAIN, BELARUS, JAPAN, PAKISTAN, SINGAPUR und SUDAN wurden 2020 anders als im Vorjahr keine Exekutionen registriert.

- In einzelnen Ländern wurde die Vollstreckung der Todesstrafe wegen der CORONA-Pandemie ausgesetzt.

- In CHINA wurde allerdings mindestens ein Todesurteil gegen jemanden verhängt und vollstreckt, dem die Beeinträchtigung von «Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19» vorgeworfen wurde.

- In den USA hat die damalige US-Regierung unter Präsident Donald Trump im Juli 2020 nach 17 Jahren wieder begonnen, Hinrichtungen auf Bundesebene zu vollziehen. In nur sechs Monaten wurden zehn Männer exekutiert.

- Von den rund 200 Ländern der Welt haben 108 die Todesstrafe per Gesetz für alle Straftaten und weitere 36 ausser Vollzug gesetzt.

«Eine Welt ohne Todesstrafe rückt näher», sagt Beeko. Mittlerweile unterstützten von den 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen 123 die Forderung der UN-Generalversammlung nach einem Hinrichtungsmoratorium. Das seien mehr Länder als je zuvor. «Damit wächst der Druck auf die Länder, die weiterhin an der Todesstrafe festhalten.»

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Die Todesstrafe sollte in zivilisierten Ländern nicht mehr vorkommen. Der lebenslang verurteilte, ohne jede Aussicht auf Begnadigung, wird dann im Laufe der Jahrzehnte die Sinnlosigkeit seiner Existenz mehr erleiden als auf dem kurzen Weg zum Hinrichtungsraum.

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